Teenage Angst (2008)

Eine Filmkritik von Red.

Düstere Parabel auf ein Lebensgefühl

„Since I was born I started to decay. / Now nothing ever ever goes my way“, so lautet die Textzeile des Placebo-Songs Teenage Angst, der jenes Lebensgefühl beschreibt, das Thomas Stubers gleichnamigen Film durchzieht. Auch Kurt Cobain besang in Serve the Servants das Lebensgefühl zwischen Weltschmerz, Frustration, Überdruss und zielloser Aggression mit den Worten „Teenage angst has paid off well / Now I’m bored and old…“. Der gerade mal 26 Jahre junge Regiedebütant Thomas Stuber hat das Lebensgefühl seiner männlichen Protagonisten in einen beängstigenden Film gepackt, der das Entstehen sinnloser Gewalt zeigt. Angesiedelt ist der Film in einem so genannten Eliteinternat, in dem Kids aus reichem Hause samt ihren Problemen und Neurosen zwischengeparkt werden in der Hoffnung, dass die überforderten Pädagogen aus den Sprösslingen doch noch wertvolle Mitglieder der Gesellschaft machen können. Ein Setting, das zeigt, dass Lebensangst und zügellose Gewalt keine „Unterschichtenprobleme“ sind, sondern in allen Gesellschaftsschichten vorkommen.

In einem romantisch gelegenen Internat in Sachsen werden die Söhne vermögender Eltern „abgeladen“. Aufgewachsen im Glauben an die eigene herausgehobene Position als zukünftige Elite versammelt der charismatische Schüler Dyrbusch (Niklas Kohrt) drei Mitschüler um sich und formt aus ihnen eine verschworene Clique, die immer wieder die Grenzen der Institution auslotet und unterwandert. Bogatsch (Michael Ginsburg) kann zwar mit Dyrbusch intellektuell nicht mithalten, doch seine kaum verhohlene Aggressivität harmoniert bestens mit der Arroganz des Anführers. Der naive Konstantin Stürmer (Franz Dinda) und der Außenseiter von Leibnitz (Janusz Kocaj) komplettieren die Gruppe, die unter Dyrbuschs Führung mal so richtig aufräumen will mit den Gruppenzwängen und disziplinarischen Maßnahmen, die die Schüler auf Kurs halten bzw. bringen sollen. Sonderlich einfallsreich sind die Aktionen der Knaben aber nicht gerade, Drogen und Alkoholexzesse sowie Dyrbuschs verquaste Herrenmenschen-Philosophie und die Sehnsucht danach, andere zu demütigen und zu missbrauchen – mehr fällt der vermeintlichen Elite nicht ein. Als von Leibnitz Dyrbusch und Bogatsch davon abhält, eine junge Frau zu vergewaltigen, wird er zum Objekt von deren wachsender Aggressivität – Folterungen und Demütigungen sind von nun an für ihn an der Tagesordnung. Bis sich der Gequälte nach einer langen Zeit des stillen Erduldens endlich zur Wehr setzt – mit katastrophalen Folgen…

Dass Teenage Angst nicht nur auf die besondere Situation Heranwachsender abzielt, sondern als Parabel auf eine gesamte wölfisch gewordene Gesellschaft anzusehen ist, betont Thomas Stuber im Presseheft zu seinem Film, indem er neben Musils Buch Die Verwirrungen des Zöglings Törless auch Bezug nimmt auf zwei Vorfälle aus der jüngeren deutschen Vergangenheit: 2004 werden in einer Kaserne in Coesfeld Bundeswehrrekruten von ihren Ausbildern gequält, Anfang 2007 wird ein Häftling im Gefängnis Siegburg von seinen Mitinsassen gezwungen, sich selbst zu erhängen. Zwei Vorfälle, bei denen Täter und Opfer der Adoleszenz eigentlich entwachsen waren, in denen aber die verhängnisvollen Mechaniken von Arroganz, Gruppenzwang und Machtmissbrauch zu ähnlichen Ergebnissen führten wie in Stubers Film. Und wie man es im richtigen Leben oft empfindet, so kommen auch hier am Ende die wahren Drahtzieher ungeschoren davon, während das schwächste Glied der Kette die Verantwortung übernehmen muss. Das kommt einem einigermaßen bekannt vor.

Im Vorprogramm zu dem Film, mit dem der junge Regisseur Thomas Stuber eine eindrucksvolle und verstörende Talentprobe abliefert, ist Jamie Travis’ 13 Minuten langer Kurzfilm The Saddest Boy in the World zu sehen. Der Film erzählt die Geschichte des neunjährigen Timothy Higgins (Benjamin B. Smith), der beim Sport in der Schule stets als letzter in eine der beiden Mannschaften gewählt wird. Und überhaupt scheint sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Bis er an seinem reichlich tristen Geburtstag beschließt, dem allem ein Ende zu setzen.
 

Teenage Angst (2008)

„Since I was born I started to decay. / Now nothing ever ever goes my way“, so lautet die Textzeile des Placebo-Songs „Teenage Angst“, der jenes Lebensgefühl beschreibt, das Thomas Stubers gleichnamigen Film durchzieht.

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Meinungen

· 31.01.2009

zu schmalbrüstig, zu oberflächlich, um auch nur für eine der Figuren zu interessieren, und wo in der literarischen Vorlage "Törleß" noch ein verstiegenes "Erkenntnis-interesse" eine Begründung für die Gewalt-Exzesse liefert, reiht sich hier nur eine Szene an die andere. Da zeigt einer, was er handwerklich gelernt hat, und das ist durchaus erfreulich, ein guter Film ist es darum noch lange nicht!

· 22.01.2009

It ein wirklich guter Film. Hart, aber berührend! Reingehen!!!