Tanguy – Der Nesthocker (2001)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Wie werden wir ihn los?

Kinder zu haben ist ohne Zweifel eine wunderbare und bereichernde Erfahrung. Was aber, wenn das Kind bereits 28 Jahre alt ist und nicht im Traum daran denkt, das heimische Nest zu verlassen und endlich flügge zu werden? Genau das widerfährt Edith (Sabine Azéma) und Paul (André Dussollier), deren Sohn Tanguy (Eric Berger) immer noch im Hotel Mama wohnt und die Anwesenden mit altklugen chinesischen Weisheiten nervt – immerhin studiert der saubere Sohn ja Sinologie. Weil es zuhause so herrlich bequem ist und der Herr Student alles stehen und liegen lassen kann, die Wäsche stets gebügelt ist und das Essen pünktlich auf dem Tisch steht und da auch Tanguys zahlreiche, häufig wechselnde Freundinnen stillschweigend, aber grollend hingenommen werden, sieht sich der Sohnemann keineswegs dazu veranlasst, endlich mal auf eigenen Füßen zu stehen. Und so fiebern seine Eltern der bevorstehenden Abreise des „Pekinesen“ nach China entgegen, wo Tanguy seine Doktorarbeit vollenden soll.

Als der Filius aber die Abreise um ein Jahr verschiebt, platzt seinen gestressten Eltern endgültig der Kragen, und in ihrer Not greifen sie zu drastischen Gegenmaßnahmen, um den Nesthocker endlich zur Flucht zu bewegen. Die Liste der Sabotageakte reicht von nächtlicher Ruhestörung über das Schrumpfen der geliebten Kaschmirpullis bis hin zu heimtückischen Attentaten auf Tanguys Doktorarbeit, von der sich aufgrund von absichtlichen Stromausfällen immer wieder Teile in Luft auflösen. Da der solchermaßen Geschundene jeder schmählichen Missetat mit asiatischer Gelassenheit und konfuzianischem Gedankengut begegnet, wechseln Edith und Paul die Strategie und locken den Knaben mit einer eigenen Wohnung nebst Haushälterin. Das Unternehmen geht genau eine Woche gut, dann wohnt Tanguy wieder zuhause. Und prompt eskaliert der Krieg mit der eigenen Brut und findet schließlich ein überraschendes Ende…

Tanguy – Der Nesthocker / Tanguy vom französischen Komödienspezialisten Étienne Chatiliez (Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss) ist eine brüllend komische und bitterböse Familiensatire, die mit viel Lust an der Übertreibung und einem ausgezeichneten Ensemble an hochklassigen Schauspielern für fassungsloses Staunen und Dauerattacken auf das Zwerchfell sorgt. Neben den stets gut aufgelegten Akteuren Sabine Azéma und André Dussollier ist es vor allem Eric Berger, der den Kotzbrocken so überzeugend mimt, dass die elterlichen Racheaktionen durchaus nachvollziehbar werden und vielleicht sogar bei manchen Eltern in ähnlicher Situation für einen hohen Wiedererkennungswert sorgen dürften.
 

Tanguy – Der Nesthocker (2001)

Kinder zu haben ist ohne Zweifel eine wunderbare und bereichernde Erfahrung. Was aber, wenn das Kind bereits 28 Jahre alt ist und nicht im Traum daran denkt, das heimische Nest zu verlassen und endlich flügge zu werden?

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