Täterätää! Die Kirche bleibt im Dorf 2

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Schwabenstreich mit "Bloggbaschder"-Potenzial

Irgendwie ist Marcus H. Rosenmüller an allem schuld. Nicht grundsätzlich und prinzipiell, aber zumindest an jenem Subgenre, das seit dem Erfolg von Wer früher stirbt, ist länger tot eine kleine Erfolgsgeschichte im Kino hingelegt hat – die Regionalkomödie, die gerne auch mal mit Krimigarnitur daherkommt. Auch in gedruckter Form gibt es ein ähnliches Phänomen, das schon seit langem mit mehr als respektablen Verkaufszahlen zu punkten weiß: In der Literatur des angelsächsischen Sprachraums nennt man solche leichte Krimikost mit regionaltypischen Zutaten „Cozies“ (von cozy = gemütlich), die deutsche Buchbranche profitiert seit Jahren von den recht ähnlichen Regionalkrimis, die massenhaft die Verkaufsflächen zieren und im Fernsehen feiern die Midsummer Murders alias Inspector Barnaby seit Jahren erhebliche Quotenerfolge in der Zielgruppe Ü50.
Das schwäbische Musterexemplar dieser Gattung auf der Kinoleinwand ist da neben Marcus H. Rosenmüllers Filmen sicherlich Ulrike Grotes Die Kirche bleibt im Dorf, die es nach einem gut besuchten ersten Teil (knapp eine halbe Million Zuschauer, vermutlich vornehmlich im Südwesten der Republik angesiedelt, wollten den Schwabenschwank sehen) und einer Fernsehserie (natürlich im SWR Fernsehen ausgestrahlt) nun ein zweites Mal in die Kinos schafft.

In der Fortsetzung setzen die Macher rund um die Regisseurin und Drehbuchautorin Ulrike Grote auf die bewährten Zutaten und die in der schwäbischen Mundart erprobten Akteure, die wie immer nicht aufs Maul gefallen sind. Weil dem trinkfreudigen Pfarrer Schäuble (Ulrich Gebauer) das marode Kirchendach über dem Kopf zusammengebrochen ist, stehen die immer noch verfeindeten Ober- und Unterrieslinger erneut vor einem Problem, das sie nur gemeinsam lösen können. Weil die Bank keinen Kredit gewährt (denn selbstverständlich wird auch die halt von Schwaben geleitet und die sind bekanntlich äußerst sparsam) und das gesammelte Geld von dem Hirten der Gemeinde in Flüssiges umgemünzt wurde, muss Geld her – und zwar schnell. Da kommt ein Musikwettbewerb im fernen Hamburg gerade recht, nur müssen dafür die Rockband aus Unter- und die Blaskapelle aus Oberrieslingen gemeinsam musizieren. Und wer die Sturschädel kennt, weiß, dass das gar nicht so einfach zu bewerkstelligen ist.

Auch sonst ist im Schwäbischen einiges in Unordnung geraten: Maria Häberle (Natalia Wörner) ist schwerstens genervt von ihrer Tante Ruth (Sabine Hahn), deren Hinwendung zum Buddhismus vor allem im erhöhten Konsum von energisch eingeforderten Cocktails gipfelt. Klara (Julia Nachtmann) hat Beziehungsprobleme und Christine (Karoline Eichhorn) hat die Nase voll von der dörflichen Enge und will hinaus in die weite Welt.

Durchaus temporeich und mit derbem Witz sowie großer Lust an der Zuspitzung, aber auch einige Längen inszeniert, ist Täterätää! Die Kirche bleibt im Dorf 2 von großem Kino ungefähr so weit entfernt wie ein rustikaler Bauernschwank von Goethes Dramen. Wobei das, so ist zu vermuten, durchaus beabsichtigt und dem Film jedwedes Schielen nach der so genannten Hochkultur völlig fremd ist. Der Film weiß um seine Schwächen ebenso wie seine Stärken, er kennt die Erwartungen des Publikums genau und bedient diese durchaus gekonnt. Das alles mag Nichtschwaben und/oder Filmkunst-affinen Zuschauern zwar recht grob zusammengezimmert sein, doch wer die begeisterten Reaktionen des Publikums beim ganz ähnlich gelagerten ersten Teil erlebt hat, ahnt, dass das auch bei der Fortsetzung der Fall sein könnte. Und so verwundert es wenig, dass der (natürlich in Stuttgart sitzende) Verleih den Film als „schwäbischen Bloggbaschder“ bewirbt – verbunden mit der Hoffnung auf kräftig sprudelnde Kassen natürlich. Denn wie weiß schon die im Presseheft zitierte, urschwäbische Kabarettgruppe Die kleine Tierschau: „Und mag ons koiner auf dr Wält, hen mir noch emmr onser Gäld.“

Dass aber erst eine aus Norddeutschland stammende Regisseurin kommen muss, um einen Blick in die schwäbische Seele zu werfen, das muss ehrlich gesagt schon dem dort ansässigen Volksstamm ein bisschen weh tun. Und da tröstet es auch wenig, wenn man weiß, dass Ulrike Grote in Pforzheim aufgewachsen ist. Denn das gehört bekanntlich zu Baden – und das Verhältnis der Baden(s)er zu den Schwaben ist mindestens ebenso angespannt wie das zwischen den Ober- und den Unterrieslingern. Manchmal aber, und das ist auch die simple Moral dieses Films und seines Vorgängers, muss man einfach zusammenhalten.

Und so schlagen in diesem speziellen Fall zwei Seelen ach in meiner Brust: Der Ex(il)schwabe in mir hat einen Heidenspaß an der erneuten Konfrontation mit der sehr eigenen Wesensart der Figuren, der Cinephile hingegen bevorzugt dann doch etwas mehr erzählerischen Gehalt und ästhetischen Esprit. Derzeit steht es 2:3.

Täterätää! Die Kirche bleibt im Dorf 2

Irgendwie ist Marcus H. Rosenmüller an allem schuld. Nicht grundsätzlich und prinzipiell, aber zumindest an jenem Subgenre, das seit dem Erfolg von „Wer früher stirbt, ist länger tot“ eine kleine Erfolgsgeschichte im Kino hingelegt hat – die Regionalkomödie, die gerne auch mal mit Krimigarnitur daherkommt.
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