Stella und der Stern des Orients

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

"Mädchen an die Macht"

Silvester 2005. Die zehnjährige Stella fährt mit ihrer Mutter zu der alten Villa ihrer Urgroßmutter Clementine, um zu entscheiden, ob das prächtige Anwesen verkauft oder behalten werden soll. Auf ihrer Erkundungstour durch die Villa gerät sie in eine Zeitmaschine und erlebt ein spannendes Abenteuer und eine große Freundschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Stella (Laura Berschuk) ist ein patentes und selbstbewusstes Mädchen, das lieber Astronautin als Ärztin werden möchte und dadurch eine neue Familientradition einführen will. Mit einem „Sternenfimmel“, den sie von ihrem Urgroßonkel, dem Erfinder und Weltreisenden Anton, geerbt hat, und ihrem Interesse an technischen Dingen, kann sie ohne Probleme einen Sextanten bedienen oder sich in schwierigen Situationen mutig bewähren. Selbstverständlich überhört sie das Verbot ihrer Großmutter, nicht auf den Dachboden zu steigen, denn: „seit wann sind eigentlich Sachen, die verboten sind, nicht erlaubt?“ Dort findet sie jede Menge alte Dinge ihrer Urgroßmutter und durch Zufall auch noch den Eingang in die Zeitmaschine ihres Urgroßonkels. Innerhalb weniger Sekunden wird sie in das Jahr 1905 katapultiert und trifft auf ihre Urgroßmutter Clementine als junges Mädchen (Hanna Schwamborn) und deren kleinen Bruder Gustav (Julius Römer). Die beiden sind ganz angetan von der Zeitreisenden, und Stella verdreht den braven und wohlerzogenen Kindern bald darauf die Köpfe und setzt ihnen Flausen in selbige. Auch wenn Clementines Vater (Uwe Kockisch) und ihre Mutter (Edda Leesch) ein wenig irritiert über das fremde Mädchen sind, so wird es doch herzlich in deren Runde aufgenommen. Wenn nur nicht die Sorge über den bevorstehenden Bankrott wäre. Kurzerhand beschließt Stella mit Hilfe ihrer neuen Freunden den Schatz von Onkel Anton zu finden, den „Stern des Orients“, damit sich die Familie aus dem finanziellen Desaster befreien kann. Fieberhaft suchen die drei Kinder den Schatz, aber immer wieder kommt ihnen ein Gaunerpaar in die Quere (vor allem Axel Prahl brilliert hier als urkomischer und tollpatschiger Ganove), das es ebenfalls darauf abgesehen hat. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn Stella muss spätestens um Mitternacht wieder die Zeitmaschine betreten, sonst ist sie für immer in der Vergangenheit gefangen…

Der tschechische Drehbuchautor Martin Dolejs und die Regisseurin Erna Schmidt vermitteln mit ihrem durchaus spannenden und witzigen Kinderfilm Stella und der Stern des Orients den Jungen und Mädchen, dass die Lage des weiblichen Geschlechts vor einhundert Jahren noch ganz anders aussah und selbstverständlich davon ausgegangen wurde, dass Studieren gegen die Natur der Frau sei. Im Film ist es lediglich Onkel Anton, der aus seiner Nichte eine Akademikerin machen will. Clementines Vater hingegen sieht das etwas anders, denn in seinen Augen ist „die Bestimmung der Frau, Kinder zu kriegen und sich um das Wohl der Familie zu kümmern“. Stella, als modernes Mädchen des 21. Jahrhunderts, argumentiert frech immer wieder dagegen (zumal sie weiß, dass Clementine tatsächlich Medizin studieren und dadurch die Tradition von Ärztinnen in ihrer Familie begründet wird) und erstaunt ihre Verwandten aus der Vergangenheit jedes Mal aufs Neue. Spielerisch werden historische Fakten in das Abenteuer eingewoben, und die beiden Kids des beginnenden 20. Jahrhunderts staunen mit großen Augen darüber, dass Mädchen einhundert Jahre später ganz selbstverständlich Hosen tragen, studieren und ein selbstbestimmtes Leben führen können. Manchmal wirken diese Vergleiche zwischen früher und heute, zwischen Jungen und Mädchen allerdings etwas angestrengt, und auch der Versuch, in den Dialogen und Redewendungen sprachlich die Zeit vor einhundert Jahren einzufangen, klingt leider häufig extrem bemüht. Dennoch ist es ein kurzweiliger und spannender Kinderfilm, der vor allem für Mädchen sehenswert ist, da es darin neben der fantastischen Abenteuergeschichte — die wie eine Mischung aus Lara Croft und Die wilden Hühner anmutet — um wagemutigen Mädchen geht, die sich zu starken Frauen entwickeln.

Stella und der Stern des Orients

Silvester 2005. Die zehnjährige Stella fährt mit ihrer Mutter zu der alten Villa ihrer Urgroßmutter Clementine, um zu entscheiden, ob das prächtige Anwesen verkauft oder behalten werden soll.
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Meinungen

Kai · 16.11.2011

Herrlich, wir waren damals das Filmcrewhotel in Thüringen und freuen uns , das ein so schöner Kinderfilm daraus geworden ist. Tolle Zeitreise, fantasievoll und gewaltfrei !

Jessica · 10.01.2009

Ein toller Familienfilm, der wunderschöne Bilder und tolle Schauspieler zu bieten hat. Endlich kommt ein schöner Film, der auch ohne ständige Action und Megatricks spannend und lustig ist und eine Faszination bringt, die man heute im Kino kaum noch erleben darf.
Ich würde den Film allerdings erst für Kinder ab 6 Jahre empfehlen.

Torsten · 22.12.2008

Ein Film für Jung und Alt. Eine spannende Zeitreise für uns und unsere Kinder. Spannung und Humor .... alles dabei. Durfte die Premiere in Erfurt sehen. Genial! Emotional! Ich muss ihn mir noch einmal anschauen.