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In „Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis“ beleuchtet Anton Corbijn die Besonderheiten des ikonischen Grafik-Labels.

Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Alles war möglich

Der Niederländer Anton Corbijn hat sich einst als freier Fotograf durch die Ablichtung von Rockstars wie den Rolling Stones und U2 einen Namen gemacht. In seinem Langfilmdebüt „Control“ (2007), angesiedelt in den ausklingenden 1970er Jahren, beschäftigte er sich mit dem kurzen Leben des Joy-Division-Sängers Ian Curtis. Später folgte unter anderem „Life“ (2015), ein Werk, das die Entstehungsgeschichte der Schwarz-Weiß-Bilderstrecke schildert, die Dennis Stock im Jahre 1955 von James Dean am regennassen Times Square in New York City anfertigte.

Der Regisseur bringt somit ein feines Gespür für die Wirkung prägnanter Bilder und für die kinematografische Darstellung einer vergangenen Ära mit – wodurch er die perfekte Wahl ist, um sich der Gründung und dem Einfluss eines wegweisenden Grafik-Labels zu widmen. Mit Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis liefert er ein dokumentarisches Porträt, das neben einem umfassenden Blick auf die damalige Grafik-Design- und Musikbranche eine ganz eigene künstlerische Handschrift entwickelt.

Angefangen hat alles auf einer illegalen Party in der Underground-Szene von Cambridge im Jahre 1964. Die beiden Kunststudenten Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson legten sich bei der polizeilichen Stürmung mit den Beamten an – und wurden zu Freunden. Gemeinsam gründeten sie das Grafik-Label Hipgnosis – und fanden in der noch unbekannten Band Pink Floyd ihre ersten Kunden, indem sie deren Cover gestalteten.

Der Stil von Hipgnosis war avantgardistisch – und nicht im klassischen Sinne verkaufsfördernd. „Wir nannten unsere Albumkunst ‚Non-Cover‘, weil sie gemacht wurden, um eigenständige Kunstwerke zu sein“, erklärt Powell. Die kreative Arbeit des Duos kam an; bis heute sind viele der Schöpfungen unvergessen, etwa das von den Surrealisten Salvador Dalí und Luis Buñuel inspirierte Cover für das Pink-Floyd-Album Atom Heart Mother (1970), das eine Kuh auf einer Weide zeigt, oder das minimalistische Prisma auf dem Cover von The Dark Side of the Moon (1973). Ihr Studio im Londoner Westend sei „eine Absteige“ gewesen, heißt es an einer Stelle – dennoch erhielten Powell und Thorgerson bald etliche Aufträge von Berühmtheiten wie Led Zeppelin, AC/DC, Genesis, Black Sabbath und Paul McCartney.

Corbijn setzt zum einen typische Talking-Heads-Aufnahmen (in Schwarz-Weiß) ein, um den Hipgnosis-Mitbegründer Powell und Weggefährten wie McCartney, Noel Gallagher, Peter Gabriel und Roger Waters zu Wort kommen zu lassen. Dabei entsteht eine reizvolle Charakterisierung der britischen Hauptstadt in den wilden Sixties und Seventies: „Alles war möglich in London.“ Darüber hinaus integriert der Filmemacher Animationen, die in ihrem Minimal-Art-Style die grafischen Darstellungsformen von Hipgnosis stimmig aufgreifen und auf das Medium Film übertragen. Zudem werden alte Fotografien und Videoaufzeichnungen genutzt, um die Geschichte des unkonventionellen Unternehmens zu erzählen.

Wie so oft in den weiten Kreisen des Showbiz, ist der Werdegang von Hipgnosis eine Story mit Höhen und Tiefen. Das Duo steckte, wie in einem Interview gesagt wird, „voller Energie“; dennoch sorgten Drogenexzesse und kreative Differenzen auch für Schwierigkeiten. Squaring the Circle macht deutlich, dass es nicht unbedingt einfach war, mit Powell und dem 2013 verstorbenen Thorgerson zusammenzuarbeiten. Dass die beiden aber mit ihrer grenzenlosen Fantasie Musikhistorie geschrieben haben – das kann ihnen wirklich niemand nehmen.

Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis (2022)

Als die britische Polizei 1964 eine illegale Party in der Underground-Szene von Cambridge gewaltsam beendet, sind die beiden Kunststudenten Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson die Einzigen, die nicht die Flucht ergreifen und den Beamten die Stirn bieten. Fortan ist das Duo unzertrennlich. Gemeinsam gründen sie das Grafik-Label „Hipgnosis“ und designen die ersten Cover für die noch unbekannten Rocker von Pink Floyd. Mit avantgardistischem Stil und dem kompromisslosen Primat der Kunst vor dem Kommerz werden Po und Storm zu Lieblingen der Bands – und zum Schrecken der Musikstudios und -produzenten. Der Erfolg aber gibt ihnen Recht. Pink Floyd werden Weltstars, ihre Cover erlangen Kultstatus. Schnell klopfen die größten Stars der 70er an die Türen ihres heruntergekommenen Studios im Londoner Westend: Led Zeppelin, AC/DC, Genesis, Black Sabbath und sogar Paul McCartney. Das gleißende Licht des Ruhms zeitigt jedoch auch die Schattenseiten des Erfolgs. Als mit dem Beginn der 80er Jahre der Siegeszug der CD und des Musikfernsehens beginnt, scheint die Zeit der aufwendig gestalteten Schallplattenhüllen endgültig vorbei. Doch so leicht geben sich die wohl kreativsten Cover-Artists aller Zeiten nicht geschlagen.

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