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Der Horrorfilm mit originellen Hauptfiguren, aber wenig eigenen Ideen erzählt seinen Plot präzise und zügig, aber weder sonderlich packend noch wirklich aufregend.

Spiral - Das Ritual (2019)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

In der Kleinstadt lauert das Grauen

Der kanadische Regisseur Kurtis David Harder ist bislang eher als Produzent in Erscheinung getreten denn als Regisseur. Und das in den meisten Fällen bei Horrorfilmen oder Thrillern. Es ist also keine Überraschung, dass Harder sehr genau weiß, wie ein Horrorfilm inszeniert werden muss, um eine bestimmte Wirkung zu entfalten. Auch die beiden Co-Autoren Colin Minihan und John Poliquin verfügen bereits über einige Erfahrung als Autoren und Regisseure von Horrorfilmen. So schrieb und inszenierte Minihan im Jahr 2018 den Thriller „What Keeps You Alive“, in dem ein lesbisches Paar die Hauptrolle spielt – eine kleine Parallele zu „Spiral – Das Ritual“ mit einem schwulen Paar als Helden. Und beide Filme verbreiten darüber hinaus einen gewissen „Get Out“-Vibe, auch wenn sich die Storys letztlich nicht sonderlich ähneln.

Harder spielt in seinem Film mit der Grundidee, dass der wichtigste Raum – das eigene Haus – und die wichtigsten Menschen – die eigene Familie – plötzlich nicht mehr das sind, was sie eigentlich sein müssten. Klug erzählt der Film zu Beginn über die leichte Lücke, die sich im neuen Wohnort, einer US-Kleinstadt, zwischen dem in seiner Jugend traumatisierten Malik (Jeffrey Bowyer-Chapman) und seinem Partner Aaron (Ari Cohan), der viele Jahre mit einer Frau verheiratet war und eine fast erwachsene Tochter hat, langsam auftut und im Verlauf der Geschichte immer weiter anwächst. Auf diesem Fundament fußt dann das langsame Abgleiten Maliks in einen Zustand der Panik, die zumindest im Originaltitel Spiral als Abwärtsspirale der Psyche gedeutet werden kann, während der in Deutschland vergebene Zusatz Das Ritual hier bereits in andere Richtungen deutet.

Doch es gelingt Harder nicht sonderlich lange, Malik als möglichen Wahnsinnigen hinzustellen, selbst durch die leicht überstrapazierten Flashbacks auf die Nacht, in der Malik etwas Schreckliches erlebt hat. Zu deutlich und bisweilen arg unsubtil lässt sich die Story nach einer guten halben Stunde von Horror- und Thrillerfans in die Karten schauen und überrascht von da an nur noch selten. Der Regisseur schien das auch zu merken, denn immer wieder kommt komplett überdramatische Musik zum Einsatz und suggeriert dem Publikum Spannung, wo keine ist. Handwerklich ist hier sonst wenig zu kritisieren, doch die Inszenierung wirkt letztlich nur routiniert, aber selten inspiriert. Lange und langsame Kamerafahrten, bei der die Musik erklärt, welcher Anblick nun der Wichtige ist, sind im Horrorfilm sicher nicht mehr das Maß der Dinge. Ebenso wenig wie die bekannten Versatzstücke: nächtliche Geräusche, seltsame Gestalten vor dem Haus oder allzu freundliche Nachbarn.

Dass der Zuschauer dennoch halbwegs interessiert bleibt, liegt auch eher am stark aufspielenden Jeffrey Bowyer-Chapman, der die zunehmende Verzweiflung darüber, dass Maliks Leben mehr und mehr entgleitet, wirklich spürbar macht. Und damit den Film auch näher an ein Drama rückt, das die meisten guten Horrorfilme im Kern mit sich tragen. Hier unterscheidet sich Spiral immerhin wohltuend vom Fließband-Teenie-Horror, bei dem eine uninteressante Figur nach der anderen stirbt, ohne dass es das Publikum wirklich tangiert.

Auch die Themenwahl wie Angst vor der neuen Umgebung, Zweifel an der Beziehung und die Panik vor der Wiederholung eines Traumas steht dem Film gut zu Gesicht. Dennoch setzen Regisseur und Autoren auch auf andere Motive, was Spiral zwar mit einem greifbareren Finale ausstattet, ihm aber auch ein wenig Mut nimmt, doch etwas anderes zu erzählen als der Genre-Fan erwarten würde. Immerhin legt Spiral für unerfahrenere Horrorfans erst in den letzten fünf Minuten seine Karten vollständig offen und verabschiedet das Publikum mit einem unangenehmen Gefühl in die Nacht.

Daher ist der Film auch kein völliger Ausfall, er hat seine spannenden Momente, baut eine ordentliche Atmosphäre auf und besticht mit einem guten Hauptdarsteller. Um das Publikum richtig zu packen, dazu fehlt dann aber doch zu viel. Eine ambitioniertere Regie zum Beispiel. Und letztlich auch ein etwas originelleres Drehbuch. Wobei es den Autoren immerhin gelingt, hier Homosexualität als wichtigen Plot-Point zu etablieren, ohne dabei irgendwann plump oder peinlich zu werden. Und wem das Wort „routiniert“ als Gütesiegel ausreicht, wird den Kinobesuch auch ziemlich sicher nicht bereuen.

Spiral - Das Ritual (2019)

Das schwule Pärchen Malik und Aaron wagt, gemeinsam mit Aarons 16-jähriger Tochter Kayla, in einer malerischen Kleinstadt einen Neuanfang. Beide haben auf Grund ihrer sexuellen Orientierung in ihrem Leben schon viel Ablehnung erfahren. Für ihre Nachbarn scheint das Paar zunächst aber herzlich willkommen zu sein. Jedoch häufen sich schon bald mysteriöse Vorfälle versteckter Homophobie und Ressentiments gegenüber Andersdenkenden. Zu spät realisieren sie, dass die Ereignisse einem bestimmten Muster folgen, und sich der Kreislauf zu wiederholen droht. (Quelle: Drop-out Cinema)

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