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Im Anime „Sing a bit of Harmony“ trifft Coming of Age auf Science Fiction und eine Prise Musical – eine Mischung, die aller Skepsis zum Trotz wunderbar aufgeht.

Sing a Bit of Harmony (2021)

Eine Filmkritik von Christian Neffe

Die Androidin, die singt

Die japanische Animationskunst hält so einige kuriose Genre-Hybride bereit. Man denke etwa an die Kombination aus Coming-of-Age-Körpertausch, Fantasy und Katastrophenfilm im (zu Recht) hochgelobten Anime-Hit „Your Name“. Nun steht ein weiteres Kuriosum ins Haus: Die Coming-of-Age-Komponente ist geblieben, dazu gesellen sich diesmal Science-Fiction und Musical. Das Ganze nennt sich: „Sing a Bit of Harmony“. Und, so viel sei bereits verraten, diese Mischung geht überraschend gut auf.

Schauplatz ist eine japanische Kleinstadt, die wirtschaftlich von der örtlichen Niederlassung eines Tech-Konzerns abhängig ist. Das gilt auch für die Familie der Schülerin Satomi, deren Mutter dort in wichtiger Position arbeitet und deren berufliche Zukunft vom Erfolg eines Meilenstein-Projekts abhängt: Eine Androidin namens Shion, ausgestattet mit einer neuen KI, soll die örtliche Schule besuchen. Wenn fünf Tage lang unentdeckt bleibt, dass sie kein Mensch ist, gilt der Versuch als erfolgreich – ein Turing-Test unter Realbedingungen also.

Shion hat jedoch von Anfang an nur ein Ziel: Sie ist komplett darauf fixiert, Satomi glücklich zu machen. Und weil die nach wie vor auf einen alten Zeichentrickfilm steht – ganz in Disney-Muster, mit Prinzessin und Gesang –, versucht Shion einerseits, ihr einen geeigneten Prinzen zu finden, andererseits beginnt sie regelmäßig, aus dem Nichts heraus zu singen.

Hier kommt die Musical-Komponente ins Spiel, auch wenn diese mit lediglich einem halben Dutzend Songs angenehm reduziert ausfällt. Satomi und ihre Mitschüler*innen reagieren, als die erste Melodie erklingt, jedoch nicht wie in anderen Werken dieses Genres, sondern so, wie es im echten Leben wäre: verdutzt, verwirrt, verunsichert. Der Kitsch, der in diesem Film wie in so vielen Animes einen festen Platz hat, wird auf der Stelle und auch im weiteren Verlauf immer wieder humoristisch (auf)gebrochen.

Natürlich dauert es nicht lange, bis Satomi und vier ihrer Mitschüler*innen – ein Tech-Nerd, ein von Eifersüchteleien geplagtes Paar und ein Judoka mit Selbstzweifeln – herausfinden, dass Shion eine Androidin ist. Fortan versuchen sie das Geheimnis vor allen anderen zu wahren. Es entwickelt sich eine tiefe Verbundenheit unter den sechs, und während Shion allmählich lernt, was Freundschaft und Glücklichsein bedeuten, hilft sie den anderen, ihre Probleme zu bewältigen. Das aber bleibt von der Konzernspitze nicht lange unentdeckt.

Sing a bit of Harmony lässt sein Publikum lange Zeit im Dunkeln darüber, wie Shions rätselhafte Fixierung auf Satomi, ihr zunehmend freier Wille und das Disney-Prinzessinnen-Gesangs-Thema zusammenhängen. Doch ohne zu viel zu verraten: Am Ende greifen all diese Elemente in einer großen Auflösung überraschend gut ineinander, und plötzlich ergibt all das, was vorher so willkürlich, so durcheinander und auch ein bisschen konfus wirkte, einen völlig schlüssigen Sinn. Dann wird daraus eine Geschichte über Verantwortung, Freundschaft und Glück, und eine, die zudem eine durchweg positive Perspektive auf das Thema künstliche Intelligenz wirft. Was mit Blick auf das Science-Fiction-Genre der vergangenen Jahre eine schöne Ausnahmeerscheinung ist.

Sing a Bit of Harmony (2021)

Was braucht ein Mensch, um glücklich zu sein? Satomi ist zurückgezogen, launisch und unglücklich, bis Shion es sich zur Aufgabe gemacht hat, ihr das Glück zu bringen. Doch geht das so leicht? Die mysteriöse Shion kommt neu an die Keibu-Schule und steigt dort schnell zum beliebtesten Mädchen auf. Kein Wunder, sie ist schön, hat eine offene Art, ist dabei aber gleichzeitig sehr geheimnisvoll und hat außerordentliches sportliches Talent. Besonders erstaunlich ist ihr Gesang, der alle bezaubert. Zur Überraschung aller hat es ihr die Einzelgängerin Satomi angetan, der sie unbedingt eine Freude machen will. Deswegen singt sie ihr ein Ständchen — mitten im Klassenzimmer! Bald darauf entdeckt Satomi Shions großes Geheimnis: Eigentlich ist sie der Prototyp einer neuen künstlichem Intelligenz, einer Androidin! Technik-Nerd Toma, der seit frühester Kindheit ein Freund von Satomi ist, lässt sich von Shions Singstimme verzaubern. So geht es auch dem attraktiven Gotchan, der dickköpfige Aya und der Judoka „Thunder“, die alle versuchen, Shion bei ihrer Mission zu helfen. (Quelle: Kaze)

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