Silent Heart - Mein Leben gehört mir

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Ein berührender Film über Sterbehilfe

Nach über 20 Jahren hat Bille August wieder einen Film mit der großen Theaterschauspielerin Ghita Nørby gedreht, die damals in Die besten Absichten die Mutter der Protagonistin verkörperte. Auch in Silent Heart – Mein Leben gehört mir ist sie wieder eine Mutter; hier zweifelt sie jedoch nicht an der Ehe ihrer Tochter, sondern will sterben. Deshalb haben sie – Esther – und ihr Mann Poul (Morten Grunwald) ihre Töchter Heidi (Paprika Steen) und Sanne (Danica Curcic) mit deren Familien beziehungsweise Partnern zu einem Wochenende zu sich eingeladen. Und am Ende dieses Wochenendes will sich Esther das Leben nehmen.
Bereits vor einiger Zeit hat Esther mit ihrer Familie über ihren Entschluss gesprochen. Sie ist an ALS erkrankt; eine Heilung gibt es nicht. Anstatt langsam und qualvoll zu sterben, will sie ihrem Leben selbst ein Ende setzen. Hauptdarstellerin Ghita Nørby überzeugt als Frau, die diese Entscheidung getroffen hat. Immer wieder wird deutlich, dass sie an Schmerzen leidet; zwischenzeitlich kann sie sich nicht bewegen – zugleich aber gelingt es ihr, diese letzten Tage zu genießen. Sie möchte „noch einmal aufwachen“, sagt sie zu ihrem Mann, der sie immer wieder daran erinnert, dass sie ihren Entschluss auch zurücknehmen kann.

Bei dem damaligen Gespräch hatten alle Familienmitglieder ihre Entscheidung akzeptiert. Dennoch wird von den ersten Bildern an deutlich, wie schwer das Wochenende für alle Beteiligten werden wird. Diese Tragik und Belastung transportiert Bille August sehr gut in seine Bilder und in die Stimmung des Films, ohne übertrieben zu emotionalisieren. Nachdem alle bei Esther und Poul eingetroffen sind, treten erste Zweifel an Esthers Entschluss auf: Die labile Sanne glaubt, sie habe nicht ausreichend Zeit mit ihrer Mutter verbracht, und plant, den Selbstmord zu verhindern. Ihr Kiffer-Freund Dennis (Pilou Asbæk) versucht, es ihr auszureden, aber sie scheint sich nicht von der Idee abbringen zu lassen, zum entscheidenden Zeitpunkt eine Ambulanz zu rufen. Dagegen ist Heidi nicht nur im Leben die gefestigtere und pragmatischere Person, die mit ihrem Ehemann und Sohn weit mehr dem Ideal einer braven Tochter entspricht, sondern auch beim Tod ihrer Mutter: Sie will, dass das Wochenende so verläuft, wie Esther es sich wünscht. Erst durch ein Gespräch mit Sanne und einer Beobachtung beginnt auch sie zu zweifeln – und so mündet der Film in einen unnötigen, überdramatischen Höhepunkt, der lediglich noch einmal erkennen lassen soll, dass alle Beteiligten aus dieser Situation etwas lernen sollen. Dies wäre jedoch nicht notwendig gewesen; hier hätten sich Bille August und Drehbuchautor Christian Torpe lieber auf die kleinere Geschichte verlassen. Allein die Situation zu wissen, dass die Mutter am Ende des Wochenendes sterben wird, löst ausreichend Reflektionsprozesse aus – und ist dramatisch genug.

Bille Augusts Filme überzeugen meist, wenn sie in Dänemark spielen und sich auf familiäre Geschichten konzentrieren – Die besten Absichten und Pelle, der Eroberer sind stimmiger als Das Geisterhaus und Nachtzug nach Lissabon. Glücklicherweise schließt sich trotz des unnötigen Höhepunkts auch Silent Heart den erstgenannten Filmen an: Konzentriert erzählt er von den privaten Folgen eines Entschlusses zur Sterbehilfe. Rechtliche Folgen werden kurz angesprochen – Esther muss ihren Arm noch bewegen können, damit ihr niemand die Tabletten verabreichen muss –, im Kern aber geht es um den Umgang einer Familie mit diesem Entschluss. Damit konzentriert sich der Film auf sehr intime Aspekte, die von Bille August mit warmen Farben auf die Leinwand gebracht werden. Immer wieder scheint die Sonne in das abgelegene Landhaus, lassen die Bilder die vielen vergangenen Momente erahnen, die diese Familie dort erlebt hat. Die nur teilweise übertriebene Musik untermalt die dem Film innewohnende Emotionalität, so dass Silent Heart ein sehr berührender Film über Sterbehilfe ist.

Silent Heart - Mein Leben gehört mir

Nach über 20 Jahren hat Bille August wieder einen Film mit der großen Theaterschauspielerin Ghita Nørby gedreht, die damals in „Die besten Absichten“ die Mutter der Protagonistin verkörperte. Auch in „Silent Heart – Mein Leben gehört mir“ ist sie wieder eine Mutter; hier zweifelt sie jedoch nicht an der Ehe ihrer Tochter, sondern will sterben.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen