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Dieses Highschool-Drama kommt mit viel Vorschusslorbeer der US-Presse nach Deutschland. Können die Titelheldin und ihre Clique die hohen Erwartungen erfüllen?

Selah and the Spades (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Hohle Highschool-Ränke

Etwas mehr als ein Jahr nach seiner Premiere beim Sundance Film Festival ist Tayarisha Poes Langspieldebüt in Deutschland angekommen. Das Drama um die Anführerin einer Internatsclique ist exklusiv bei Amazon Prime Video zu sehen. Poes Erstling steht in einer ganzen Reihe von Filmen aus der jüngeren Vergangenheit, die die schulischen Irrungen und Wirrungen ihrer Figuren nicht länger komödiantisch, sondern hochdramatisch betrachten.

Handlungsort ist das noble, frei erfundene Haldwell Internat, an dem fünf Pennäler-Fraktionen den Ton angeben. Sie dealen mit Prüfungsunterlagen, Alkohol und Drogen, organisieren Sportwetten, verbotene Partys und halten den Lehrkörper über all das im Dunkeln, wie eine Erzählerin zum Auftakt aus dem Off verrät. „Doch in dieser Geschichte geht es nicht um die Fraktionen; nicht wirklich“, sagt die Erzählerin weiter. Tatsächlich geht es um Selah Summers (Lovie Simone), die Anführerin der Rauschmittel vertickenden Spades. Und damit fangen die Probleme an.

Ohne die kurze Einführung bliebe in diesem Film vieles unverständlich, so szenisch, elliptisch und fragmentarisch ist er geraten. Wir sehen Selah dabei zu, wie sie prätentiös an der Kamera vorbei blickt, wie sie sich stets mit gedämpfter Stimme mit ihrer rechten Hand Maxxie (Jharrel Jerome), ihrer potenziellen Nachfolgerin Paloma (Celeste O’Connor) oder ihrer Gegenspielerin Bobby (Ana Mulvoy Ten) unterhält und wie sie uns direkt anspricht und über das Recht einer 17-Jährigen philosophiert, mit ihrem Körper tun und lassen zu können, was sie wolle. Im Grunde ein kluger Einschub. Doch wie fast alles in diesem Film führt er ins Leere.

Was Poes Debüt komplett abgeht, sind identifikationsstiftende Aktionen, gelungene darstellerische Interaktionen, sind Schlüssig- und Glaubwürdigkeit; vor allem aber mangelt es an Spannung. Denn die krummen Geschäfte der einzelnen Fraktionen, all das eingangs angeteaserte wilde Schulleben ist kaum einmal zu sehen. Stattdessen lässt die Regisseurin und Drehbuchautorin ihre Protagonist*innen nur immerzu in der Rückschau darüber reden. Die Lehrerschaft blendet sie dabei ebenso aus wie den Unterricht, was zu den immer selben, aseptischen Bildern in den Internatszimmern und auf den Wegen von einem Gebäude zum anderen führt. Die Konflikte zwischen den Fraktionen bleiben dadurch ebenso behauptet wie diejenigen innerhalb der Spades, wie deren Antrieb und Motivation.

Wie in jedem Highschool-Film geht es auch in Selah and the Spades im Kern um gewichtige Themen: um Liebe, Sex und Drogen, um Schönheitsideale, Leistungsdruck und Gruppendynamik, um den kleinen Verrat und große Intrigen. Mehr als eine ansehnliche Hülle hat dieses Drama allerdings nicht zu bieten.

Die formalen Spielereien – vom Durchbrechen der vierten Wand über die sich in den Vordergrund drängende Tonspur bis zur mitunter ausgeklügelten Kameraarbeit – erinnern an ähnlich aufgeblasene Schuldramen shakespeareschen Ausmaßes wie Vollblüter (2017), Blame – Verbotenes Verlangen (2018), Assassination Nation (2018) oder Waves (2019). An deren schauspielerische und visuelle Klasse oder zumindest an deren provokantes Potenzial reicht Poes Erstling allerdings nicht einmal annähernd heran.

Selah and the Spades (2019)

Hinter verschlossenen Türen des angesehenen Haldwell-Internats regieren fünf Gruppierungen über das Leben der Schüler. An der Spitze der Hierarchie sitzt Selah Summers (Lovie Simone) – die Anführerin der mächtigsten Fraktion The Spades. Mal liebenswert und charmant, mal herzlos und eiskalt entscheidet sie, wer an ihrer Seite sein darf und wen sie fallen lässt. Dabei bewegt sie sich auf einem schmalen Grat zwischen denen, die sie verehren, und denen, die sie fürchten…

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