Log Line

Auf seine alten Tage entdeckt Sylvester Stallone das Superhelden-Genre für sich. Nach einem Space-Piraten in „Guardians of the Galaxy“ ist er jetzt selbst als Metawesen unterwegs. Kann der 76-jährige das noch stemmen?

Samaritan (2022)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Rocky Rambo Superheld

Obwohl Sylvester Stallone als Schauspieler und Autor mit Verliererdramen groß wurde – Rocky verliert seinen ersten Kampf, Rambo wird in Handschellen abgeführt – wandelte sich irgendwann der Rollengeschmack des Stars. Das Publikum wollte den Italo-Amerikaner mit der markanten Teillähmung des Gesichts offenbar lieber gewinnen sehen. Denn mit toughen Siegertypen und immer neuen Teilen der erfolgreichen Filmreihen spielte sich Stallone vor allem in die Herzen der Actionfans und stieg in die Top-Ränge Hollywoods auf. Ausflüge in etwas anspruchsvollere Werke wie „Copland“ blieben Ausnahmen in der Karriere.

Mit seinem neuen Film Samaritan, der nun exklusiv bei Amazon Prime startet, scheint sich Stallone auf den ersten Blick auf seine Anfänge zurückzubesinnen. Denn die Rolle des einstigen Superhelden und jetzigen Mitglieds der örtlichen Müllabfuhr erinnert mehr als nur ein wenig an den ersten Rocky-Film. Joe Smith, wie Stallone im Film heißt, wirkt wie ein echter Verlierer. Er hat anscheinend keine Freunde und sein einziges Hobby besteht darin, Dinge aus dem Müll zu holen und sie zu reparieren, wenn es sich lohnt. Und doch wird er vom Nachbarsjunge Sam für den verschwundenen Superhelden Samaritan gehalten, der einst die Stadt vor Schurken bewahrte, dann aber nach einem Kampf mit seinem Bruder, der als Schurke den Namen Nemesis trug, nicht mehr auftauchte.

Soweit die übersichtliche Story. Regisseur Julius Avery, der zuletzt den vor allem optisch recht überzeugenden Horror-Actioner Operation: Overlord drehte, hat daraus seinen heimlichen Star mitgenommen. Der Däne Pilou Asbaek, seit Game of Thrones weltweit bekannt, spielt in Samaritan den fiesen Cyrus, der die Zeiten von Nemesis wieder heraufbeschwören möchte. Und vor allem auf Sam, der aus bitterarmen Verhältnissen kommt, mit seinem Reichtum und seiner Großzügigkeit einen starken Eindruck macht. Das heißt allerdings nicht, dass Asbaek hier mehr darf als wölfisch zu grinsen, diesmal nur etwas blonder als in der Erfolgsserie. Sonderlich originell ist das nicht. Und auch schade, wenn man Asbaeks dänische Werke kennt, in denen der Mann zeigt, was er eigentlich kann.

Auch das Drehbuch zeigt selten eigene Ideen. Ein wenig Gothic-Anarchie aus The Crow, eine Prise Sozialkritik á la Gran Torino und ein Hauch Kain und Abel, viel mehr ist Drehbuchautor Bragi F. Schut nicht eingefallen, um die einzelnen Actionsequenzen als Highlights des Films miteinander zu verbinden. Das funktioniert mal mehr, mal weniger, aber so richtig stimmig und homogen wirkt Samaritan nie. Denn die durchaus schönen Momente zwischen Joe und Sam, in denen Stallone zeigt, dass er schauspielern kann, verbinden sich nicht mit den Actionelementen, sondern wirken, als gehörten sie eigentlich in einen anderen Film. Zwar weist der Film einen ordentlichen Twist auf, aber auch der kommt nicht wirklich überraschend. Bleibt zu hoffen, dass Schuts Drehbuch zur Dracula-Adaption Tha Last Voyage of the Demeter im kommenden Jahr da besser ausfällt.

Die wenigen Actionszenen des Films sind dafür zumindest ansehnlich geraten. Zwar wirken auch sie wie ihr Protagonist ein wenig aus der Zeit gefallen, wenn man sie mit dem heutigen Standard der John Wick-Macher oder den Marvel-Filmen vergleicht, aber vor allem die handgemachten Tricks machen Spaß – und Stallones verzerrtes Gesicht, wenn er unter Schmerzen seinen Körper wieder auf die Beine stellt, nutzt sich als eigener Effekt einfach nicht ab. Und was der Mann in seinem Alter (er war zum Zeitpunkt des Drehs wohl 74 Jahre alt) noch körperlich leisten kann, ist auch aller Ehren wert. Da wundert es dann auch nicht, dass die Tür zu einer möglichen Fortsetzung sperrangelweit offen steht, ganz in der Tradition von Stallone.

Und daher ist Samaritan auch allen Fans des Schauspielers zu empfehlen, die ihren Helden kämpfen, schwitzen und leiden sehen wollen, denn davon bietet der Film die volle Dosis. In allen anderen Bereichen bleibt Samaritan allerdings absoluter Durchschnitt. Die Inszenierung ist bestenfalls bieder, die Story reißt auch keine Bäume aus und die Schauspieler haben daher wenig Möglichkeiten sich auszuzeichnen.

Samaritan (2022)

Der 13-jährige Sam vermutet, dass sein neuer Nachbar, Mr. Smith (Sylvester Stallone), eine heimliche Legende ist. Der, eigentlich für tot erklärte, mysteriöse Mann ist vor zwanzig Jahren mit Superkräften ausgestattet worden, die ihn zu einem Samariter machten. Dennoch haben wenige Bewohner von Granite, wie Sam, die Hoffnung, dass er noch am Leben ist. Da die Kriminalität weiter zunimmt und die Stadt am Rande des Chaos steht, macht es sich Sam zur Aufgabe, seinen Nachbarn aus dem Versteck zu locken, um die Stadt vor dem Ruin zu retten.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen