Salt (2010)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der lange Atem des Kalten Krieges

Der Karriereknick kommt kurz vor dem Feierabend: Ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag, an dem sie eigentlich früher ihre Arbeit beenden wollte, ereilt die CIA-Agentin Evelyn Salt (Angelina Jolie) dies Schicksal in Gestalt des russischen Überläufers Orlov (Daniel Olbrychski). Was zunächst wie eine reine Routineüberprüfung seiner Glaubwürdigkeit aussieht, entpuppt sich für die Agentin als ein Blick in die Hölle. Denn kurz bevor sie das Verhör beendet, um zu ihrem Ehemann (August Diehl) eilt, offenbart ihr der russische Spion, dass sie selbst eine Agentin des russischen Geheimdienstes sein soll, die bereits im Kindesalter noch zu Sowjetzeiten als Schläferin trainiert wurde und nun einen Anschlag auf den russischen Präsidenten während dessen Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen amerikanischen Vizepräsidenten verüben soll.

Zwar besteht für Evelyns Vorgesetzten Ted Winter (Liev Schreiber) kein Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Agentin, doch der National Security Service in Gestalt von William Peabody (Chiwetel Ejiofor) sieht das anders und will Evelyn aus Sicherheitsgründen festsetzen lassen, zumal es in ihrer Akte einige Unstimmigkeiten gibt, die die Verschwörungstheorie Orlovs untermauern. Als sich Evelyn der Verhaftung entzieht, macht sie dies umso verdächtiger, sie wird unversehens von der Jägerin zur Gejagten, die zudem von Erinnerungsbruchstücken geplagt wird, welche sie schließlich an sich selbst zweifeln lassen – ist sie wirklich eine Schläferin? Kann es sein, dass sie alles, was sie bislang über sich zu wissen glaubte, lediglich eine Illusion war? Fest steht nur eines: Evelyns Verhalten ist definitiv merkwürdig und es hat den Anschein, als erfülle sich der von Orlov offenbarte perfide Plan beinahe wie von selbst: Für Evelyn beginnt ein gnadenloser Kampf um die Wahrheit, der sie weit über ihre Grenzen hinaus führt.

Die Mythen und Verschwörungstheorien des Kalten Krieges sind einfach nicht totzukriegen. Auch in Philip Noyces neuem Film Salt ist das nicht anders: Hier sehnen sich finstere Zirkel aus alten Sowjetzeiten nach der früheren Macht und den klaren Feindbildern des Kalten Krieges zurück und haben es (natürlich) weniger auf den eigenen (gemäßigten) Präsidenten als vielmehr auf die Kontrolle über das amerikanische Atomwaffenarsenal abgesehen – eine Story, die jedem James-Bond-Film oder einer Fortsetzung der Bourne-Reihe alle Ehre machen würde.

Tatsächlich war die Geschichte aus der Feder des Drehbuchautoren Kurt Wimmer ursprünglich für einen männlichen Star konzipiert worden, bis man sich für Angelina Jolie als Heldin entschied. Prinzipiell keine schlechte Wahl, denn im Hollywood-Kino unserer Tag gibt es wohl kaum eine andere Darstellerin, die genau jene Mischung aus Sexyness, Zerbrechlichkeit und körperlicher Präsenz mitbringt, die diese Rolle ausmacht. Doch die logische Besetzung der Rolle birgt auch eine Gefahr in sich, die einen wesentlichen Hemmschuh des Films darstellt: Niemals zweifeln wir wirklich an Evelyns Unschuld, der Ambivalenz und Verunsicherung ihrer Figur haftet trotz ihrer zahlreichen Blessuren, schmerzlichen Verluste und Traumata, die sie im Laufe des Films erleidet, stets der Makel der Behaupteten an. In dem Actionfeuerwerk, das Noyce hier zündet, sind es vor allem die fehlenden emotionalen Aspekte, ist das beinahe schon schamhafte Aussparen von Verunsicherung und Verzweiflung, das dem Film und seiner Protagonistin viel von ihrer Glaubwürdigkeit nimmt.

Hinzu kommen etliche Holprigkeiten des wenig originellen Drehbuchs, dessen Logik und Stringenz bei genauerer Betrachtung einiges zu wünschen übrig lässt. Und Hand aufs Herz: Dass am Ende die vermeintlichen Freunde und Verbündeten der Agentin sich just als ihre größten Feinde herausstellen und mancher Totgeglaubte eine wundersame Wiederauferstehung feiert, kann nun wirklich nicht mehr groß überraschen.

So ist Salt rasantes und an manchen Stellen beinahe atemloses Actionkino, das man aufgrund spektakulärer Szenen als reines Popcorn-Kino durchaus goutieren kann. Wirkliche Bedrohungsszenarien sehen aber anders aus. Und verdeutlicht man sich, mit welch alten Rollenmustern und Versatzstücken hier gearbeitet wird, verdeutlicht der Film auf drastische Weise, wie sehr der Westen dem Apparat des „lupenreinen Demokraten“ Wladimir Putin immer noch (oder schon wieder) misstraut.

Vielleicht ist das ja das wirklich Erstaunliche an diesem Film und anderen Werken ähnlichen Inhalts: Die Feindbilder des Kalten Krieges haben einen unglaublich langen Atem, sie reichen bis in unsere Zeit und funktionieren immer noch – zumindest im Actionkino. Wie sehr die Macher des Films diesem Umstand vertrauen, zeigt das Ende des Films, das mehr als deutlich macht, dass mit einer Fortsetzung gerechnet werden muss. Nun denn…
 

Salt (2010)

Der Karriereknick kommt kurz vor dem Feierabend: Ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag, an dem sie eigentlich früher ihre Arbeit beenden wollte, ereilt die CIA-Agentin Evelyn Salt (Angelina Jolie) dies Schicksal in Gestalt des russischen Überläufers Orlov (Daniel Olbrychski). Was zunächst wie eine reine Routineüberprüfung seiner Glaubwürdigkeit aussieht, entpuppt sich für die Agentin als ein Blick in die Hölle.

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Meinungen

Tina · 29.12.2014

Top Film mit Angelina :-) Wie man es erwartet, ist dieser Film mit Action geladen. Angelina Style eben, wers mag wird ihn lieben...ich mag ihn !