Safe - Todsicher (2012)

Eine Filmkritik von Florian Koch

Gewalt ist doch eine Lösung

Laut sind seine Filme, meistens auch lukrativ und manchmal sogar lustig. Aber geistreich? Überraschend? Hintergründig? Diese Attribute verbindet man weniger mit dem Actionkino eines Jason Statham, wohl aber mit den Arbeiten von Lawrence Bender. Der US-Produzent hatte vor 20 Jahren einem filmbesessenen Videothekenmitarbeiter namens Quentin Tarantino sein Vertrauen geschenkt. Der zahlte es mit von Presse und Fans gefeierten Werken wie Reservoir Dogs und Pulp Fiction zurück. Zuletzt vereinten die beiden ihre Kreativ-Kräfte in Inglourious Basterds. Mit seinem neuen Film Safe – Todsicher versucht Bender einmal mehr, auch außerhalb des Tarantino-Universums einen Erfolg zu erzielen. Um sein Ziel zu erreichen, zeigt er nicht nur einen Jason Statham von einer etwas anderen, emotionaleren Seite, sondern verpflichtete mit Boaz Yakin (Remember The Titans) ganz bewusst auch einen Regisseur, der sich noch nie im Actionkino bewegt hat.

Es braucht nicht lange, damit man erkennt, dass Luke Wright (Jason Statham) schon bessere Zeiten gesehen hat. Als harter Cop war er in New Yorks 9/11-Spezialeinheit mal eine ganz große Nummer, aber jetzt hält er sich nur noch mit brutalen Mixed-Martial-Arts-Kämpfen über Wasser. Die Gesetze der Halbwelt hat der Gerechtigkeitsfanatiker aber nie richtig verstanden, deswegen fertigt Wright im Käfig auch alle Gegner ab – obwohl er doch verlieren soll. Die Konsequenzen sind tödlich: Seine Frau wird von der Russen-Mafia brutal ermordet, und falls Wright je wieder den Kontakt zu einem anderen Menschen sucht, soll der auch an der Reihe sein. Für den Ausgegrenzten bleibt nichts anderes übrig, als im Obdachlosenheim als Namenloser dahinzuvegetieren. Doch just in dem Moment, als Wright keine andere Lösung mehr als den Selbstmord für sich sieht, entdeckt er am U-Bahnsteig ein zartes chinesisches Mädchen (Catherine Chan), das augenscheinlich verfolgt wird. Instinktiv setzt Wright sich für sie ein, ohne zu wissen, dass die Kleine ein Mathematikgenie ist, das den Zahlencode eines geheimen Schließfaches im Kopf gespeichert hat. Bald sind die Russenmafia, korrupte Cops und chinesische Triaden hinter den beiden her.

Die Ausgangssituation von Safe – Todsicher sprüht nicht gerade vor Originalität. Gerade in Komödien (siehe Kindergartencop) versuchte man in Hollywood häufig Actionstars mit Kindern zu kombinieren. Boaz Yakins Film verlagert diese bekannte Konstellation aber ins knallharte B-Picture-Actiongenre, und fährt damit gar nicht mal schlecht. Das liegt zum einen an der guten Harmonie zwischen Statham und Chan, und zum anderen am Drehbuch, das die meisten Klischee-Klippen gekonnt umschifft.

Statham ist ein Schauspieler, der sich seiner begrenzten schauspielerischen Bandbreite bewusst ist. Dennoch schlich sich in seinen letzten Filmen wie The Expendables oder The Mechanic eine gewisse Routine ein. Trockene Sprüche, stoische Mimik und viel Körpereinsatz – mehr hatten Statham und seine Charaktere nicht zu bieten. In Safe – Todsicher agiert der Brite zwar auch wieder als wortkarger Einzelgänger, aber gerade in der ersten Filmhälfte bekommt er jetzt endlich einmal die Möglichkeit, mehr Gefühle zu zeigen. Den Verlust seiner Frau, die Einsamkeit in einem 500-Betten-Obdachlosenheim, die wachsende Ratlosigkeit – das alles vermittelt Statham durchaus glaubwürdig. Die seelischen Wunden, mit denen Wright zu kämpfen hat, werden dabei von Yakin geschickt mit der Lebensgeschichte von Mei parallelisiert. Die kleine Chinesin lebt auch in ständiger Angst – ihre Mutter wird in ihrer Heimat mit dem Tod bedroht – und hat im kalten New York niemanden, bei dem sie Schutz suchen kann. Der Film lässt sich Zeit, bis er Mei und Wright aufeinandertreffen lässt, und reißt die Charaktere dann auch überraschenderweise immer wieder auseinander.

Diese Zerrissenheit spiegelt sich leider auch im Drehbuch und in der Inszenierung wider. Beginnt Safe noch als packendes Außenseiterdrama, das New York als dreckigen Moloch skizziert, entwickelt sich der temporeiche Film bald zu einem vordergründigen Actionspektakel, in dem es mächtig rummst, Logik und Tiefe aber verschütt gehen. Zu Gute halten muss man Bender und Yakin, dass sie aus dem schmalen Budget (angeblich deutlich unter 30 Millionen Dollar) das Beste machen. Die Mann-gegen-Mann-Kämpfe sind zackig, brutal, aber übersichtlich choreographiert, die Verfolgungsjagden im Zug oder auf den Straßen von New Yorks rasant und aus ungewöhnlichen Perspektiven inszeniert.

In der Ästhetik orientiert sich Safe deutlich am Actionkino der 70er Jahre. Die braunen, verwaschenen Farbtöne erinnern an Genreklassiker wie French Connection. Die Hommage setzt sich auch im Casting fort: Mit u. a. Chris Sarandon (Fright Night) als schmierig-korrupter Bürgermeister und James Hong (Blade Runner) als eisenharter Triaden-Pate wurden die Nebenrollen ausnahmslos mit kantigen Typen besetzt, die Gangster-Klischees genüsslich zitieren. Überhaupt blitzt in den knackigen Dialogen immer ein Hauch von Ironie durch, Tiefgang und subtile Anspielungen sollte man dabei aber nicht erwarten. Ebenso ins Gesamtbild dieses geradlinigen, kurzweiligen Macho-Actionfilms passt der völlige Verzicht auf eine Liebesgeschichte. Überhaupt bleiben Frauen, bis auf das kleine Mädchen, außen vor.

Safe – Todsicher ist ein kurzweiliger Reißer, der auch für Kenner des Genres einige Überraschungen parat hält. Nur im Showdown gehen den Machern die Gäule durch. Da geht Wright alias Statham nicht nur über Dutzende, sondern hunderte Leichen. Der übertriebene Bodycount übertrifft dabei selbst die Dimensionen von Scarface oder The Killer. Und wenn im „Endkampf“ sich auch noch das Kind unmoralisch am Gewaltrausch beteiligt, bekommt Safe todsicher einen ziemlich faden Beigeschmack.
 

Safe - Todsicher (2012)

Laut sind seine Filme, meistens auch lukrativ und manchmal sogar lustig. Aber geistreich? Überraschend? Hintergründig? Diese Attribute verbindet man weniger mit dem Actionkino eines Jason Statham, wohl aber mit den Arbeiten von Lawrence Bender. Der US-Produzent hatte vor 20 Jahren einem filmbesessenen Videothekenmitarbeiter namens Quentin Tarantino sein Vertrauen geschenkt. Der zahlte es mit von Presse und Fans gefeierten Werken wie „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ zurück.

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