Roman Polanski: A Film Memoir

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Das Leben und nichts anderes

Roman Polanski hatte ein schweres Leben. Der jüngste Schlag: Seine Verhaftung am Flughafen Zürich, als er auf dem dortigen Filmfestival einen Preis für sein Lebenswerk hätte empfangen sollen. Während seines Hausarrestes in seinem Chalet in Gstaad, im April 2010, interviewte ihn sein langjähriger Freund, der Produzent Andrew Braunsberg: Die Tragödien, die Triumphe, die Katastrophen eines Lebens interessieren ihn, eines Lebens mit so vielen Auf und Abs wie bei kaum jemandem sonst.
Und Polanski erzählt, erinnert sich – filmische Memoiren, wie der Titel sagt, befragt von Braunsberg, bebildert von Regisseur Laurent Bouzereau. Den Lebenslinien folgen Dramaturgie und Bilder – vom Ghetto in Krakau bis Hollywood; vom Holocaust über den Mord an Ehefrau Sharon Tate bis zur Anklage wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen – und bis zum Hausarrest in der Schweiz; von den Anfängen bei Radio und Kindertheater über seine ersten Regieerfolge bis zum Triumph mit Der Pianist, dem einen Film, an dem Polanski nach eigener Aussage keinen Frame ändern würde. Filmausschnitte und Newsmaterial, zeitgenössische Dokumentarbilder und aktuelle Statements aus Nachrichten, Klatschpresse oder Talkshows erweitern den Raum des Films, der sich aber doch hauptsächlich auf das Gespräch zweier Freunde konzentriert. Zweier, die sich lange kennen, die Vertrauen ineinander haben und die genau wissen, wie sie zu den interessanten Punkten der Biographie kommen können – und wie diese unterhaltsam, prägnant, pointiert erzählt werden können.

Bewegend, wie Polanski auf seine Kindheit eingeht, auf seine Erinnerungen im besetzten Polen, auf den steigenden Druck auf die jüdische Bevölkerung bis hin zu willkürlichen, exzessiven Gewalttaten, bis hin zu den Razzien im Ghetto, zur Verschleppung der Mutter, von deren Tod er erst viele Jahre später erfuhr. In dieser Sequenz freilich steckt auch das Problem des Films: Nicht nur steigen Polanski – verständlicherweise – Tränen in die Augen, auch muss Bouzereau alles nicht nur mit Ausschnitten aus Der Pianist belegen, in dem Polanski all dies filmisch verarbeitete, sondern auch mit Bilden, die schon viel zu oft gezeigt wurden: von deutschen Truppen beim Überfall auf Polen, von Juden im engen Krakauer Ghetto, von Bomberverbänden in der Luft. Bilder, die mit Polanski selbst nichts zu tun haben, Bilder, die die emotionale Wucht ebenso erhöhen sollen wie Alexandre Desplats Musik, die nochmals dieselben Gefühle transportiert. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Dennoch natürlich hochinteressant und packend, kompakt Polanskis Lebensgeschichte zu hören, etwa seine Anfänge im Filmgeschäft, die darauf zurückgehen, dass er sich als Jugendlicher ein Radio baute. Anders als in Robert Weides Woody Allen: A Documentary, ebenfalls demnächst im Kino, ist der Ansatz hier ein rein biographischer, der die Filme eher als Beiwerk nimmt. Nicht der Einfluss des Lebens auf die Filme, sondern der der Filme auf ein Leben wird befragt. Polanski beschönigt dabei nichts, stellt sich seinen Fehlern. Und zieht doch das Fazit: „Ich wäre lieber berühmt für meine Filme als für mein Privatleben.“ Insofern kann man diese Filmmemoiren als einen Schlussstrich sehen. Und sich dem Filmwerk hingeben.

Roman Polanski: A Film Memoir

Roman Polanski hatte ein schweres Leben. Der jüngste Schlag: Seine Verhaftung am Flughafen Zürich, als er auf dem dortigen Filmfestival einen Preis für sein Lebenswerk hätte empfangen sollen. Während seines Hausarrestes in seinem Chalet in Gstaad, im April 2010, interviewte ihn sein langjähriger Freund, der Produzent Andrew Braunsberg: Die Tragödien, die Triumphe, die Katastrophen eines Lebens interessieren ihn, eines Lebens mit so vielen Auf und Abs wie bei kaum jemandem sonst.
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