Ritter Rost

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Doppeltes Recycling

Für die meisten Kinder ist es ein Wiedersehen mit alten Freunden: Ritter Rost und seine Freunde Burgfräulein Bö und Drache Koks haben den Sprung vom Papier auf die Kinoleinwände geschafft. Im Kino erleben sie jetzt ein vollkommen neues Abenteuer, das jedoch Erinnerungen an bekannte Geschichte wachruft.
Ritter Rost will unbedingt bei einem Ritterturnier antreten – koste es, was es wolle. Um an einen neuen Motor für sein Pferd zu kommen, pfändet er Bös geliebte antike Nähmaschine. Doch beim Motor handelt es sich um Diebesgut und als dies herauskommt, wird Rost „entrittert“. Aber das ist nicht das Schlimmste: Weil es nun keine Siegesprämie gibt, mit der die Nähmaschine zurückgekauft werden könnte, verabschiedet sich Bö enttäuscht von Rost und Koks, um bei ihrem Schwarm, Prinz Protz, einzuziehen. Wie kann Rost seine Freundin zurückgewinnen? Während er gemeinsam mit Koks nach Möglichkeiten sucht, Bö seine Zuneigung unter Beweis zu stellen, entdeckt das Burgfräulein, dass Prinz Protz etwas Furchtbares im Schilde führt.

Dem Konzept von Jörg Hilber und Felix Janosa entsprechend, spielt die Musik auch im Film Ritter Rost eine Rolle, auch wenn sie im Vergleich zu den musikalischen Kinderbüchern weit weniger dominant ist. Die wenigen Lieder, die im Film auftauchen, werden nur angesungen und nicht in voller Länge präsentiert. Zudem rückt Regisseur Thomas Bodenstein sie weit weniger in den Fokus als dies beispielsweise in Disney-Filmen wie Das Dschungelbuch oder Arielle, die Meerjungfrau der Fall ist. In Anbetracht der großen Bedeutung, die der Musik im Ursprungskonzept beigemessen wird, stellt dies einen Wermutstropfen dar.

Der Detailreichtum der Filmwelt kann jedoch ein wenig über die fehlende Musik hinwegtrösten. Es gibt ja so viel zu sehen in Schrottland! Jeder Einrichtungsgegenstand ist belebt und hat seine eigene Persönlichkeit. Und es passiert auch so viel in Schrottland! Dem jungen Zielpublikum entsprechend arbeitet Thomas Bodenstein vor allem mit Slapstick-Humor. Je mehr Chaos Ritter Rost unfreiwillig anrichtet, desto mehr amüsieren sich die jungen Zuschauer. Dabei ist die Geschichte bewusst einfach und verständlich gehalten. Die Storyline ist linear und zielgerichtet: Ritter Rost hat eine klare Agenda, bei der seine Fans mitfiebern können. Die kleinen Turbulenzen, die ihm in regelmäßigen Abständen Steine in den Weg legen, erhalten die Spannung aufrecht. Der Film legt dabei ein recht hohes Tempo an den Tag, dem wahrscheinlich nicht alle Kinder gleichermaßen gewachsen sind.

Auf der einen Seite ist die Welt von Ritter Rost eine unsympathische: Alles ist mechanisch, es gibt keine Natur, keine sanften, runden Formen. Auf der anderen Seite sorgt gerade diese starke Abstraktion für eine Distanz zwischen realer Welt und Geschichte, so dass auch die sehr aufregenden Episoden, wie Ritter Rosts Kampf gegen den zweiköpfigen Drachen, nie wahrhaft gruselig wirken. Etwas unklar bleibt, warum die Frauen die einzigen menschlichen Wesen neben all den Robotern und belebten Alltagsgegenständen sind und zudem in starker Unterzahl auftreten. Das Rollenmodell von Ritter Rost ist ein bedauerlich konservatives, in dem Bös sich nur für Kleider, schöne Prinzen und den Haushalt interessiert, während Ritter Rost stets das Abenteuer sucht und über die Stränge schlägt.

Neben dem Unterhaltungsfaktor bietet Ritter Rost natürlich auch eine pädagogische Botschaft. Während Rost, Bö und Koks gerne Dinge reparieren und eine persönliche Bindung an Gegenstände wie beispielsweise die alte Nähmaschine verspüren, hat Prinz Protz seinem Namen entsprechend nur eine Devise: Je neuer, desto besser. Deshalb sind in seinem Reich auch alle Werkzeuge arbeitslos. Was keiner mehr braucht, wird in einer Schrottpresse zu Müllwürfen „recycelt“. Dass sich Prinz Protz’ chronische Unzufriedenheit und Sucht nach Neuem auch auf seinen Umgang mit Frauen bezieht, ist ein amüsanter Aspekt, der sich eindeutig an die elterliche Begleitung richtet.

Leider ist die pädagogische Botschaft von Ritter Rost nicht ganz klar. So lehnt Bö zwar die vollautomatische Nähmaschine und die von ihr produzierten glamourösen Kleider ab, nutzt sie aber um sich eine exakte Kopie des Kleides zu nähen, das sie bereits besitzt. Auch das Thema des Recycling wird unterschiedlich beleuchtet: Auf der einen Seite erscheint das Reparieren alter Gegenstände in positivem Licht. Gleichzeitig wird die Verschrottungsmethode von Prinz Protz mit dem Begriff „Recycling“ benannt und als geradezu unmenschliche Praktik dargestellt. Hier ist nicht ganz klar, welche Botschaft der Film an sein Kinderpublikum senden möchte.

Aber vielleicht ist diese kritische Prüfung der pädagogischen Linie auch irreführend. Die kleinen Fans von Ritter Rost scheren sich ohnehin nicht um die Botschaft, sondern wollen ein weiteres spannendes Abenteuer mit ihrem Helden erleben. Und das werden sie. Auch wenn es anhaltend schade bleibt, dass so wenig Anlass zum Mitsingen gegeben wird.

Ritter Rost

Für die meisten Kinder ist es ein Wiedersehen mit alten Freunden: Ritter Rost und seine Freunde Burgfräulein Bö und Drache Koks haben den Sprung vom Papier auf die Kinoleinwände geschafft. Im Kino erleben sie jetzt ein vollkommen neues Abenteuer, das jedoch Erinnerungen an bekannte Geschichte wachruft.
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Meinungen

SchleTek · 14.09.2013

Die Hörbücher von Ritter Rost habe ich schon als Kind gesammelt. Da ist der Film natürlich ein absolutes muss. Ich freue mich schon darauf den Film mit meinen Sohn anzusehen. Ich werde den Film sofort bestellen.

Mama · 21.03.2013

Das Lied von Fräulein Bö hat mir so gefallen! Das ist mitunter der Grund, warum auch Erwachsene diesen Film lieben - die Kinder sind sowieso begeistert. Es wird nicht zu schnell gesprochen und bei der Geschwindigkeit beim Wechsel der Bilder kann ein Kind noch mithalten. Obwohl wir diesen Film schon bewusst wählten, weil er eben keine 100 Minuten wie manche Kinderfilme dauert. Das Sitzfleisch und die Geduld dem Film aufmerksam über eine Stunde zu folgen macht die Kleinen schon k.o. und äußert sich auch unterschiedlich in der Verarbeitung.

Gunter W. · 26.12.2012

Keiner des ursprünglichen Ritter-Rost-Teams (außer, eingeschränkt, Paricia Prawit) ist an diesem Film beteiligt, insbesondere nicht die Autoren Jörg Hilbert und Felix Janosa.
Und dieser Film hat mit den Original Ritter-Rost Werken leider nicht mehr viel zu tun. Sowohl die Grafik als auch die Charaktere wurden geglättet anstatt einer witzig-anarchischen Geschichte a la Jörg Hilbert erwartet einen ein 08/15-"Kinoabenteuer für die ganze Familie", wie auch schon die Trailer-Einleitung klarmacht:
"In jeder echten Märchenwelt gibt es immer einen weisen König, eine schöne Prinzessin, einen tapferen Ritter und einen gefährlichen, hinterhältigen, fiesen Bösewicht."
Trotz versuchter Selbstironie ist genau hiermit der absehbare Ablauf vorgezeichnet. Auch mangelt es nicht an anderen hinlänglich bekannten Kino-Versatzstücken, wie z.B. einer wild-hektischen Achterbahnfahrt, einer sentimentalen nächtlichen "du hast doch Freunde"-Aufmunterung des resignierten Helden und natürlich einem Showdown mit Schlachtengetümmel.
Musik findet im Gegensatz zu den Original-Ritter-Rost-Werken kaum statt (3 ältere, umgedichtete / umarrangierte Stücke und ein neues, das NICHT von Janosa ist).

Spontane Reaktion meines 5-jährigen Sohnes bei der ersten Begegnung mit der Film-Ankündigung (im Buch 'die Zauberfee'): "Iiiih, was ist denn das?"
Und nach zwangsläufigem Anschauen des Trailers beim Besuch eines anderen Films:
"Total blöd. Wo ist eigentlich Bös sprechende Hut? Und die Stimmen sind auch doof."
Außerdem sind in der originären Ritter-Rost-Welt eigentlich alle Drachen ausgestorben, bis auf Koks und seinen Onkel in Amerika.

Man kann sich das wahrscheinlich nur anschauen, wenn man noch nie etwas von Ritter-Rost gelesen / gehört hat - was für das internationale Publikum, auf das der Film ja offenbar abzielt, allerdings gegeben sein dürfte. Mein Sohn und ich werden uns diesen Film jedenfalls nicht geben.