Reconstruction

Mittwoch, 22. Juni 2011, 3sat, 22:25 Uhr

Aus jenem Raum hinter den Bildern, aus dem Off spricht eine tiefe und angenehme Stimme zu Beginn des Filmes die Worte, die das Thema des Films Reconstruction und seinen Grundton vorgeben: „Es ist nur Film, es ist alles konstruiert – aber es schmerzt trotzdem.“
Der Fotograf Alex (Nikolaj Lie Kaas) ist mit seiner Freundin Simone (Maria Bonnevie) zusammen, doch dann begegnet er in einer rätselhaften Nacht der hübschen Aimee (ebenfalls Maria Bonnevie), mit der er schließlich die Nacht verbringt. Aimee wiederum ist mit dem Schriftsteller August (Krister Henriksson) liiert, doch um die Beziehung scheint es nicht gut bestellt zu sein. Trotzdem ist August sehr verletzt, als er die Affäre herausbekommt. Doch danach ist alles anders, denn als Alex am Morgen nach Hause kommt, behaupten seine Familie und seine Freunde, ihn noch nie gesehen zu haben, seine Wohnungstür ist nicht mehr da, er hat jeden Halt im Leben verloren. Ist Alex vielleicht nur eine Ausgeburt von Augusts Phantasie, eine Figur in seinem neuen Roman? Wie dem auch sei, eine richtige Auflösung des Films gibt es nicht, nur verschiedene Möglichkeiten der Interpretation.

Bei den letztjährigen Filmfestspielen von Cannes erhielt Reconstruction von Christoffer Boe 2003 die Caméra d’Or für den besten Debütfilm und den Label Regard für den besten Spielfilm, und das trotz der zum Teil heftigen Diskussionen, die sein Filmrätsel auslöste. In mancherlei Hinsicht erinnert der Film an David Lynchs surreale Filme Mulholland Drive und Lost Highway, denn wie diese beiden Filme verzichtet auch Reconstruction auf einen eindeutigen Sinnzusammenhang und operiert stattdessen auf den weiten Feldern der Assoziation und der Offenheit.

Doch auch ohne einen eindeutigen Sinn funktioniert Boes Film ausgezeichnet, denn die Bildsprache (an der Kamera agierte Manuel Alberto Claro) ist sehenswert. Nie zuvor erschien das ansonsten reizende Kopenhagen so düster und rätselhaft, die Exposition jeder Sequenz erfolgt über ein Luftbild, das in Jump Cut auf den Ort des Geschehens zoomt. Unterstützt von einer absolut hörenswerten Filmmusik und hervorragend aufgelegten Akteuren bietet Reconstruction dem Zuschauer ein sinnliches Kinoerlebnis, das weit über die 90 Minuten des Filmes hinaus wirkt – vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten einzulassen. Und am Ende kommt jeder Zuschauer mit einem ganz eigenen Film im Kopf aus dem dunklen Saal, aus dem Raum zwischen und hinter den Bildern, Worten und Tönen…

So stop making sense!

Reconstruction

Aus jenem Raum hinter den Bildern, aus dem Off spricht eine tiefe Stimme zu Beginn des Filmes die Worte, die das Thema des Films Reconstruction und seinen Grundton vorgeben: „Es ist nur Film, es ist alles konstruiert – aber es schmerzt trotzdem“.
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