Radio Heimat

Eine Filmkritik von Falk Straub

Fahriges Pot(t)pourri

Frank Goosen weiß, wie der Pott tickt. Schließlich lebt der gebürtige Bochumer bis heute im Zentrum des mittleren Ruhrgebiets. 13 Jahre nach der Verfilmung seines Debütromans Liegen lernen kommen nun weitere amüsante Anekdoten aus dem Revier ins Kino. Diesmal gleich aus zwei Vorlagen. In Radio Heimat führt Regisseur und Drehbuchautor Matthias Kutschmann Erzählungen aus dem gleichnamigen Band und aus Mein Ich und sein Leben zusammen.
Im Grunde schlägt Frank Goosens Herz nur für zwei Dinge: die Menschen des Ruhrgebiets und Fußball, was zwischen Dortmund und Essen, Duisburg und Bochum ja auch nur schwer voneinander zu trennen ist. In seinen Bühnenprogrammen, Büchern und Kolumnen lotet Goosen die Seele dieses ganz besonderen Menschenschlags mittlerweile seit mehr als zwei Jahrzehnten aus – zwar nie allzu tiefgründig, dafür aber zutiefst sympathisch. Dass deren derbe Direktheit auch auf der großen Leinwand funktioniert, hat Regisseur Hendrik Handloegten 2003 mit Liegen lernen bewiesen. Matthias Kutschmann braucht hingegen zu lang, bis Radio Heimat den typischen Ruhrpott-Charme verströmt.

Das liegt mehr an Kutschmanns Erzählweise als an der Geschichte. Die geht in Radio Heimat so: Bochum, 1983. Zwischen Schrebergärten und Hobbyräumen, Zechen und Buden, Freibad und Großmutters Frikadellen wollen Frank (David Hugo Schmitz), Pommes (Jan Bülow), Spüli (Hauke Petersen) und Mücke (Maximilian Mundt) endlich beim anderen Geschlecht landen. Frank hat ein Auge auf Schulschönheit Carola (Milena Tscharntke) geworfen. Eine eiligst zusammengetrommelte Rockband soll den Erfolg garantieren. Statt auf der Konzertbühne enden die vier Freunde aber erst im Bergarbeiter-Chor, dann in der Tanzschule. Als auch der Klammerblues im Partykeller keine Erfolge zeitigt, setzen die Jungs ihre letzte Hoffnung auf eine Klassenfahrt.

Bis die vier Möchtegerncasanovas und mit ihnen die Komödie endlich zur Ruhe kommt und zumindest im Ansatz so etwas wie eine Geschichte erzählt, ist bereits die Hälfte vorüber. Davor gibt sich Radio Heimat als hektische Nummernrevue, die beständig zwischen Orten und Zeiten springt. Parallel zu den Liebesnöten seiner Protagonisten handelt Kutschmann auch das Kennenlernen von Franks Eltern und eine allgemeine Einführung in Leben und Denke des gemeinen Pottlers ab. Dabei tun sich die Nachwuchsdarsteller sichtlich schwer. Besonders Maximilian Mundt als Mücke wirkt in der ersten Hälfte häufig, als lese er seinen Text vom Blatt ab. Und als wenn das nicht schon genug wäre, sind die besten Gags nicht einmal auf der Leinwand zu sehen, sondern auf der Tonspur zu hören. Denn Frank gibt als Voice-over den unermüdlichen Erzähler, was der Komödie in großen Teilen den Anstrich eines verfilmten Hörbuchs verleiht.

Das zeigt vor allem zwei Dinge: Matthias Kutschmann ist es weder gelungen, den Witz von Goosens Kurzgeschichten, Essays und Anekdoten in Dialoge zu überführen, noch das Episodische der Vorlagen zu einer stringenten Handlung zu formen. Auch deshalb ist die Krücke des Erzählers notwendig, ist sie doch das einzige Bindeglied zwischen all den losen Enden. Durch augenzwinkernde Kommentare aus dem Off, das direkte Adressieren des Publikums und ironisch gemeinte Kapitelüberschriften versucht der Regisseur, die Schwächen seines Drehbuchs zu kaschieren. Doch was formal komisch sein will, ist nur heillos zerfahren. Fast scheint es so, als diene Radio Heimat lediglich dem Zweck, möglichst vielen Ruhrpott-Größen – von Ralf Richter bis Uwe Lyko, von Gerburg Jahnke bis Manni Breuckmann – ein Cameo (mit schlecht sitzenden Perücken) zu verschaffen. Von einer gelungenen Komödie ist das so weit entfernt wie Lüdenscheid-Nord von Herne-West.

Radio Heimat

Frank Goosen weiß, wie der Pott tickt. Schließlich lebt der gebürtige Bochumer bis heute im Zentrum des mittleren Ruhrgebiets. 13 Jahre nach der Verfilmung seines Debütromans Liegen lernen kommen nun weitere amüsante Anekdoten aus dem Revier ins Kino.
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Meinungen

theo mohr · 14.02.2017

Ich fand den Film einfach köstlich, unterhaltsam und er trifft die
Ruhrpöttler genau.

Das Kino war voll und alle hatten Spaß.

Die Kritik von Kino-zeit. de finde ich total daneben.

Gerade die Gags auf der Tonspur waren klasse