Psycho-Pass: The Movie

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Kein Glück ohne Nebenwirkung

Der für seine düsteren, leicht exzentrischen Stoffe bekannte Schriftsteller und Drehbuch-Autor Gen Urobuchi (Madoka Magica) entwickelte 2012 die Anime-Serie Psycho-Pass. Die Vorgabe des Produktionsstudios war dabei, mit einem komplexen philosophischen Science-Fiction-Stoff in die Fußstapfen des legendären Mamoru Oshii (Ghost in the Shell) zu treten. Das Ziel wurde vielleicht nicht ganz erreicht, dafür macht es sich die Serie insgesamt dann doch etwas zu einfach, dennoch war ein weiteres Highlight am japanischen Science-Fiction-Himmel geboren, das auch Fans weit über die Landesgrenzen hinweg in seinen Bann zog und erwartungsgemäß mit Mangas, Romanen und Videospielen ausgebaut wurde.
Das Franchise spielt im Japan der Zukunft: Im Staat wurde das „Sybil-System“ installiert, ein Computersystem aus allgegenwärtigen Sensoren, die permanent den mentalen Zustand der Bevölkerung messen und aus den Testergebnissen berechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der jeweilige Bürger in naher Zukunft Verbrechen begeht. Die entsprechende Bewertung wird „Psycho-Pass“ genannt und wenn ein bestimmter Messwert überschritten wird, wird die entsprechende Person festgenommen und falls nötig auch liquidiert.

Hier kommt die junge Polizistin Akana Tsunemori ins Spiel, eine erstklassige Absolventin der Polizeischule, die unter der Kontrolle des Sibyl-Systems ihre Arbeit in einer Polizeitruppe verrichten muss, den so genannten „Vollstreckern“, denen pikanterweise selbst eine hohe kriminelle Energie nachgewiesen wurde. Während ihrer Arbeit steht die anfänglich noch sehr Systemhörige zwischen zwei Polen: ihrer Loyalität zu ihrem Kollegen Nobuchika Ginoza und der Sympathie für den leidenschaftlichen Kollegen und Mentor Shinya Kōgami, der sich allerdings nicht immer an die Regeln hält …

Nun also Psycho-Pass: The Movie – und um eines gleich vorwegzunehmen: Wer eine Spielfilm-Version der Serie erwartet oder hofft, dass der Film eine Art Finale darstellt, guckt in die Röhre. Neulingen sei angeraten, sich zumindest die erste Staffel der Serie anzusehen, denn The Movie verschwendet keinerlei Zeit mit einer größeren Etablierung des Setups oder gar Hintergründen zu den Charakteren. Kenner können sich wiederum auf einen Spielfilm einstellen, der ein bisschen wie eine überlange, alles andere als endgültige Episode wirkt. Beides ist aber nicht unbedingt zu Ungunsten von Psycho-Pass zu werten, denn sehenswert ist der knapp zweistündige Film allemal.

Die Geschichte spielt vier Jahre nach der ersten Staffel. Das Sybil-System wird attackiert, aber Akane kann das Attentat verhindern. Das Seltsame aber: Die Täter kamen nicht aus Japan, sondern aus der SEAU (South East Asia Union), dem ersten Land, in das das Sybil-System importiert wurde, und stecken offenbar auch mit dem abgetauchten Shinya Kōgami unter einer Decke. Akane nimmt die Ermittlungen auf und trifft dabei natürlich auch auf Shinya, was auch gleichzeitig einer der größten Schwachpunkte ist, denn Akane kann, und das unterstreicht diese Episode im Psycho-Pass-Universum mehr als deutlich, als Hauptcharakter mehr als ausreichend bestehen: Sie ist mittlerweile zur selbstsicheren, cleveren Heldin herangewachsen, die die in der Serie gemachten Erfahrungen verinnerlicht hat und mit allen Wasser gewaschen ist. Das Wiedersehen mit ihrem Mentor ist schön und von Fans sicherlich heiß erwartet, aber halt tatsächlich auch nur ein reiner Fan-Service. Auf narrativer Ebene stellt der coole Ex-Cop lediglich eine Verbindung zu einer Gruppe Rebellen dar, die das Sybil-System bekämpfen, und verliert im Laufe der Handlung mehr und mehr an Bedeutung.

Leider werden die vormals angeschnittenen philosophischen Aspekte (vor allem die Frage nach dem Preis eines Lebens ohne Angst) zugunsten einer recht simplen Bürgerkriegsgeschichte weitgehend beiseitegeschoben, der einzig wirklich tiefer gehende Punkt wird kurioserweise in den Credits versenkt (also unbedingt komplett ansehen!) – aber er schafft es dann tatsächlich, Appetit auf eine weitere Fortsetzung zu machen.

Als reine Science-Fiction-Actionunterhaltung macht Psycho Pass: The Movie trotzdem eine gute Figur: Der Mix aus gezeichneten Figuren und CGI-Hintergründen wirkt anfänglich sicherlich etwas befremdlich, schlägt dann aber doch durch, da die Macher mit Fantasie und Liebe zum Detail vorgegangen sind. Die Geschichte hält trotz der genannten Schwächen dank einer faszinierenden Heldin, der wunderbar finsteren Atmosphäre und der exzellent umgesetzten, toll choreographierten Actionszenen ohne Probleme die volle Laufzeit bei Stange. Das nicht ausgereizte Potential ist aber trotzdem sehr schade.

Psycho-Pass: The Movie

Der für seine düsteren, leicht exzentrischen Stoffe bekannte Schriftsteller und Drehbuch-Autor Gen Urobuchi („Madoka Magica“) entwickelte 2012 die Anime-Serie „Psycho-Pass“. Die Vorgabe des Produktionsstudios war dabei, mit einem komplexen philosophischen Science-Fiction-Stoff in die Fußstapfen des legendären Mamoru Oshii („Ghost in the Shell“) zu treten.
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