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In „Poppy Field“ folgt der Regisseur Eugen Jebeleanu einem schwulen rumänischen Polizisten durch die Liebe und die Arbeit – und fängt pointiert die Lage im Land ein.

Poppy Field (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Innerer und äußerer Kampf

Im Februar 2013 wurde eine Vorführung der queeren Tragikomödie „The Kids Are All Right“ im National Museum of the Romanian Peasant in Bukarest von homophoben Protesten gestört. Der Film von Lisa Cholodenko zeigt Julianne Moore und Annette Bening als Lebenspartnerinnen und Mütter zweier Kinder im Jugendalter, die das Paar durch eine anonyme Samenspende bekommen hat.

Zwar sind homosexuelle Handlungen in Rumänien nicht (mehr) illegal, dennoch wird die dortige queere Community noch immer mit öffentlichem Hass konfrontiert. Die Drehbuchautorin Ioana Moraru und der Regisseur Eugen Jebeleanu nehmen diesen realen Vorfall als Hintergrund für ihr Langfilmdebüt Poppy Field, um darin die fiktionale Geschichte eines noch ungeouteten Mannes zu erzählen, der als Polizist zu einem Einsatz gerufen wird, bei dem sich ein solcher Protest durch ultrarechte Anhänger:innen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche in einem Kino ereignet.

Es beginnt damit, dass Cristi (Conrad Mericoffer) Besuch von seinem Freund Hadi (Radouan Leflahi) aus Paris erhält. Hier gelingt es dem Skript sowie der Inszenierung und den beiden Hauptdarstellern, in der Kulisse einer kleinen Wohnung eine äußerst authentisch wirkende Intimität zwischen zwei Liebenden zu erzeugen. Schon im Fahrstuhl kann das Paar nach Hadis Ankunft in Bukarest die Leidenschaft füreinander kaum noch zurückhalten. Zur körperlichen Nähe kommt ein Gefühl von Vertrautheit – wenn Cristi meint, Hadi könne ruhig seine Zahnbürste verwenden (da Hadi die eigene vergessen hat), oder wenn die beiden in der Küche Omelette frühstücken und herumalbern. Später liegen sie im Bett, und Cristi erzählt Hadi eine Anekdote über seine Großmutter.

Doch bei aller Harmonie wird rasch auch der Konflikt spürbar. Hadi möchte etwas mit Cristi unternehmen, aber dieser bremst ihn aus: „It’s complicated…“ Als Cristis Schwester Cǎtǎlina (Cendana Trifan) vorbeischaut, werden die Spannungen noch deutlicher – was auch durch den Zusammenprall dreier Sprachen (Englisch, Französisch und Rumänisch) vermittelt wird. Cǎtǎlina zeigt sich Hadi gegenüber aufgeschlossen, verbündet sich gar mit ihm gegen ihren sturen Bruder, nennt dessen Beziehung zu Hadi zum Abschied indes abwertend eine „Gay-Phase“.

Bereits in diesen eröffnenden Sequenzen auf engem Raum zeichnet sich Poppy Field durch die stimmige (Hand-)Kameraarbeit von Marius Panduru aus. Dies setzt sich im weiteren Verlauf ebenso eindrücklich fort. Oft hat das eingefangene Geschehen, das mit wenigen Schnitten auskommt, eine beinahe dokumentarische Anmutung. Die durch Hass motivierten Parolen, die von den Demonstrant:innen gerufen werden, um die Vorführung zu verhindern, sowie die empörten Reaktionen des gestörten Kinopublikums und schließlich die Rufe der Polizei, um die Situation unter Kontrolle zu kriegen, ergeben eine glaubhaft stresserregende Sound-Kulisse, der Cristi standzuhalten versucht – bis ihn etwas für einen Augenblick so sehr aus der Fassung bringt, dass er einen schwerwiegenden Fehler begeht.

Zwischen den Momenten der Eskalation gibt es ruhige mono- oder dialoggetriebene Passagen, in denen diversen Nebenfiguren die Möglichkeit zur Entfaltung eingeräumt wird. Es wird klar, dass sich Cristi als Polizist in einem Macho-Umfeld bewegt, in dem (nicht nur) diskriminierende Sprache zum Alltag gehört. Wiederholt erfasst die Kamera Cristis Gesicht, in dem sich Angst und (Selbst-)Verachtung spiegeln. Conrad Mericoffer, der bisher überwiegend fürs TV gearbeitet hat, liefert eine vielschichtige Schauspielleistung und schafft es, eine Entwicklung seiner Rolle nachvollziehbar zu machen. Am Ende des Films ist Hoffnung zu spüren. Und genau die brauchen wir auch, um weiterzumachen.

Poppy Field (2020)

Der junge Polizist Cristi zieht eine strenge Grenze zwischen Beruflichem und Privatem. Als die Aufführung eines queeren Films von homophoben Ultra-Nationalist*innen gestört wird, wird seine Truppe zu einem Einsatz in das örtliche Kino gerufen. Dort trifft er nicht nur auf die wütende Meute, sondern auch auf einen alten Bekannten. Als dieser droht, ihn zu outen, gerät die Situation außer Kontrolle.

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