Perfect Blue

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Donnerstag, 2.5. 2013, 3sat, 22:25 Uhr

Mima ist Sängerin der japanischen Girl-Band CHAM, die gerade dabei ist, die Charts zu erstürmen. Auf dem Höhepunkt des Ruhms angelangt, will Mima Schluss machen mit dem Dasein eines Popstars, sie will endlich erwachsen werden und sich der Schauspielerei zuwenden. Doch schon der Einstieg in die Welt des Fernsehens ist schwerer als geahnt. Von den neuen Kollegen der TV-Krimiserie, in der sie eine kleine Rolle hat, wird sie kaum beachtet, niemand scheint ihr, dem Pop-Sternchen, allzu viel zuzutrauen. Auf Drängen ihres Agenten wird ihre Rolle zwar ausgebaut, doch dann geschehen seltsame Dinge. So scheinen beispielsweise einige ihrer alten Fans aus ihrer Zeit als Popstar Mima den Ausstieg aus dem Musikgeschäft übelgenommen zu haben, sogar eine Briefbombe flattert ihr eines Tages neben den Drohungen und Beschimpfungen ins Haus. Doch es kommt noch schlimmer: Während CHAM ohne Mima endlich den ganz großen Durchbruch schafft, gerät ihre Rolle in der Serie immer bizarrer, gewalttätiger und sexualisierter und mündet schließlich in einer Vergewaltigungsszene.
Zugleich entdeckt Mima, dass ein heimlicher Verehrer von ihr all ihre geheimen Gedanken zu kennen scheint und sie auf einer Internetseite veröffentlicht. Als der Drehbuchautor der Serie ermordet wird und weitere Morde folgen, die alle irgendwie mit Mima zusammenhängen, gerät Mima in einen Strudel aus Selbstvorwürfen, der sie schließlich sogar dazu bringt, sich selbst des Mordes zu bezichtigen. Doch die Wahrheit sieht ganz anders aus…

Obwohl bereits 1998 entstanden, nimmt sich Satoshi Kons Perfect Blue wie eine Vorwegnahme zahlreicher Entwicklungen aus, von denen die Menschheit vor 15 Jahren noch wenig ahnte. Popstar-Hysterie und Casting-Wahn, die Allmacht des Internets und Cyber-Stalking – all diese vergleichsweise neuen Phänomene führt der Film zusammen und wirkt so wie ein Blick in die Kristallkugel unserer heutigen Welt.

Mit Perfect Blue begann die rasante Karriere Kons, die in den folgenden Jahren stilbildende Filme wie Millenium Actress (2001), Tokyo Godfathers (2003), der Anime-Serie Paranoia Agent (2004) und Paprika (2006) hervorbrachte und das Anime-Genre auf ein neues Level hob. Kons früher Tod im Jahre 2010 war ein Schock für die Szene und wenn man sich heute mit einigem Abstand seine Filme noch einmal anschaut, ahnt man schnell, welch großer Verlust das war. Auch wenn es nur ein schwacher Trost ist: Perfect Blue ist ein Film für die Ewigkeit.

Bereits zum vierten Mal seit dem Jahr 2007 veranstaltet 3sat die Reihe TrickReich, die den langen Animationsfilm jenseits von Pixar & Co. dem geneigten Publikum näher bringen will. Und auch dieses Mal kann sich das Programm mehr als sehen lassen und bietet einen ausgezeichneten Überblick über die gesamte Bandbreite des Trickfilms. Neben Satoshi Kons Anime-Klassiker und dem am 30. April gezeigten Animadok Waltz with Bashir von Ari Folman zeigt die Reihe noch Der Sinn des Lebens für 9,99 $ von Etgar Keret (Freitag, 3. Mai, 22:35 Uhr), Lucky Luke – Auf in den Wilden Westen von Olivier Jean-Marie (Samstag, 4. Mai, 16:15 Uhr), Die letzten Glühwürmchen von Isao Takahata (Samstag, 4. Mai, 22:15 Uhr), Ronal der Barbar von Kresten Vestbjerg Andersen, Thorbjørn Christoffersen und Philip Einstein Lipski (Sonntag, 5 Mai, 20:15 Uhr) und Hautfarbe: Honig von Laurent Boileau und Jung (Sonntag, 5. Mai, 21:40 Uhr). Weil das Programm außerordentlich vielfältig ist, gilt dieser TV-Tipp nicht nur für Satoshi Kons Film, sondern eigentlich für alle Werke, die in das TrickReich des Animationsfilms entführen. Da sage nochmal einer, im Fernsehen liefe nur Schrott.

Perfect Blue

Mima ist Sängerin der japanischen Girl-Band CHAM, die gerade dabei ist, die Charts zu erstürmen. Auf dem Höhepunkt des Ruhms angelangt, will Mima Schluss machen mit dem Dasein eines Popstars, sie will endlich erwachsen werden und sich der Schauspielerei zuwenden. Doch schon der Einstieg in die Welt des Fernsehens ist schwerer als geahnt.
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