Parked - Gestrandet

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ende oder Neunanfang?

Es beginnt, wie es endet: Auf einem Parkplatz am Meer steht ein schäbiger alter Mazda, der über und über beschmiert ist mit Beschimpfungen und Beleidigungen der übleren Sorte. Bis sich aus (wortwörtlich) heiterem Himmel ein Greifarm herabsenkt und seine Zähne wie ein Monster in die Karre schlägt, sie hochhebt, um sie vermutlich endgültig zu entsorgen. Beobachtet wird die ganze Szenerie von Fred (Colm Meaney), der, so erfahren wir kurz darauf, Besitzer des Wagens war, der ihm zudem weniger als fahrbarer Untersatz als vielmehr als Behausung diente. Denn der Mann ist gerade erst nach Irland zurückgekehrt und befindet sich in einer absurden Situation. Eigentlich bekäme er Unterstützung vom Staat. Dafür aber braucht man einen festen Wohnsitz – und den hat Fred nun mal nicht. Um sich eine bescheidene kleine Wohnung überhaupt leisten zu können, würde er die Sozialhilfe benötigen – eine Zwickmühle, die Fred auf seine ganz eigene Weise löst.
Der Stellplatz seines „Häuschens“ auf vier Rädern ist sinnfällig für die Situation des Mannes: Direkt am Meer gelegen und mit Blick auf das gegenüberliegende Dublin ist Fred einer der vielen Gestrandeten der Wirtschaftskrise, die die einstige Boom-Nation Irland fest im Griff hat. Wer hier auf Hilfe des augenscheinlich unfähigen bürokratischen Staatsapparates hofft, ist buchstäblich gefangen in den Mühlen eines absurden Paragraphendschungels, der mehr an Prinzipien als an Menschen und Schicksalen interessiert ist.

Aufgebrochen wird die Erstarrung der Situation ausgerechnet durch einen, dem es ebenso übel wie Fred ergeht – oder vielleicht sogar noch schlechter: Cathal (Colin Morgan) ist zwar um einiges jünger als Fred und hat eigentlich sein ganzes Leben noch vor sich. Doch der junge Kerl hat sein Leben längst aus der Hand gegeben und befindet sich in einem Teufelskreis aus Drogen, permanenten Geldnöten und üblen Typen, denen man besser nichts schuldig bleibt. Behutsam lernen sich die beiden Nachbarn – Cathals gelber Fiat steht auf dem gleichen Parkplatz wie der Wagen von Fred kennen und entwickeln ein starkes Gefühl der Freundschaft zueinander – es ist die Solidarität der Ausgestoßenen und Vergessenen der Gesellschaft, die sie miteinander verbindet.

Und dann, unerwartet, passiert noch etwas anderes, ein kleines Wunder, das für Fred so etwas wie den einzigen Hoffnungsschimmer in seiner desolaten Existenz darstellt: Er trifft die aus Finnland stammende Musiklehrerin Juliana (Milka Ahlroth) und wird fortan alles dafür tun, dass er ihr immer wieder begegnet – gleichwohl genau wissend, dass seine prekäre Lage kaum an so etwas wie eine gemeinsame Zukunft denken lässt.

Darragh Byrnes Debütfilm Parked, der den Hauptpreis des 60. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg gewann, ist zwar dank begnadeter darstellerischer Leistungen des Ex-Star Trek Chef-Ingenieurs Colm Meaney und des Teenie-Schwarms Colin Morgan (Merlin) ein größtenteils sehr bewegendes Drama über eine Männerfreundschaft in schwieriger Situation geworden. Perfekt aber ist der Film keineswegs geworden, was vor allem an einer Überdosis an beinahe permanenter und sehr gefühliger Filmmusik und an einem recht vorhersehbaren Drehbuch liegt, das zudem mit Klischees und recht platter Symbolik jedweder Art nicht gerade sparsam umgeht. Hinzu kommt eine Liebesgeschichte, die wie aus dem Lehrbuch konventioneller Spielfilm-Dramaturgie („Und wo ist das ‚love interest‘ Ihres Helden?“) abgeschrieben steht, und einige um Komik bemühte Szenen (etwa, als Fred sich im Schwimmbad an Wassergymnastik versucht, um Juliana nahe zu sein), die den Ton des Films auflockern sollen, sich aber wie Fremdkörper in der Geschichte ausnehmen, die besser ganz nah an ihren Figuren geblieben wäre. Die verfügen nämlich auch dank ihrer Darsteller über ein Potenzial, das der Film leider nicht an jeder Stelle zu nutzen weiß.

Parked - Gestrandet

Es beginnt, wie es endet: Auf einem Parkplatz am Meer steht ein schäbiger alter Mazda, der über und über beschmiert ist mit Beschimpfungen und Beleidigungen der übleren Sorte. Bis sich aus buchstäblich heiterem Himmel ein Greifarm herabsenkt und seine Zähne wie ein Monster in die Karre schlägt, sie hochhebt, um sie vermutlich endgültig zu entsorgen.
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