Open

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Zwischen den Geschlechtern

Als der junge Hermaphrodit Cynthia Gen und Jay kennen lernt ist er/sie fasziniert von deren einzigartiger Liebe. Die beiden sind pandrogyn. Das heißt sie verstehen sich als ein Mensch, als Einheit, fernab der geschlechtlichen Binarität. Gen und Jay sind eins. Deshalb passen sie ihre Gesichter und Körper per Schönheitsoperationen einander an und versuchen so in einem neuen Wesen zu verschmelzen. Und dieses Wesen ist genau wie Cynthia weder Mann noch Frau. Als sich das Paar für ein paar Tage von einander trennen muss, verlässt Cynthia umgehend ihren/seinen Mann und zieht mit Jay, dem zurückgebliebenen Teil der Gen/Jay Einheit durch die Lande. Während Jay stark unter der Trennung leidet, denn für ihn ist Gen ein Teil seiner selbst, genießt Cynthia die vermeintliche Zweisamkeit und verliebt sich Hals über Kopf.
In einer Parallelhandlung erzählt Open eine weitere Geschichte. Syd, ein junger Transmann trifft Nick, einen jungen schwulen Punker. Die beiden verlieben sich ineinander auch wenn Syd technisch gesehen noch eine Frau ist. Beide genießen ihre Jugend und ihre Sexualität bist Syd schwanger wird. Eigentlich hätten die Testosteron und Hormonspritzen, die Syd zur Umwandlung verabreicht bekommt dies verhindern sollen, doch jetzt ist das junge schwule Pärchen plötzlich in der Situation ein faktisch heterosexuelles Pärchen mit Nachwuchs zu sein.

Open ist ein Film, in dem der Zuschauer ständig einen Kampf mit sich selbst zu führen hat. Immer wieder wollen die Schubladen „Mann“ und „Frau“ im Kopf aufgehen und die Charaktere eine der beiden zuordnen. Doch es ist unmöglich. Cynthia, Gen, Jay und Syd sind weder noch. Oder alles gleichzeitig? Man kann die Augen nicht von ihnen lassen beim hoffnungslosen Versuch der geschlechtlichen Einordnung und erst nach einer Weile gelingt es diesen lächerlichen Versuch aufzugeben. Open sprengt diese Grenzen vollends und schafft damit Raum für eine neue Sicht auf die Liebe und die Sexualität. Dabei gelingt es dem Film keine Freakshow aus den Laiendarstellern zu machen, die sich hier so darstellen wie sie sind, sondern bewahrt stets deren Menschlichkeit und Intimsphäre.

Zwar ist der Film grundsätzlich ein Teil des klassischen Erzählkinos und berichtet abwechselnd von beiden Geschichten, die parallel zueinander stattfinden, doch gleichzeitig benutzt er eine stark avantgardistische Bildsprache. Diese wird ein wenig zu oft eingesetzt, ist aber grundsätzlich gut gemacht und hilfreich sich dem Thema zu nähern. Sie hebt die Geschichten auf eine künstlerische Ebene, in der Mann – frei nach Judith Butler die Performativität der Geschlechter auf einer Metaebene betrachten kann. Dass es Open gelingt dann trotzdem auch die persönlichen Ebenen, das Lieben, das Leiden und die Ängste seiner ProtagonistInnen zu beleuchten, verdankt der Film dem Feingefühl seines Erzeugers Jake Yuzna. Open ist das Erstlingswerk des jungen amerikanischen Filmemachers, der seine beiden Leidenschaften Kunst und Film hier versucht zusammen zu fügen.

Open

Als der junge Hermaphrodit Cynthia Gen und Jay kennen lernt ist er/sie fasziniert von deren einzigartiger Liebe. Die beiden sind pandrogyn. Das heißt sie verstehen sich als ein Mensch, als Einheit, fernab der geschlechtlichen Binarität. Gen und Jay sind eins.
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