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In einer heißen Nacht in Miami treffen Cassius Clay, Malcolm X, Sam Cooke und Jim Brown aufeinander und sprechen über ihre Leben als Afroamerikaner im Amerika der 1960er Jahre. Regina Kings „One Night in Miami“ serviert eine Geschichtsstunde der anderen Art.

One Night in Miami (2020)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Eine Nacht wie keine andere

Diese eine Nacht in Miami, von der Regina Kings Regiedebüt handelt, ist die Nacht vom 25. Februar 1964. Es ist die Nacht, in der der junge Cassius Clay Weltmeister im Schwergewicht wird, als er Sonny Liston besiegt. „One Night in Miami“ nimmt sich diesen Sieg zum Anlass, um, basierend auf Kemp Powers Theaterstück, ein Treffen zwischen den vier zu der Zeit wichtigsten afroamerikanischen Männern zu imaginieren.

Doch vor diesem Treffen erlaubt sich der Film vier kurze Episoden, die nicht die Männer als Ikonen vorstellen, sondern als Menschen, denen immer wieder — mal mehr, mal weniger offensichtlich — gesagt und gezeigt wird, dass sie in der amerikanischen Gesellschaft der 1960er Jahre nicht aufmucken sollten, sonst zeige man ihnen, wo sie hingehören. Und so folgen wir Sam Cooke (Leslie Odom Jr.), dem Mitbegründer der Soul-Musik, wie er von einem weißen Publikum ignoriert und ausgebuht wird, obwohl er einer der erfolgreichsten Musiker seiner Zeit ist. Aber er ist eben auch Afroamerikaner. Ähnlich ergeht es Jim Brown (Aldis Hodge), der als bester Footballspieler seiner Zeit gilt und trotzdem nicht einmal das Haus seines alten Coaches betreten darf, weil man Schwarze nicht reinlässt. Ähnlich wie Brown schützt der sportliche Erfolg den jungen Cassius Clay (Eli Goree), doch man wartet nur darauf, dass er einen Fehler macht. Den wittern viele in seiner engen Verbindung zu Malcolm X (Kingsley Ben-Adir), dessen Rolle in der Nation of Islam zu dieser bereits stark geschwächt war und den das FBI überwachte.

Zwei der vier Männer werden ein Jahr später bereits tot sein, doch noch ist es nicht soweit. Noch ist es eine heiße Sommernacht in Miami, und Cassius, der am folgenden Tag öffentlich bekannt geben will, dass er der Nation of Islam beitreten und sich Muhammad Ali nennen wird, hat gerade seinen Meistertitel gewonnen. Doch anstatt bei einer großen Party sitzen die Männer eingepfercht im Hotelzimmer von Malcolm X mit Vanilleeis und nur sich selbst. Ihre Freundschaften sind über die Jahre gewachsen. Sie achten sich, auch wenn sie unterschiedlicher nicht sein könnten, denn eines steht fest: Sie haben nur sich und sie sind alle in Gefahr, denn nichts hasst man mehr in Amerika als einen schwarzen, gebildeten, erfolgreichen Mann.

Und so dreht sich diese Nacht um viele Themen, aber vor allem um die Freiheit und den Kampf um die Bürgerrechte. Hier ist es vor allem Malcolm, der die anderen immer wieder anstachelt und auch vor den Kopf stößt, sieht er in ihnen doch mächtige Waffen für die Bürgerrechtsbewegung. Doch Jim, Cassius und vor allem Sam wollen keine Waffen sein. One Night in Miami ist ein imaginiertes Treffen dieser vier Giganten der afroamerikanischen Geschichte und erlaubt einen fundierten und vor allem differenzierten Blick auf die Bürgerrechtsbewegung, aber auch auf die individuellen Freiheitskämpfe und -bewegungen. Und dies ist sogar im Jahr 2020 noch immer ungewöhnlich.

Beim Anschauen entsteht die Frage: Wann sieht man eigentlich afroamerikanische Männer im Film jemals lang und ausführlich, eloquent und multidimensional über ihre Leben reden? So gut wie nie. Wann werden afroamerikanische Männer also Denker, als Politiker und als Männer mit Wunden, Ängsten und Begehren (nicht sexueller) Art dargestellt? One Night in Miami ist ein Stück Repräsentationspolitik für das Kino, welches sich immer noch schwer tut, Nicht-Weiße außerhalb von klischierten Rollen darzustellen. Zum anderen ist Regina Kings Film aber auch ein legeres, manchmal ein wenig zu gemächliches Werk, das dem differenzierten Denken und Erzählen Zeit und Raum gibt. Dass der Film dabei nicht über seine Theaterhaftigkeit hinweg kommt, ist streckenweise bedauerlich, wirkt das Ganze doch hier und da sehr zäh und ein wenig blutarm. Mehr Raum für Experimente und vor allem für die Entfaltung der Charaktere an sich hätten dem Werk auf jeden Fall gut getan. Man braucht Geduld. Und trotzdem lohnt es sich, denn vor allem Odoms Sam Cooke und Ben-Adirs Malcolm X geben alles, um ihre Figuren mit Ambivalenzen, aber vor allem Passion zu füllen, die den Film immer wieder vor der Verstaubung retten und eine brillante und bisher nicht da gewesene Geschichtsstunde im Kino unterbringen. Dafür lohnt es sich, Geduld und Muße aufzubringen.

One Night in Miami (2020)

In der Nacht des 25. Februars 1964 überrascht Cassius Clay – später bekannt als Muhammad Ali – die Sportwelt: Im Miami Beach Convention Center boxt er sich entgegen jeglicher Erwartungen zum Weltmeistertitel. Doch während die jubelnde Menschenmenge nach Miami Beach strömt, muss der junge Champion den Ort seines Triumphs aufgrund der gesetzlich verankerten Rassentrennung verlassen. Stattdessen verbringt er die Nacht im Hampton House Motel in einem afroamerikanischen Viertel und feiert mit seinen engsten Freunden: Aktivist Malcolm X, Sänger Sam Cooke und Football-Star Jim Brown. Beflügelt von Cassius’ Sieg sind sie wild entschlossen, eine neue Ära der Gleichberechtigung einzuläuten. Basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Kemp Powers erzählt der Film von einem fiktiven Treffen von vier Vordenkern, die mit ihren Visionen den Grundstein der Bürgerrechtsbewegung gelegt haben. 

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Meinungen

Bob · 06.10.2020

Ich freue mich so sehr auf diesen Film.