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Alkoholiker-Dramödie mit Frederick Lau, Nora Tschirner und mit einer Wette, dem Suff zu entsagen – die natürlich nicht gewonnen werden kann.

One for the Road (2023)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Trink, trink, Brüderlein trink

Mark (Frederick Lau) säuft. Ungefähr jeden Tag, er nennt es „feiern“. Er weiß auch, dass er dann nicht Auto fahren darf. Er parkt ja auch nur um. Da kommt die Polizei. Erster Gedanke: Anschnallen. Zweiter Gedanke: Leugnen. Dritter Gedanke: Mist, wie krieg ich meinen Führerschein wieder? Mark muss mit ein paar anderen Alkoholikern in den MPU-Kurs, geleitet von Herr Blau (pun intended! – Godehard Giese). Hier geht es nicht darum, einfach den Lappen wiederzubekommen, sondern darum, es nicht mehr dazu kommen zu lassen, bestenfalls zu Problembewusstsein. Formeln über die Blutalkoholmenge nach drei Bier; Trinkerkategorien – es geht Mark ziemlich am Arsch vorbei.

One for the Road ist der neue Film von Markus Goller, von ihm zusammen mit Oliver Ziegenbalg geschrieben – das Erfolgsteam hinter 25 km/h; und tatsächlich ist diese Alkoholiker-Dramödie durchaus treffend und witzig. Lau bringt es fertig, sowohl völlig fertig als auch sympathisch zu sein; ihm zur Seite steht Nora Tschirner als Helena, ebenfalls im MPU-Kurs und personifiziertes schlechtes Gewissen und Saufkumpanin in einem. Tschirner schafft es ja in all ihren Rollen, dermaßen schnoddrig-schlagfertig aufzutreten, als fielen ihr die Oneliner gerade im Moment ein; so auch hier mit ihrem frei flottierenden Sarkasmusmodus: „Warum der Kurs?“ – „Bin eingeschlafen an der Ampel.“ – „Besoffen?“ – „Nee, auf Speed.“ Oder die Instant-Erkennung eines ITlers: „Man kriegt den Nerd aus dem Rechenzentrum, aber nicht das Rechenzentrum aus dem Nerd.“ Und natürlich, aber auf andere Weise, ist auch Lau gut drauf, absolviert mal einen Tarzan-Sprung auf ein Trampolin und von da in ein Planschbecken: Alkohol beflügelt.

Und Alkohol ist super beschämend und entwürdigend. Morgens sitzt Mark da und pisst und weiß gar nicht, warum sich alle aufregen. Weil er eben das Klo mit Omas Sessel-Erbstück verwechselt hat. Er geht mit dem besten Freund Nadim (Burak Yiğit) eine Wette ein: kein Tropfen Alkohol mehr während des Dreimonatskurses. Helena gibt ihm vier Wochen. Sie hat recht.

Saufen ist zu schön, vor allem wenn man süchtig ist. Und allmählich rutscht der Film in eine Haltung mit erhobenem Zeigefinger – nicht zu sehr, aber eben doch deutlich. Besonders wenn Mark und Helena es jetzt wirklich probieren, wenn sie von den Saufkumpels zu  Entzugskumpels werden, sich gegenseitig unterstützen, telefonisch therapieren, Rad fahren und Mensch-ärgere-dich-nicht spielen. An sich schön, wie ihr Zusammenkommen nicht zu Erotik führt, sondern vom Alkohol wegführen soll; aber eben doch auch in klarer Fahrspur von „Alkohol? Kenn dein Limit!“

Flott ist der Film trotzdem und lustig, und an vielen Stellen auch direkt tiefgründig: Mark übt durchaus Verantwortung aus, als Bauleiter ist er der große Organisator; nur gegenüber seinem Leben und vor allem seinen Mitmenschen im Privatbereich, dafür reicht sein Verantwortungsvorrat nicht. Und im Schwimmbad, da wird er ausfällig, weil der alte Mann in der Bahn neben ihm gleichzieht: Es klappt eben nicht so einfach, den Alkohol mit Sport auszugleichen. Gesund leben, genervt sein, zum Arschloch werden – „Ich will nie gesund leben!“, versprechen drei Jungs, die zufällig Zeuge der Szene sind.

Aber natürlich muss sich ein Film mit diesem Thema an Vinterbergs Der Rausch messen, und dieser Film hat den großen Vorteil – und Vinterberg die große Souveränität –, dass es eben nicht um Alkohol geht, sondern um das Glück, das jeder so verzweifelt sucht. Da kann One for the Road nicht mithalten, so unfair es ist. Zumal zum dreiteiligen Happy End nicht nur eine begonnene Therapie und – überflüssigerweise – der Beginn der erotischen Komponente der Paarung Mark-Helena steht, sondern auch die Versöhnung mit den Eltern, schlicht weil Backstory essentiell und obligatorisch ist. Aber eben auch überdeutlich.

One for the Road (2023)

Mark (Frederick Lau) ist der ungekrönte König darin, regelmäßig dem Alkohol zu frönen. Dabei schlittert er anscheinend spielend leicht durch sein Leben als Bauleiter, der ihm auf einer Berliner Baustelle so einiges abverlangt, lustig fröhlichen Geschäftsessen und wilden Berliner Partynächten. Doch als er mit reichlich Promille im Blut sein Auto umparken will, passiert es: Polizeikontrolle! Damit hat sich der Führerschein erst mal erledigt und die verhasste MPU steht an. Aber da ohne Alkohol auskommen ja kinderleicht ist, geht er mit seinem besten Freund Nadim (Burak Yiğit) eine Wette ein, dass er es solange ohne das verführerische Getränk aushält, bis er seinen Führerschein wieder hat. Im MPU-Kurs lernt Mark dann Helena (Nora Tschirner) kennen, die genau die richtige für ihn scheint, um seine „Partnerin in crime“ zu sein. Doch der Weg aus der Sucht und der Gewohnheit ist lang und steinig. Und schließlich ist es am schwersten zu erkennen, dass man ein ernsthaftes Problem hat, das man nicht so einfach aus der Welt schaffen kann.

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