Nur für Personal! (2010)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Klassen- und Liebeskämpfe unter den Dächern von Paris

Nicht über die normale Treppe, ruft ihnen Madama Triboulet, die Concierge mit der tiefen Stimme und der beeindruckenden Figur hinterher, sondern über die schmalen Stiegen für die Dienstboten sollen sie gehen. Lachend nehmen die Frauen diese kleine Boshaftigkeit hin, schließlich sind sie zusammen und das allein ist es, was zählt. Sie stammen allesamt aus Spanien und arbeiten hier im fernen und kalten Paris als Dienstmädchen – auf Französisch „bonne“. Bon, also gut, ist auch Monsieur Joubert (Fabrice Lucchini), nur weiß er es noch nicht. Aber das ist eine Lektion, die dieser Film mit Leichtigkeit erteilt.

Joubert, der als Börsenmakler (natürlich einer von der guten Sorte) ein zufriedenes, aber ziemlich langweiliges Leben in Paris führt, ist kaum vorbereitet auf die Vitalität, die ihn da aus dem Süden ereilt. Gerade erst sind er und seine Frau (Sandrine Kiberlain) das alte französische Dienstmädchen losgeworden, die sich ein wenig zu sehr in das Leben der Familie Joubert einmischte. Und weil die „bonnes“, die Perlen aus Spanien gerade der „dernier cri“ im bourgeoisen Paris der frühen 1960er Jahre sind (und zudem „so sauber“, „so sparsam“, „so ordentlich“), besorgen sich auch die Joubert eine. Die hört auf den Namen Maria (Natalia Verbeke) und ist im Gegensatz zu den meisten anderen spanischen Perlen der Nachbarschaft keine Matrone, sondern eine hübsche junge Frau mit einigen Talenten. Das wichtigste davon besteht anfangs darin, dass sie es im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Germaine versteht, das Frühstücksei ihres Dienstherren so exakt „à point“ zu kochen, dass der gleich viel wohlgemuter zum Tageswerk schreiten kann. Natürlich ist dies nicht die einzige Wohltat, die Maria ihrem Arbeitgeber bereitet (wobei dies durchaus nicht unschicklich zu verstehen ist). Und weil Joubert im Grunde seines Herzens ein guter Mensch ist, erwacht neben seinem anfangs sehr zarten Interesse an Maria auch eine tiefe Anteilnahme an Teresa, Carmen, Dolorès und Concepcion, den anderen Frauen aus der sechsten Etage, wo die kleinen Dienstbotenkammern liegen.

Während Joubert in zunehmenden Maße mit den Domestiken fraternisiert und nach einander deren Toiletten und Finanzen in Ordnung bringt bzw. bringen lässt, wähnt die eher spröde und törichte Madame Joubert, die nichts vom guten Herzen ihres Mannes ahnt, jenen in den Fängen einer stadtbekannten Schwerenöterin. Von den Gefahren in der sechsten Etage ahnt sie nichts. Als es zum Streit zwischen den Eheleuten kommt und Joubert die gemeinsame Wohnung verlässt, zieht er in eine noch leer stehende Dienstbotenkammer ein und fühlt sich zum ersten Mal frei und unbeschwert, was nicht allein an der Romantik der Unterkunft liegt, sondern auch an der Nähe zu Maria.

Nur für Personal! ist nicht nur in den 1960er Jahren angesiedelt, sondern fühlt sich in seiner stockkonservativen Harmlosigkeit und unbeschwerten Romantik auch an wie eine Komödie aus jener Zeit. Mit viel Sinn für (Sozial)Romantik und unter weitgehender Umschiffung der Franco-Diktatur und anderer Verwerfungen dieser Jahre ist Philippe Le Guays Film ein Liebesmärchen mit sehr dezenten sozialen Untertönen, das am Ende immerhin mit einem Happy-End aufwarten kann. Und in dem gelingt die Überwindung von Standesunterschieden fast wie von selbst. Angesichts der elitären Zirkel in Frankreich, die gerade durch diverse Politikskandale ins Zwielicht geraten sind, ist das Ende das wirkliche Märchen dieser sympathisch-harmlosen Komödie — die Realität sieht leider immer noch anders aus.
 

Nur für Personal! (2010)

Nicht über die normale Treppe, ruft ihnen Madama Triboulet, die Concierge mit der tiefen Stimme und der beeindruckenden Figur hinterher, sondern über die schmalen Stiegen für die Dienstboten sollen sie gehen. Lachend nehmen die Frauen diese kleine Boshaftigkeit hin, schließlich sind sie zusammen und das allein ist es, was zählt.

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Meinungen

Martin Zopick · 03.11.2023

Ein durch und durch Feel-Good-Movie. Regisseur le Guay setzt auf den sanften Humor, den man still genießen kann und der einem so guttut, wie warmer Tee im Winter oder Eis im Hochsommer. Das Drehbuch schüttet das ganz große Füllhorn der Empathie über die Figuren aus. Es gibt keine unsympathischen Typen (die beiden Söhne tun richtig gut zur Abwechslung als Rotzlöffel vom Dienst!) und die dramatischen Klippen, in denen oftmals Ungemach oder gar der Tod lauerte, als die früher einmal Verliebten jetzt gelangweilten Ehepaare auf einander losgingen, sind vorbei.
Der Mann und die Frau können im 21. Jahrhundert frei wählen. Sie sind vernunftbegabte Wesen, die ihren Emotionen wie echte Hedonisten folgen. Insofern hat der Film sogar eine gewisse visionäre Aussage.
Hier verliebt sich der Makler Jean-Louis Joubert (Fabrice Luchini) in das neu eingestellte Dienstmädchen Maria (Natalia Verbeke). Seine erkaltete Ehe mit Suzanne (Sandrine Kiberlain) existiert nur noch auf dem Papier. Suzanne zickt zwar etwas rum als Jean-Louis in den 6. Stock zieht, wo das Dienstpersonal wohnt (Originaltitel). Hier lernt er das wahre, warmherzige Leben kennen und wird glücklich und frei. Alte Zöpfe werden hier abgeschnitten.
Die Jouberts trennen sich einvernehmlich, was nur am Rande erwähnt wird. Maria zieht zu ihrem kleinen Sohn nach Spanien und Jean-Louis führt ihr nach.
Was für ein herzerwärmendes Happy End, wenn beide sich sehen und lächeln…Schön!
Da fällt der ganze Schmonzes an Keilerei und Beschimpfungen von einem ab. Man vermisst nichts, ist nur etwas angenehm überrascht.
Die Noch-Ehefrau ist nicht die Furie, die ihren Besitz inklusive Ehemann mit Klauen und Zähnen verteidigt. Sie verschwindet einfach, nicht ohne sich für die gemeinsame Zeit zu bedanken. Aber auch dass nur am Rande. Soviel Nettigkeit kann man in unserer momentanen prekären Situation weißgott gebrauchen.

Bernhard Paris · 09.09.2011

Wer einmal in Paris gelebt hat und die Dienstmädchenzimmer (chambres de bonnes) in den 6. Stockwerken kennt (heute oft an Studenten vermietet), der wird den Film herrlich finden. Er stellt in der Tat gut das Leben in Paris bis in die 60er Jahre dar: Haupttreppenhaus für die reichen Leute, Holztrepplein dahinter für das Dienstpersonal. Von jedem Absatz kommt man direkt in die Küche, so dass das Personal nicht durch die Wohnung muss um zu arbeiten. Das waren Zeiten damals... Der Film ist sehr schön und lässt schön mit den Dienstmädchen mitfühlen...

María · 10.04.2011

Der Film ist toll, aber das Ende enttäuschend... Ich habe mir gleich wieder mein Spanisch-Buch rausgekramt und ein paar Lektionen wiederholt ^^