Nowhere Boy

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

John Lennons frühe Jahre

Über die Beatles ist wahrscheinlich schon alles erzählt worden, was das Leben im Rampenlicht der vier Pilzköpfe betrifft. Die frühen Jahre geben allerdings noch einiges Potenzial her, wie dieses Biopic beweist, in dem John Lennons Zeit vor seinem Weltruhm in den Mittelpunkt gestellt wird.
Teenager haben es nicht leicht. Schon gar nicht, wenn sie in den fünfziger Jahren in Liverpool aufwachsen und sich in einer konservativen Nachkriegsgesellschaft zurecht finden müssen. John Lennon (Aaron Johnson) ist einer von ihnen, und sehr früh rebelliert er gegen das Establishment, das den Rock’n’Roll als Teufelszeug und lange, zurück gegelte Haare bei Männern als ein Unding ansieht. Die Startbedingungen des jungen John sind nicht gerade optimal, denn seine leibliche Mutter Julia (Anne-Marie Duff) hat ihn im Alter von fünf Jahren verlassen und er wächst anschließend bei seiner pragmatischen aber recht lieblosen Tante Mimi (Kristin Scott Thomas) und deren Mann George auf. Als dieser plötzlich stirbt, erscheint überaschenderweise Julia auf dessen Beerdigung, was anschließend zu einem Treffen von Mutter und Sohn nach über zehn Jahren Abstinenz führt. John ist hingerissen von seiner leiblichen Mutter, die im Gegensatz zum strengen Regiment von Tante Mimi ein sehr freizügiges Leben führt und John in die Geheimnisse des Rock’n’Roll einführt. Bald besitzt John seine erste Gitarre und gründet die Band „The Quarrymen“, zu der kurz darauf ein niedlicher Junge namens Paul McCartney (Thomas Sangster) stößt. Zwischen Rebellion, Musikauftritten und Kunsthochschule kommt es zum unvermeidlichen Krach zwischen John und Julia, denn er kann es ihr nicht verzeihen, dass sie ihn damals verlassen hat. Nach einem emotionalen Gewitter versöhnt sich zwar die Familie, aber das Glück ist nur von kurzer Dauer, denn Julia wird bei einem Autounfall getötet. Erneut muss sich John mit Trauer und Verlust auseinandersetzen, was einem roten Faden in seinem Leben gleicht. Aber es lässt ihn nicht aufhören, Musik zu machen und den Traum von Ruhm vor Augen zu behalten. Nachdem sich „The Quarrymen“ aufgelöst haben, startet John mit einer neuen Band durch, deren Anfangsgeschichte 1960 in Hamburg beginnen wird…

Konsequent fällt nie der Name der Beatles, und der Film endet genau in dem Moment, als John sich von seiner Tante verabschiedet, um mit seiner „neuen“ Band in Richtung Hamburg aufzubrechen. Somit behandelt Nowhere Boy zwar eindeutig die Teenagerjahre des später weltberühmten John Lennon, kann aber auch als universelle Coming-of-Age Geschichte betrachtet werden, in der ein heranwachsender junger Mann gegen die verknöcherte Gesellschaft rebelliert und versucht, seinen eigenen Weg zu gehen. Anfangs fällt es zwar schwer, sich Aaron Johnson als John Lennon zu denken, aber je mehr der Film fortschreitet, und je stärker man sich auf ihn einlässt, umso größer wird die Ähnlichkeit zwischen dem heutigen Schauspieler und dem damaligen Musiker. Das gleiche gilt für den außergewöhnlichen Thomas Sangster, der den zurückhaltenden und musikalisch hochbegabten Paul McCartney darstellt.

Das verbindende Moment zwischen den beiden Teenagern, nämlich der frühe Verlust ihrer Mütter und die musikalische Arbeit auf gleicher Augenhöhe, wird in Nowhere Boy deutlich herausgearbeitet. Im Mittelpunkt der Story steht aber ganz klar der starke Einfluss von Mutter und Tante auf John Lennon und seine Zerrissenheit zwischen diesen beiden Frauen. Das Langfilm-Regiedebüt von Sam Taylor Wood (die nach den Dreharbeiten den Hauptdarsteller Aaron Johnson ehelichte) zeigt einen überaus emotionalen und eigenwilligen jungen John Lennon, der sich schon sehr früh seines Andersseins bewusst ist und mit allen Mitteln aus dem engen Korsett des Nachkriegs-Liverpool ausbrechen will. Nowhere Boy startet genau dreißig Jahre nach dem tödlichen Attentat auf John Lennon und wird ihm dadurch erneut ein unvergessliches Denkmal setzen.

Nowhere Boy

Über die Beatles ist wahrscheinlich schon alles erzählt worden, was das Leben im Rampenlicht der vier Pilzköpfe betrifft. Die frühen Jahre geben allerdings noch einiges Potenzial her, wie dieses Biopic beweist, in dem John Lennons Zeit vor seinem Weltruhm in den Mittelpunkt gestellt wird.
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