Log Line

Taiki Waititi nutzt eine wahre Geschichte für eine Sport-Story, in der statt Pathos und Heldenmut der Humor die Treffer setzt

Next Goal Wins (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Comedy auf dem Fußballplatz

Es ist tatsächlich passiert: Für die Weltmeisterschaft 2014 holte sich das laut FIFA-Liste schlechteste Team der Welt – Amerikanisch Samoa – einen erfahrenen Trainer, um endlich ein wenig besser abzuschneiden als zuvor. Tatsächlich gelang mit dem neu verpflichteten Trainer Thomas Rongen in der Qualifikation 2011 der erste Sieg in einem offiziellen Spiel überhaupt. Während andere Regisseure daraus vermutlich ein pathetisches Sportlerdrama gemacht und sich damit in eine lange Reihe ähnlicher Filme eingereiht hätten, ging der Neuseeländer Taika Waititi andere Wege: Nach dem mäßigen „Thor: Love and Thunder“ legt er mit „Next Goal Wins“ eine Komödie vor, die von ihren schrägen Charakteren und einem stetig zelebrierten Kultur-Clash lebt.

Thomas Rongen (Michael Fassbender) hat schon bessere Zeiten erlebt. Wegen seiner cholerischen Art verlor der ehemalige Fußball-Profi unlängst erneut einen Trainerjob, nun drückt ihm seine Ex-Frau Gail (Elisabeth Moss) ausgerechnet die Stelle des Coachs von Amerikanisch-Samoa aufs Auge, dem schlechtesten Team der FIFA-Historie. Rongen stellt sich der Herausforderung, muss aber bald feststellen, dass er mit seinen Standard-Methoden nicht zu den Spielern durchdringt. Die komplett andere Mentalität der Inselbewohner macht seinem auf Ehrgeiz und Siegeswillen basierende Philosophie immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Und am transsexuellen Mannschaftsmitglied Jaiyah (Kaimana) beißt sich der Coach ebenfalls die Zähne aus. Erst die langsame Annäherung von Trainer und Mannschaft macht aus dem Team langsam eine funktionierende Einheit. Aber reicht das für das erste Tor in der Fußball-Geschichte des Landes?

Für Fans von Taika Waititi ist Next Goal Wins ein typischer Film des Regisseurs. Die bisweilen lakonische Art, eine Story zu erzählen (Waititi schrieb am Drehbuch mit), und der trockene Humor, der stets dann aufpoppt, wenn die Geschichte pathetisch zu werden droht, sind klassische Elemente von Waititis bisheriger Arbeit. Dass die Geschichte auch noch einen wahren Kern hat, verleiht Next Goal Wins darüber hinaus eine Authentizität, die den Humor sogar noch verstärkt. Dennoch findet Waititi auch Raum für ernste, sogar traurige Momente. Aber auch das sorgt dafür, dass die Geschichte sich glaubhaft und emotional einladend präsentiert und zumindest ein paar der Charaktere mehr werden als reine Stereotypen. Dennoch offenbart der Film auch Schwächen.

Denn so witzig die Bemühungen des Inselstaates mitunter sind, ein funktionierendes Team auf die Beine zu stellen – wirklich spektakulär ist diese Geschichte nicht. Waititi und sein Co-Autor Iain Morris peppen das Geschehen zwar immer wieder mit originellen Einfällen ein wenig auf und wandeln bei den Dialogen stets sicher zwischen Pathos und Albernheit, etwas, das Waititi in früheren Filmen nicht immer gelungen ist, aber die eigentliche Story ist einfach nichts Besonderes. Dann kann auch Michael Fassbender nicht ändern, obwohl er sich mit sichtbarem Spaß durch die Handlung schimpft, flucht und ärgert. Dennoch gesteht ihm das Script die nötige Tiefe für einen echten, lebendigen Charakter, nur selten zu. So bleibt lediglich Kaimana, die ihre Rolle mit so viel Würde und Freundlichkeit ausfüllt, dass sie schnell zum heimlichen Star von Next Goal Wins avanciert. Die Figur dürfte zwar von manchen als Beweis für zuviel „Wokeness“ im US-Kino gesehen werden, tatsächlich beruht sie aber auf historischen Fakten – Amerikanisch Samoa hatte tatsächlich eine transsexuelle Spielerin in ihren Reihen. Waititi nähert sich diesem Thema angenehm unverkrampft und lässt dieser Figur so genug Platz zum Strahlen. 

Und so kommt es, wie es kommen soll: Zwar erreicht Next Goal Wins nicht immer die Herzen oder den Verstand des Publikums, aber doch meist eines von beiden. Das ist ab und zu berührend, oft lustig und immer unterhaltsam. Auch wenn der ganz große Wurf ausbleibt. Wer aber mit einem federleichten Film ins Kinojahr 2024 starten möchte, macht mit Next Goal Wins nichts falsch.

Next Goal Wins (2023)

Der niederländische Fußballtrainer Thomas Rongen übernimmt die amerikanisch-samoanische Fußballnationalmannschaft, die einst 2001 in einem WM-Qualifikationsspiel mit 0:31 gegen Australien verlor, um sie bei ihrem Traum, die Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 zu erreichen, zu unterstützen.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen