Nebenwege

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Trampelpfade und Holzwege

Da haben wir mal wieder den Salat – man soll den Tag nie vor dem Abend loben. Und das gilt leider auch immer wieder fürs Kino. Gerade noch konnte man sich freuen über Marcus H. Rosenmüllers Beste Chance, den Abschluss seiner Tandern-Trilogie, da folgt die Strafe bereits auf dem Fuße: Michael Ammanns bajuwarische Familientragikomödie bzw. Alzheimer-Dramödie (wie man’s nimmt) Nebenwege nimmt deutlich Anleihen an Rosis nach wie vor unerreichtem Kinoansatz – mit dem kleinen Unterschied, dass das Ergebnis wahrlich nicht zur Freude gereicht. Selbst wenn man bedenkt, welches Zielpublikum hier anvisiert wird, bleibt am Ende die Feststellung, dass es mal wieder ein Film in die Kinos geschafft hat, der im Fernsehen (zum Beispiel und vor allem im Bayrischen Rundfunk) viel besser aufgehoben wären, während man auf so manches filmische Highlight ja leider vergebens warten muss.
Nebenwege erzählt von einem familiären Trio, das sich auf verschiedene Weise fremd geworden ist und sich durch unvorhergesehene Umstände auf eine Reise begibt, an deren Ende sich alle gewandelt haben: Da ist zum Beispiel Richard (Roland Wisnekker), Mitte 40 und getrennt lebend von seiner Frau, der seiner heftig pubertierenden und von ihm sträflich vernachlässigten Tochter Marie (Lola Dockhorn) eigentlich ein schönes gemeinsames Wochenende versprochen hatte. Doch zuvor muss er nur noch mal eben schnell seine an Alzheimer erkrankte Mutter (Christine Ostermayer) in ein Heim bringen, weil es um sie nicht mehr allzu gut steht und sie das Leben ohne Pflege und Unterstützung einfach nicht mehr packt. So weit, so gut – nur hat sich die verwirrte Dame leider in den Kopf gesetzt, zu Fuß ins rund 200 Kilometer entfernte Altötting zu pilgern und dort die Madonna um Beistand anzuflehen. Und leider lässt sie sich durch nichts von diesem Plan abbringen, so dass sich Vater und Tochter zähenknirschend mit auf die Reise machen, die natürlich gepflastert ist mit seltsamen Ereignissen und profunden Erkenntnissen über familiären Zusammenhalt, gegenseitigen Respekt und all die anderen Zutaten, die gemeinhin als konstituierend für einen „Feel-good“-Film gelten.

Das Problem dabei: Dem vom BR mitproduzierten und von dem bislang für Daily Soaps (Verbotene Liebe, Gute Zeiten, schlechte Zeiten) zuständigen Michael Ammann umgesetzten Film merkt man die TV-Gene so deutlich an, dass man immer ein wenig das Gefühl hat, gerade seine Zeit im Kino zu vergeuden, wo doch der Film viel besser in der Glotze aufgehoben wäre. Denn dort kann man wenigstens um- oder besser noch ausschalten. Und dafür gibt es bei Nebenwege leider genügend Gründe: Ein folkloristisches Klischee jagt das nächste und die tattrige Oma kann ihre Alzheimer-Erkrankung scheinbar nach Belieben und den Anforderungen der Geschichte an- und ausknipsen. Überhaupt sind alle drei Protagonisten so herzzereißend unsympathisch geraten, das man ihnen schnell nicht das Beste, sondern eher einen schlimmen Unfall an den Hals wünscht, damit das Elend endlich ein Ende hat. Eine Pilgerfahrt ist mühsam? Das ist gar nichts gegen Filme wie diese. Die versprochenen Nebenwege erweisen sich in diesem Falle vor allem als Trampelpfade und Holzwege.

Nebenwege

Da haben wir mal wieder den Salat – man soll den Tag nie vor dem Abend loben. Und das gilt leider auch immer wieder fürs Kino. Gerade noch konnte man sich freuen über Marcus H. Rosenmüllers „Beste Chance“, den Abschluss seiner Tandern- Trilogie, da folgt die Strafe bereits auf dem Fuße:
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Meinungen

donygoj · 28.07.2014

.. schade! Auch eine negative Filmbewertung basiert bei kino-zeit sonst grundsäztlich auf profunden cineastischen "Argumenten", Wissen um Zusammenhänge, Entstehung und Film-Beteiligte und die eine oder andere mit dem Film begründete Emotion der Schreibenden. Solch ein boshaftes und fimisch dünn bis gar nicht oder sich wiederholend (der Film ist fürs TV und nicht für das Kino geeignet) begründetes Auskotzen negativer Emotionen wie zu "Nebenwege" habe ich jedoch als langjähriger, regelmäßiger user bei kino-zeit bisher noch nicht gelesen - ... und auch nicht vermisst. Lieber Joachim Kurz, ganz in Ihrem Stil empfehle ich: üben üben üben! Dann könnten Sie sich vielleicht das Niveau anderer Kritiker auf kino-zeit annähern- und bleiben nicht auf dem stehen, was es in jedem Filmmagazin eines Privatfernseh-Senders zu hören und zu sehen gibt. Oder ist Ihr Beitrag zu "Nebenwege" vielleicht ganz bewusst dafür gemacht?