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In „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ von Anthony Fabian begibt sich Lesley Manville als Engländerin nach Paris, um sich einen Traum zu erfüllen.

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ein funkelnder Stoff für Träume

Die 1958 veröffentlichte Novelle Ein Kleid von Dior von Paul Gallico wurde schon zweimal fürs TV adaptiert: 1982 als ARD-Produktion mit Inge Meysel und 1992 für das US-Fernseh-Network CBS mit Angela Lansbury. Dass sich die Geschichte über das zielstrebige Verfolgen eines Traumes aber durchaus auch für die große Leinwand eignet, zeigt nun der Regisseur Anthony Fabian mit seiner Kinoversion „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ mit der Oscar-nominierten Lesley Manville („Der seidene Faden“, „Another Year“) in der Titelrolle und einem Star-Ensemble, zu dem Isabelle Huppert, Jason Isaacs und Lambert Wilson gehören.

Erzählt wird von der Witwe Ada Harris, die sich im London der 1950er Jahre als Haushaltskraft durchschlägt. Als sie bei der wohlhabenden Lady Dant (Anna Chancellor) eine 500 Pfund teure Haute-Couture-Robe von Christian Dior erblickt, ist Ada so fasziniert von dem Kleidungsstück, dass sie den Entschluss fasst, ebenfalls ein solches zu erwerben. Mit ihrem mühsam zusammengesparten Lohn sowie einer überraschend ausgehändigten Kriegswitwenrente und ein bisschen Spielglück gelingt es ihr trotz eines herben Rückschlags schließlich, eine Reise per Flugzeug nach Paris anzutreten. Doch in der französischen Hauptstadt, deren Erscheinungsbild gerade von einem Streik der Müllabfuhr geprägt ist, muss sie erkennen, dass es gar nicht so leicht ist, Zugang zum Hause Dior zu erhalten und an das gewünschte Kleid zu kommen.

Bereits der Einführungsteil des Films in London zeichnet sich durch eine liebevolle Figuren- und Milieuzeichnung aus. Ada wird von ihren Kund:innen für ihre Gründlichkeit und Dezenz geschätzt – aber zugleich auch ausgenutzt. Die Freundschaft zu der ebenfalls als Haushaltskraft tätigen Vi (Ellen Thomas) wird voller Witz und Wärme eingefangen. Um Adas Verzauberung hinsichtlich der magisch glitzernden Dior-Robe zu erfassen, setzen Fabian und sein Kameramann Felix Wiedemann unter anderem auf den sogenannten Vertigo-Effekt (eine Kombination von Zoom und Kamerafahrt) und auf Zeitlupe: Das edle Kleidungsstück wirkt wie aus einem Traum und symbolisiert für Ada ein Stück Himmel auf Erden.

Dieser märchenhafte Charakter setzt sich im weiteren Verlauf des Plots fort. Ein Blick aus dem Flugzeugfenster offenbart natürlich direkt die Sicht auf den funkelnden Eiffelturm. Der zuvorkommende Marquis de Chassagne (Lambert Wilson) verschafft Ada nicht nur Zutritt zur Vorführung der neuesten Kollektion im Hause Dior, sondern nimmt sie auch mit auf einen idyllisch anmutenden Blumenmarkt und ins hübsch-frivole Cabaret. Mrs. Harris und ein Kleid von Dior ist ein Film, der fest an das Gute im Menschen glaubt. So erweisen sich der junge Dior-Buchhalter André (Lucas Bravo) als freundlicher Helfer und das noch unsichere Model Natasha (Alba Baptista) als sympathische Sartre-Leserin, die sowohl charakterlich als auch in ihrem Look an Audrey Hepburns Figur aus Stanley Donens Musicalkomödie Ein süßer Fratz (1957) erinnert.

Und selbst die von Isabelle Huppert herrlich pointiert verkörperte Dior-Direktorin Claudine Colbert, die der angereisten Ada zunächst mit einer gehörigen Portion Snobismus begegnet, macht hier eine Entwicklung durch, während sich das Modehaus von der überholten Idee einer strikten Exklusivität verabschieden muss. Der Film ist warmherzig, aber nicht naiv. Er bewegt sich in den klassischen Bahnen des Erzählkinos mit einer vertrauten Heldinnenreise und ist dabei doch nie langweilig und reizlos, sondern voller Charme und Empathie.

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior (2022)

Adaption des Bestseller-Romans von Paul Gallico, in dem sich eine Hausfrau in den 1950er Jahren in ein Kleid voN Dior verliebt und alles dafür tun würde, um in den Besitz dieses extravaganten Kleidungsstücks zu gelangen. 

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Meinungen

Daniela · 13.11.2022

Nettes, aber sehr kitschiges Märchen. Man sieht ständig das Gesicht der Protagonistin, die zu gut für diese Welt ist, in der Totalen. Nicht ganz glaubwürdige Charaktere, der Film hat aber einen gewissen Charme, passt in die Zeit vor Weihnachten.

Crazyhorse · 10.11.2022

Aus der Zeit gefallener 50er Jahre Film. Konservativ, betulich, überflüssig.

Andrea · 23.06.2022

Inge Meysel 1982 lässt Grüßen! Habe die Vorschau gestern im Kino gesehen. Der Film hätte auch für's streamen gereicht.

Martin · 07.08.2022

Die Sotry mag ab und zu ein wenig ins Zuckerige fallen aber nicht öfter als zB Amelie.
Es lohnt sich diesen Film anzusehen, wegen einer Sache: die absolut ausserirdische Leisting von Lesley Manville als Mrs Harris.
Der Film ist gute Unterhaltung, gut gemacht und mit fabelhaften Klamotten aber die Schauspielkunste, Mrs Harris auf ein Oscar-reifes Niveau zu bringen, verdient absolute Hochachtung.