Moonwalkers

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Sex, Drugs & Mondlandung

Eigentlich funktioniert gar nichts in diesem Film. Denn eigentlich reichen ästhetisch überladene Bilder, abgegriffene Inszenierungen von Acid-Trips und bemühte Hommagen an große Vorbilder nicht aus, um einen Film über den Exzess selbst exzessiv werden zu lassen. Eigentlich müsste es ermüden, einen weiteren ‚Stil-Film‘ über die wilden 68er zu sehen. Und doch – warum, verdammt, macht Moonwalkers so viel Spaß?
Im Jahr 1969 setzt die US-Regierung alles daran, als erste Nation einen Menschen auf den Mond zu schicken. Der globale Wettlauf spitzt sich zu, ein Scheitern steht nicht zur Debatte. Da aber das Vertrauen in die Apollo-Mission nicht gerade überwältigend ist, muss ein Plan B her: Vietnam-Veteran Kidman (Ron Perlman) soll in London Stanley Kubrick kontaktieren und von dem Dreh einer Fake-Mondlandung überzeugen, die im Falle des Scheiterns als Backup ausgestrahlt werden kann. Kidman gerät jedoch an den Hochstapler und Vollzeit-Loser Jonny (Rupert Grint), der sich als Kubricks Manager ausgibt. Als Jonny die Tragweite dessen erkennt, ist es bereits zu spät: Mit einer Gruppe von Hippies, Experimental-Künstlern und Möchtegern-Musikern muss Kidman die Mondlandung inszenieren – koste es, was es wolle.

Der traumatisierte Kriegsveteran Kidman, die eiserne Kampfmaschine, der Abgesandte der hohen Politik, trifft auf die wilde, freie, sorglose Hippie-Kultur der britischen Künstler-Szene. Woraus Moonwalkers seinen Humor generiert, dürfte kaum überraschen: Der ‚Fisch auf dem Trockenen‘, das beliebte, erprobte Mittel so vieler Komödien, soll sich auch hier bewähren. Der Rückgriff auf die visuelle Erzählung von Drogen-Erfahrungen und exzessiven Partys, das ironisch überdrehte Eintauchen in den Stil der späten 1960er Jahre, erlebt aus dem Blickwinkel des abgebrühten CIA-Agenten, der nicht anders kann, als sich seinen Umständen zu fügen – das alles ist nichts Neues.

Und so wenig erfrischend dieser Film also eigentlich anmutet – so überraschend viel Freude und Leichtigkeit sprüht dabei aus jeder Einstellung. Die große Leistung des Films ist vielleicht gar nicht in der Wahl seiner Bilder und Stoffe zu finden, sie ist vielleicht viel schlichter und gerade darum so genial: Moonwalkers erzählt die Geschichte eines Films, dessen Produktion zwischen den wirren Ideen eines Künstlers und dem kalten Kalkül eines Managers manövrieren muss. Er erzählt die Geschichte des ambitionierten Autorenfilms im Kampf gegen Produktionsauflagen, gegen Fremdbestimmung, für die künstlerische Autonomie. Es ist die Geschichte des Films im Spannungsfeld von Kunst und Kommerz – die alte, ureigene Geschichte des Films. Und darin ist es die Geschichte der Liebe zum Kino mit all seinen Widersprüchen.

Moonwalkers wird damit gerade nicht wegen seiner Partys und Drogen und Künstler-Ironie zum Fest – sondern wegen seiner Freude daran, genau dieser Film sein zu können, der es sich erlaubt, all das zu tun, was schlicht Spaß macht. Der mit beiden Händen aus der Truhe der Stile und Klischees schöpft, um mit vollem Enthusiasmus selbst noch den albernsten Couchtisch in Form einer lebensgroßen, lederbekleideten Domina zum Gegenstand seiner Inszenierung zu machen. Nichts in diesem Film ist lieblos, selbst die doch etwas fehlschlagenden Kubrick-Zitate fügen sich schließlich ein, in das große Fest, einfach Film sein zu dürfen. Moonwalkers zeigt allem Markt-Kalkül des Studio-Systems gerade in den Konventionen seiner Form den großen Mittelfinger, verweigert die Anpassung und – feiert einfach weiter.

Moonwalkers

Eigentlich funktioniert gar nichts in diesem Film. Denn eigentlich reichen ästhetisch überladene Bilder, abgegriffene Inszenierungen von Acid-Trips und bemühte Hommagen an große Vorbilder nicht aus, um einen Film über den Exzess selbst exzessiv werden zu lassen. Eigentlich müsste es ermüden, einen weiteren Stil-Film über die wilden 68er zu sehen. Und doch – warum, verdammt, macht „Moonwalkers“ so viel Spaß?
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