Menschen, Träume, Taten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Dorf der Utopisten

Ein Leben in Einklang mit der Natur, eine solidarische Gemeinschaft, in der der Eine für den Anderen einsteht, nachhaltiges Wirtschaften und Selbstversorgung – ist das alles überhaupt noch möglich? Oder sind wir nicht vielmehr viel zu weit in wirtschaftliche und gesellschaftliche Abhängigkeiten geraten, die Vorstellungen wie diese als Phantastereien von hoffnungslosen Träumern erscheinen lassen? In Menschen, Träume, Taten schildert Andi Stiglmayr das Leben in dem Ökodorf Sieben Linden in der Altmark in Sachsen-Anhalt, 150 Kilometer westlich von Berlin, in dem rund 80 Erwachsene und 30 Kinder in so genannten „Nachbarschaften“ zusammenleben. Jede dieser einzelnen Gemeinschaften legt für sich selbst die Regeln des Zusammenlebens fest, baut ein Haus, trifft Entscheidungen darüber, wie man sich ernährt, welche Initiativen man ergreift.
Obwohl der Regisseur Andi Stiglmayr ohne Zweifel große Sympathien für die Ökodörfler hat, sucht er auch immer wieder den Blick von außen, lässt die Bauern der benachbarten LPG oder Besucher von Sieben Linden zu Wort kommen. „Wie die Zigeuner“ würden die Bewohner der Ökogemeinschaft hausen, findet ein Nachbar. Doch wirkliche Feindseligkeit ist in den Worten nicht zu spüren, eher schon eine Art widerwilliger Respekt. Und auch so mancher Besucher von außerhalb muss seine Vorstellungen korrigieren und gesteht ein, dass er von der Atmosphäre und den konkreten Lebensumständen positiv überrascht worden sei. Doch auch die Probleme der Gemeinschaft klingen an, zum Beispiel das Zusammenleben mit Kindern, deren größtenteils antiautoritäre Erziehung manchem kinderlosen Bewohner offensichtlich ziemlich auf die Nerven geht. Und dies sind nicht die einzigen Konfliktpotenziale, die die Gemeinschaft mit sich herumträgt: Der Umgang mit Tieren und deren Ausbeutung als Arbeitsgerät oder Futterlieferant birgt ebenfalls Zündstoff in sich: Wenn eine „Friedenszone für Tiere“ oder eine „schlachtungsfreie Zone“ nicht durchgesetzt werden kann, die einigen Bewohnern ein zentrales Anliegen ist, deutet sich eine Spaltung der Gemeinschaft an. Wie überhaupt die unterschiedlichen Vorstellungen der Bewohner und die Differenz zwischen „Träumen“ und der tatsächlichen Umsetzung in Taten die Bewohner von „Sieben Linden“ immer wieder an ihre Grenzen treiben. Und so ist das Ökodorf kein starres Gebilde, sondern eine Mikrogesellschaft im steten Wandel, die die Gefahr des Scheiterns in sich birgt.

Auch wer die sehr konsequenten Haltungen und Überzeugungen der Bewohner von Sieben Linden nicht teilt – die Beharrlichkeit und Flexibilität der Ökodörfler, ihr Erfindungsreichtum und der Wille zur solidarischen Gemeinschaft sind durchaus dazu angetan, in mancherlei Hinsicht als Vorbild für die Gesellschaft zu dienen. Und sei es nur im Bezug darauf, dass man es unbedingt probieren sollte, seine eigenen Träumen und Utopien zu verwirklichen. Und seien sie noch so schwer zu erreichen.

Menschen, Träume, Taten

Ein Leben in Einklang mit der Natur, eine solidarische Gemeinschaft, in der der Eine für den Anderen einsteht, nachhaltiges Wirtschaften und Selbstversorgung – ist das alles überhaupt noch möglich? Oder sind wir nicht vielmehr viel zu weit in wirtschaftliche und gesellschaftliche Abhängigkeiten geraten, die Vorstellungen wie diese als Phantastereien von hoffnungslosen Träumern erscheinen lassen?
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