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Eine Filmvorführungs-Tour an der französischen Küste wird für einen aufstrebenden Regisseur zu einer amourösen Odyssee – und für uns zu einem melancholischen Vergnügen.

Mein Leben mit James Dean (2017)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Club der Cinephilen

Der junge Filmemacher Géraud Champreux (Johnny Rasse) aus Lyon wird an einen kleinen Küstenort in der Normandie eingeladen, um dort sein Indie-Werk „Mein Leben mit James Dean“ vorzustellen; zudem soll es zwei weitere Screenings im Umkreis geben. Das klingt nach Glamour – oder zumindest nach einer großen Wertschätzung für seine Arbeit.

Doch zunächst kommt alles irgendwie anders. Während der Busfahrt stiehlt ihm ein Kind sein Mobiltelefon, vor Ort weiß kaum jemand, wo hier überhaupt ein Kino sein soll – und als Géraud das Lichtspielhaus, welches an ein Spielcasino angeschlossen ist, endlich findet, ist das Personal über die geplante Filmpräsentation gar nicht informiert. Da sein Werk weder eine Komödie noch ein US-Actionstreifen ist, werde es ohnehin kein Publikum anziehen, meint der Sicherheitsmann Jimmy (Yannick Bequelin). Im Hôtel de Calais wurde zwar immerhin ein Zimmer für Géraud reserviert – die Rezeptionistin Gladys (Juliette Damiens) ist allerdings in puncto Servicebereitschaft wenig vorbildlich und von der Veranstalterin Sylvia van den Rood (Nathalie Richard), die ihn eingeladen hat, fehlt jede Spur.

Als am Abend nur eine einzige Besucherin (Françoise Lebrun) zur Präsentation erscheint, betrinkt sich Géraud bis zur Besinnungslosigkeit, wird aber von dem jüngeren Filmvorführer Balthazar (Mickaël Pelissier) und Gladys sicher zu Bett gebracht. Am nächsten Morgen taucht Sylvia auf, von Liebeskummer völlig zerstört; außerdem gesteht Balthazar Géraud seine plötzlich entflammten Gefühle für ihn – und auch Sylvias Geliebte Louise (Marie Vernalde), Balthazars Vater Maxence (Bertrand Belin) und Gérauds angereister Lover sowie Hauptdarsteller Ludwig (Tancredi Volpert) werden Teil der Irrungen und Wirrungen, die sich während Gérauds Aufenthalt ereignen.

Es dauert nur wenige Minuten, bis man sich im Kosmos von Mein Leben mit James Dean – dem dritten Langfilm des 1959 geborenen Drehbuchautors und Regisseurs Dominique Choisy – rundum wohlfühlt: Die satirisch angehauchte Komödie zeichnet sich durch eine Leichtigkeit aus, ohne dabei albern oder schönfärberisch zu sein. Alles ist von einer gewissen Melancholie durchzogen, von (zunächst) unerwiderten Empfindungen, von enttäuschten Erwartungen, von einem Idealismus und einer Liebe, die der Realität nicht standhalten können, und doch ist das Treiben in diesem Küstenstädtchen ungemein amüsant. Wenn Johnny Rasse – der ganz erstaunlich an den jungen Robert Downey Jr. erinnert – als ambitionierter Cineast Géraud mit traurigen Augen in die Welt schaut, oder wenn Mickaël Pelissier und Nathalie Richard in ihren Rollen als Balthazar und Sylvia an ihren Passionen schier zu verzweifeln drohen, ist das herzzerreißend und aberwitzig zugleich.

Der Schauspielstil lässt in manchen Passagen an die komödiantischen Schöpfungen des Spaniers Pedro Almodóvar denken – etwa wenn mehrere Figuren einander ziemlich auffällig und ungelenk durch die Straßen verfolgen. Äußerst intensiv wird es indes, wenn es zu einem überraschenden familiären Wiedersehen kommt oder eine sehr zärtliche Zombie-Liebesfantasie eingefangen wird; auch die Rezitation eines Monologs aus Anton Tschechows Stück Die Möwe, mit welcher Gladys Géraud davon überzeugen will, sie für sein nächstes Projekt zu besetzen, ist wunderbar. Von Gérauds aktuellem Leinwand-Werk hätte man durchaus gerne mehr gesehen – die wenigen Ausschnitte lassen eine herrlich prätentiöse, moderne Jean-Genet-Hommage erahnen.

Dominique Choisys Film drückt eine leidenschaftliche Liebe zum Kino aus, vor allem aber eine Liebe für Leute wie Géraud und Sylvia, die ihrerseits das Kino lieben. In das mit alten Plakaten hübsch dekorierte Büro der Kino-Programmgestalterin Sylvia möchte man direkt einziehen. Das alles macht Mein Leben mit James Dean zu einem Fest der Cinephilie, welches sowohl lustig und wehmütig als auch empathisch und sexy ist.

Mein Leben mit James Dean (2017)

Der junge Regisseur Géraud Champreux wird eingeladen, seinen ersten Spielfilm „MEIN LEBEN MIT JAMES DEAN“ vorzustellen. Doch vor Ort, an der Küste der Normandie, widmet er sich der Natur und anderen Ablenkungen, wodurch er beinahe die Vorführungen seines Filmes verpasst. Doch die Inspirationen, die er hier findet, sind ihm wichtiger und machen alles andere entbehrlicher…

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