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In „Mein fabelhaftes Verbrechen“ stürzt François Ozon sein Personal in eine wunderbar absurde und doppelbödige Krimi-Farce.

Mein fabelhaftes Verbrechen (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

3 Frauen

In der Musical-Krimikomödie „8 Frauen“ (2002) konfrontierte der 1967 in Paris geborene Regisseur François Ozon auf Basis eines Theaterstücks von Robert Thomas einige der bekanntesten französischen Schauspielerinnen, darunter Catherine Deneuve, Isabelle Huppert und Fanny Ardant, auf einem abgelegenen Landsitz in bester Agatha-Christie-Manier mit einem Mord. Auch in seinem neuen Werk „Mein fabelhaftes Verbrechen“ stehen weibliche Figuren – diesmal ein Trio – im Zentrum. Abermals geht es um einen Todesfall. Und wieder beruht das Skript auf einer Bühnenvorlage: Mon Crime (1934) von Georges Berr und Louis Verneuil.

Im Mittelpunkt des Geschehens befinden sich die Mitbewohnerinnen Madeleine Verdier (Nadia Tereszkiewicz) und Pauline Mauléon (Rebecca Marder), die mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Sie sind mit mehreren Monatsmieten im Rückstand; der Hausbesitzer übt gehörig Druck aus. Doch Madeleine, die mittellose Schauspielerin, und Pauline, die arbeitslose Anwältin, scheinen einfach kein Glück zu haben. So will Madeleines Freund André Bonnard (Édouard Sulpice) eine andere Frau heiraten, da sein Vater (André Dussollier), ein reicher Unternehmer, Madeleine niemals für eine gute Partie halten würde. Sacrebleu!

Und dann droht alles sogar noch schlimmer zu kommen: Ein Produzent, der Madeleine in seiner Villa bedrängt hat, wird mit einer Kugel im Kopf aufgefunden. Die Hauptverdächtige? Natürlich Madeleine! Statt alles abzustreiten, entwickeln die beiden Frauen indes einen kühnen Plan: Madeleine gesteht die Tat, die sie nicht verübt hat, gegenüber dem überheblichen Ermittlungsrichter Rabusset (herrlich: Fabrice Luchini) – und plädiert vor Gericht mit Pauline als Verteidigerin auf Notwehr. Madeleine wird freigesprochen und avanciert zum gefragten Kinostar. Plötzlich taucht allerdings die Stummfilmdiva Odette Chaumette (Isabelle Huppert) auf, die das Verbrechen tatsächlich begangen hat und sich nun um den ihr gebührenden Ruhm betrogen fühlt.

In seinem rasanten Tempo lässt Mein fabelhaftes Verbrechen an die Screwball-Komödien jener Ära denken, in der die Handlung angesiedelt ist. Die Künstlichkeit des Stoffes wird sowohl vom Drehbuch als auch von der Inszenierung stets betont. Die Figuren sind bewusst überzeichnet und neigen zum Pathos („Ich bin seit 24 Jahren unglücklich!“). Wenn der (mögliche) Tathergang geschildert wird, fangen Ozon und sein Kameramann Manu Dacosse die Rückblenden in überbelichteten Schwarz-Weiß-Bildern auf 16-mm-Film im Seitenverhältnis 4:3 ein, um die Anmutung eines Stummfilms zu erzeugen. Die übrigen Sequenzen des Werks sind derweil farbenfroh-poppig – und damit nicht zuletzt eine Feier des aufwendigen Produktions- und Kostümdesigns.

Wie schon in seinem großen Hit aus dem Jahre 2002 nutzt Ozon auch hier sehr clever das Genre der (Krimi-)Komödie als Plattform für Gesellschafts- und Sozialkritik. Der wendungsreiche Plot und die superben Dialoge des beinahe 90 Jahre alten Theaterstücks werden mit modernen Aspekten verbunden, indem Themen wie Sexismus und Machtmissbrauch im Kulturbetrieb stärker in den Fokus rücken. Bei aller Nonchalance, mit der das Treiben dargeboten wird, vermögen die Spitzen auf die noch immer existierenden Zustände, denen sich insbesondere junge Schauspielerinnen in der Branche ausgesetzt sehen, doch zielsicher zu treffen. In den artifiziellen Kulissen und der prächtigen Ausstattung lässt sich somit nicht nur stilvolle Spielerei, sondern auch viel Wahrheit entdecken.

Die Protagonistin Madeleine erweist sich als geborene Schauspielerin, wenn sie etwa im Gerichtssaal ihr Publikum sowie die Geschworenen zu begeistern versteht. Auch in diesen Momenten finden Theatralik und Wahrhaftigkeit perfekt zueinander. Nadia Tereszkiewicz und ihre Kolleginnen Rebecca Marder und Isabelle Huppert ziehen uns mit ihrer spürbaren Spielfreude in die bunte, nostalgisch wirkende Kinowelt hinein, um uns dort dann lustvoll, aber bestimmt auf aktuelle Bezüge hinzuweisen.

Mein fabelhaftes Verbrechen (2023)

Paris in den 1930er-Jahren. Die hübsche, aber erfolglose Schauspielerin Madeleine Verdier wird überraschend des Mordes an einem berühmten Filmproduzenten bezichtigt. Auf Anraten ihrer besten Freundin, der arbeitslosen Anwältin Pauline, bekennt sie sich schuldig, obwohl sie das Verbrechen gar nicht begangen hat. Es folgt ein Aufsehen erregender Prozess, in dem die clevere Pauline auf Notwehr plädiert und Madeleine prompt freigesprochen wird. Plötzlich ist sie ein Star und wird mit lukrativen Rollenangeboten überschüttet – bis zu dem Tag, an dem die wahre Mörderin auftaucht und ihr Stück vom Kuchen einfordert.

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Meinungen

Monika fahrenkamp · 15.08.2023

Hinreißender Film, zum 2xansehen.! So wie beschrieben haben wir das fabelhafte Verbrechen auch erlebt. Mille Grazie dem Regisseur, den Schauspielern, der Musik, der Ausstattungä, dem Einfallsreichtum , der Komödie mit auch ernstem Hintergrund.

Marina komogovski · 29.08.2023

Herrlich anzusehen. Wunderbar die Dialoge. Witzig, spritzig und doch such ernst.