Masterminds (2015)

Eine Filmkritik von Patrick Holzapfel

Filmisches Furzkissen

Man muss sich nicht stören an fehlenden Expositionen. Schließlich hat man oft genug die gleichen Figuren in den gleichen Lebensumständen gesehen und es ist angenehm, wenn ein Film sofort zur Sache kommt. In einer Komödie, zumal einer auf realen Personen basierenden Komödie, die ihre abstruse Figurenzeichnung auf die Spitze treibt, wäre eine Exposition dennoch wünschenswert. Ganz einfach weil es einem beim Lachen hilft, wenn man die Personen und ihre Lebensumstände kennt. Masterminds etabliert seinen Anal-Fäkal-Humor dagegen nur für jene Zuseher, die von Anfang an eine Art Pakt mit dem Film schließen. Beinahe könnte man meinen, dass der Film ein Sequel ist, so schlampig führt er ein in eine Welt, die er schlicht als gegeben voraussetzt.

Der reale, zweite Loomis-Fargo-Raub aus dem Jahr 1997 dient als Vorlage für die neue Groteske von Jared Hess, dem Filmemacher hinter Napoleon Dynamite, Gentlemen Broncos und Nacho Libre. David Ghantt (Zack Galifianakis), ein Sicherheitsmann des Unternehmens Loomis Fargo lässt sich von einer Gruppe Krimineller und vor allem der ehemaligen Mitarbeiterin Kelly (Kristen Wiig) zu einem scheinbar äußerst einfachen Coup überreden. Dabei werden über 17 Millionen Dollar entwendet und es beginnt eine zum Scheitern verurteilte Flucht nach Mexiko. Die Ausgangslage ist klar: Eine Gruppe von Personen, die eigentlich zu einfältig und verplant für ein derartiges Unterfangen ist, zieht einen der größten Diebstähle der amerikanischen Geschichte durch. Dabei geht es der einen Seite um Strippenzieher Steve (Owen Wilson) um Reichtum, der anderen Seite, die von Ghantt alleine vertreten wird, um Liebe. Dazwischen steht Kelly, die ganz typisch solcher Plots zu ihrem eigenen Glück finden muss, um herauszufinden, was sie will.

Hess, der hier nicht verschleiern kann, dass er zum ersten Mal nicht gemeinsam mit seiner Frau Jerusha Hess das Drehbuch geschrieben hat, staffelt die Graduierungen der Einfältigkeit hin zur Spitze des Bescheuerten, die in der behäbig-explosiven Körperlichkeit von Galifianakis ihren Ausdruck findet. In seinem Körperspiel, das vor allem in jenen Szenen zum Ausdruck kommt, die man mit einer Thriller-Farce umschreiben könnte, entsteht eine Energie im Film, die sich sonst in den gewohnt statischen Bildern von Hess nicht recht herstellt. So hängt Galifianakis mit Skates an der sich drehenden Leiter eines Pick-Up-Vans, als er sich erst auf die Flucht begeben hat, nachdem sein potenzieller Mörder ihn darum gebeten hat. An anderer Stelle läuft er mit Bündeln voll Geldscheinen, die er sich im wahrsten Sinne des Wortes in den Arsch gesteckt hat, über einen Flughafen. Immer wieder verkleidet er sich und wird mit aberwitzigen Looks und Frisuren präsentiert. Dazu hört man seine Stimme, die immer so klingt, als wolle sie nicht erklingen. Durch diesen Gegensatz aus Jason-Bourne-Spoof und lethargischer Schwerfälligkeit entstehen einige tolle Situationen. Es ist schade, dass Hess sich immer wieder mit platten Gags helfen will, wie einem feuchten Furz in einem Swimmingpool. Seine Darsteller hätten das weder nötig, noch haben sie es verdient. Es geht hier nicht darum, dass solcher Humor prinzipiell nicht gut ist, nur er wirkt wie die Perücken und Verkleidungen der Figuren beständig so, als müsse etwas versteckt werden. Als würde jemand mit einer Stoppuhr neben dem Schneidetisch sitzen und immer wieder nach einigen Sekunden einen Gag fordern. Egal, ob Figuren und Film dafür bereit sind oder nicht. Masterminds ist ein filmisches Furzkissen, in dem niemand die Arbeit machen will, das Kissen auf den Stuhl des Lehrers zu legen.

Ein Raubüberfall basierend auf wahren Gegebenheiten, die amerikanische Provinz, Räuber, die eigentlich mit allem überfordert sind, das alles erinnert ein wenig an den neuen Film von Steven Soderbergh, Logan Lucky. Nur liegt Soderberghs Stärke in einer geradezu eleganten Einführung verschiedener, bisweilen ähnlich kurioser Handlungsebenen, die er mit seiner gewohnten Parallelmontage verbindet, wogegen Hess keinen Rhythmus findet, keinen Blick auf seine Situationen und Figuren, der nicht zwanghaft nach einem Lacher sucht. Erstaunlich, dass Soderbergh selbst in Sachen Slapstick deutlich effektiver agiert als Hess. Bezeichnend, dass die beste Szene in Masterminds ein mit Jump-Cuts zusammengefügtes Fotoshooting mit Ghantt und seiner Verlobten Jandice (Kate McKinnon, der einige Szenen gehören) ist. Dort geht es nur darum, dass jede Pose ein neuer Gag ist und Hess kann sich das Zusammenfügen sparen.

Wenn am Ende reale Figuren gezeigt werden, auf denen jene des Films basieren, ist das der einzig wirklich witzige Moment des Films. Denn hier wird unfreiwillig und doch voller Überzeugung behauptet, dass das, was man gesehen hat, etwas mit der Realität zu tun hat. Es wäre lustig, wäre es nicht so lächerlich.
 

Masterminds (2015)

Man muss sich nicht stören an fehlenden Expositionen. Schließlich hat man oft genug die gleichen Figuren in den gleichen Lebensumständen gesehen und es ist angenehm, wenn ein Film sofort zur Sache kommt. In einer Komödie, zumal einer auf realen Personen basierenden Komödie, die ihre abstruse Figurenzeichnung auf die Spitze treibt, wäre eine Exposition dennoch wünschenswert.

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