Love Steaks (2013)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Liebesenergien

„Ein Masseur. Eine Köchin. Ein junges Paar aufs Maul.“ Das ist die offizielle Inhaltsangabe im offiziellen Filmfest-München-Katalog und tatsächlich trifft das Love Steaks ziemlich gut: direkt, handlungsmäßig einfach, aber mit ungeheurer Energie geladen. Love Steaks drückt in jedem Bild einen unbedingten Willen zum Filmen aus, zum Erzählen genau dieser Geschichte, komme, was da wolle. Durchaus wörtlich zu verstehen: Jakob Lass und sein kleines Team haben in einem Hotel an der Ostsee gedreht, während des normalen Geschäftsbetriebes, mit Hotelangestellten, die sich in den Nebenrollen selbst spielen. Aufgefangen in einer flexiblen, durchaus auch wacklige, aber nicht beliebig zittrigen Kamera — dogma-style. Nicht umsonst nennt Lass seine Produktionsfirma Fogma, beginnt mit dem nächsten Konsonanten nach dem D.

Clemens fängt neu an im Wellnessbereich, lernt die Duftessenzen kennen, die Massagetechniken, das Wegschaufeln der Energie, das Handtuch, das man sich dezent vors Gesicht hält, wenn sich die Kundinnen entkleiden. Lara ist im Küchenteam gut aufgehoben, mit all den Neckereien der jungen männlichen Kollegen, denen sie spitzzüngig und wortgewandt Paroli bietet, mit denen sie auch ab und zu ein Schnäpschen teilt. Clemens ist tapsig, schüchtern, ungewandt; er darf im Hotel wohnen, in der Putzkammer, wo Zimmermädchen und Kellner jederzeit Zutritt haben, auf Matratzenlager, aber ohne Toiletten. Lara ist ein flippiges Partygirl, hippelig und trinkselig, frech und ohne Hemmungen.

Clemens ist völlig verstört von einem Verführungsversuch einer älteren Kundin, wie soll er reagieren, wenn sie ihm in den Schritt fasst? Sie hat ja bezahlt! Lara lacht den Polizisten rotzig ins Gesicht, die sie wegen Trunkenheitsfahrt festnehmen. Nichts kann ihr etwas anhaben.

Dass sich zwischen den beiden etwas entwickelt, liegt an Laras ironischer Lebenseinstellung: Clemens, der nuschelnde Spacko mit Hasenscharte, wird von ihr umworben, er strahle den puren Sex aus, sagt sie bei der Massage, wir müssen uns aneinander reiben, um die Stimmung positiv aufzuladen, fordert sie ihn auf, los mach doch mit, sie lecken sich die Gesichter: Es ist ein Spiel für sie, nichts Ernstes, gar nichts ist ernst. Sie führt aus, was ihr einfällt, Clemens muss ihr folgen. Auch und gerade, weil er ihren Alkoholismus erkennt. Eine wahre „amour fou“.

Jakob Lass hat Dutzende Stunden Film gedreht in diesem Hotel, um daraus diese Liebesgeschichte herauszuschälen, die Story vom Zarten und von der Harten, die lediglich an einem etwas zu gewollt englisch-metaphorischen Titel krankt. Love Steaks — das bezieht sich am direktesten auf eine unglaubliche Liebesszene in der Küche, Lara, die Spielerische, interessiert sich für Penisse, hat Clemens einen Fleisch- oder einen Blutschwanz? Und wie reagiert der bei Kälte? Sie packt den nackten Clemens in der Kühlkammer in Fleischpackungen, klemmt ihm Vakuumpackungen mit Steaks um den Körper, zwischen die Beine, eine Szene von großer Intimität und totalem Unernst. Das Uneigentliche ist Laras Element, auch beim Sex, auch, wenn sie über sich erzählt. Ist das Ironie, Neckerei, Lüge? Gibt sie gar nichts von sich preis? Clemens ist ihr ausgeliefert, er ist der Standfeste, unschuldig, naiv, tollpatschig und aufrichtig. Ein Mann mit einer Mission: Er will sie heilen von ihrer Sucht. Und von ihren starken Energien, die sie und ihr Leben bestimmen, die auch sein Leben zu bestimmen suchen. Massage, Esoterik, Ayurveda sollen helfen, ein Ritual mit Strohbündeln am Strand, einem magischen Kreis, Meditation, Entspannung, Beruhigung.

Darüber vergisst Lass nicht das Drama, eine liebesmelodramatische Katastrophe; und die Komödie, die sich aus den wechselseitigen Fallhöhen der Liebenden ergibt, aus ihrer Interaktion mit sich und der Umwelt; und aus den mit Lust spielenden Laien, vor allem der Hotelmanager, der mit klarer Kante und trockenem Humor das Regiment führt.

Am Ende bricht alles heraus, die Energie entlädt sich in einem brutalen Kampf am Strand nach todesmutigem Sturz die Klippen hinunter, ein Ausbruch dynamischer Action: Sie prügeln miteinander, raufen sich zusammen bis zum blutigen Zusammensein.
 

Love Steaks (2013)

„Ein Masseur. Eine Köchin. Ein junges Paar aufs Maul.“ Das ist die offizielle Inhaltsangabe im offiziellen Filmfest-München-Katalog und tatsächlich trifft das „Love Steaks“ ziemlich gut: direkt, handlungsmäßig einfach, aber mit ungeheurer Energie geladen. Love Steaks drückt in jedem Bild einen unbedingten Willen zum Filmen aus, zum Erzählen genau dieser Geschichte, komme, was da wolle.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

daniel · 25.07.2016

frisches,faszinierendes deutsches kino,dass sich vom oft beliebigen einheitsbrei hiesiger regisseure deutlich abhebt!
alles andere als enttäuschend!sind sie sicher,dass sie den richtigen film gesehen haben,herr wollenfeld?

Thomas Wollenfeld · 17.07.2014

Leider enttäuschend :-(