Losers and Winners

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Ästhetik des Verschwindens

Es ist schon eine bizarre Ausgangssituation, die den Anlass für das Entstehen des Filmes Losers and Winners von Ulrike Franke und Michael Loeken gab: Nach gerade mal acht Jahren Betriebszeit wurde im Jahre 2000 die Kokerei „Kaiserstuhl“ in Dortmund stillgelegt, und das obwohl die 1,3 Milliarden DM teure Anlage als eine der modernsten der Welt galt. Der Grund für die kurze Laufzeit: Angesichts der weltweiten Konkurrenz auf dem Stahlmarkt galt die Kokerei nicht mehr als rentabel, längst haben Stahlproduzenten in Asien und anderswo die Führung auf dem Weltmarkt übernommen. Und so war es auch kein Wunder, wenn sich bald darauf bereits Käufer aus Fernost für den stillgelegten Industriekomplex fanden – ein chinesisches Unternehmen hatte sich bereit gefunden, die Kokerei zu kaufen, in seine Einzelbestandteile zu zerlegen und ins ferne China zu verfrachten.
Die beiden Regisseure Ulrike Franke und Michael Loeken haben die eineinhalbjährige Demontage des Komplexes mit der Kamera begleitet und daraus einen facettenreichen Film über die alltäglichen Seiten der Globalisierung gedreht, über das Zusammentreffen verschiedener Kulturen, über neue Chancen und verloren gegangene Perspektiven. Da sind einerseits die rund 400 chinesischen Arbeiter, die in einem Wohncontainerdorf in Dortmund für einen begrenzten Zeitraum eine kleine chinesische Insel mitten im Ruhrgebiet errichtet haben, ihre Lebens- und Arbeitsumstände, ihre Träume und Wünsche, ihr Stolz auf die chinesische Nation, aber auch ihre kleinen privaten Sorgen. Sie sind die scheinbaren Gewinner in dem Spiel, das sich Globalisierung nennt. Auf der anderen Seite sind da die wenigen verbliebenen deutschen Arbeiter, die den Prozess der Demontage begleiten – sie sind die „Verlierer“ der Globalisierung. Und das nicht nur deshalb, weil mit dem Verschwinden der Kokerei Kaiserstuhl ihnen im wahrsten Sinn des Wortes ihr Arbeitsplatz abhanden kommt, sondern weil damit auch ein wesentliches Stück Identifizierungspotenzial verloren geht. Der berühmte „Pulsschlag aus Stahl“, der über lange Zeit die Arbeit und das Denken im Ruhrgebiet bestimmt hat, wird schwach und schwächer.

Ein eindringlicher, stiller und genau beobachteter Film über die Globalisierung und ihre Auswirkungen, ein Werk, das beide Seiten verstehbar macht und das zum Nachdenken anregt.

Losers and Winners

Es ist schon eine bizarre Ausgangssituation, die den Anlass für das Entstehen des Filmes [b]Losers and Winners[/b] von Ulrike Franke und Michael Loeken gab:
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