Lolo - Drei ist einer zuviel (2015)

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Wie bei Hofe

Ein einfältiger, wenngleich wohlhabender Mann macht sich in seiner Liebe zu einer angesehenen Pariserin zum Gespött des Hofes. Mit diesem Ausgangspunkt schuf Molière für seinen König Ludwig XIV eine Parvenü-Posse. Julie Delpy, die ebenso wie das große französische Theatergenie schreibt, inszeniert und spielt, gewinnt aus der Prämisse eine romantische Komödie in der Jetztzeit. Im Mittelpunkt von Lolo — Drei ist einer zu viel steht aber nicht ein tollpatschiger Mann, sondern eine einsame Mittvierzigerin, an deren Snobismus die Torschlusspanik nagt. Das ist so gut beobachtet wie das geradezu aristokratische Prestigegehabe des gehobenen Bürgertums. Dass der Mann aber für die Posse sorgen soll, bekommt dem Film nicht.

Schick, hübsch, nur vielleicht etwas zu wetterwendisch – so mag Biarritz im französischen Südwesten dem ahnungslosen Touristen erscheinen. Für Violette (Julie Delpy), die in Paris Modenschauen organisiert, ist der Küstenort bloß ein Provinzkaff mit zurückgebliebenen Menschen. Als sie des Informatikers Jean-René (Dany Boon) mit den abstehenden Ohren ansichtig wird, schaudert es sie. „Dumm fickt gut“, gibt indes Freundin Ariane (Karin Viard) zu bedenken. Violette gibt ihr am nächsten Tag beim Schaufensterbummel recht. Jean-René habe wirklich „einen großen Schwanz“. Sonst sei da aber nichts. Aber Ariane wird Violette eine Woche nicht sehen, und als sich Violette am Bahnhof von Jean-René verabschiedet, ist klar, dass sie verliebt ist. Es ist intelligent und vergnüglich, wie sich entlarvendes Bild und großspurige, auch vulgäre Rede wechselseitig dementieren. Julie Delpy hat in dieser Hinsicht viel vom Walk and Talk, vom trügerisch beiläufigen Schlendern und Schwafeln eines Richard Linklaters gelernt, mit dem sie drei Filme drehte. Und sie hat als Verstärkungsraum für die Neurosen ihrer Heldin ein höfisch wirkendes Paris zur Verfügung.

Ist nicht die Modewelt, in der sich Violette bewegt, ohnehin das, was vom Repräsentationszauber des Absolutismus am sichtbarsten übrig geblieben ist und in der Bourgeoisie fortlebt? Karl Lagerfeld, der eine Gastrolle absolviert, steht als Ersatz-Sonnenkönig einem Hof von Bürgerlichen mit arrogantem Distinktionsbewusstsein vor. Mit seinen Ohren, mit seinem Namen, seinem angeblich schlechten, aber eigentlich nur normalen Geschmack fällt Jean-René da total durch. Violette sehnt sich nach seiner Gegenwart und schämt sich doch gleichzeitig für ihn.

Wo ein Hof ist, ist auch ein Intrigant. Als der betätigt sich Violettes knapp zwanzigjähriger, künstlerisch dilettierender Satansbraten von Sohn. Der titelgebende, eifersüchtige Lolo (Vincent Lacoste) will den Freund seiner Mutter mit allen Mitteln vertreiben. Dany Boon hört nicht auf, überraschend und angenehm zurückhaltend zu agieren. Aber Juckpulver in seinen Kleidern, ein mehrfach gebrochener Arm, ins Bett geschmuggelte Blondinen und mehr geben nicht nur seine Figur, sondern auch den Film der Albernheit preis. Um die fein erspürten sozialen und emotionalen Konflikte ist es sehr schade.
 

Lolo - Drei ist einer zuviel (2015)

Ein einfältiger, wenngleich wohlhabender Mann macht sich in seiner Liebe zu einer angesehenen Pariserin zum Gespött des Hofes. Mit diesem Ausgangspunkt schuf Molière für seinen König Ludwig XIV eine Parvenü-Posse. Julie Delpy, die ebenso wie das große französische Theatergenie schreibt, inszeniert und spielt, gewinnt aus der Prämisse eine romantische Komödie in der Jetztzeit.

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