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Penelope Cruz versucht als Mutter von drei Kindern, den Anschein einer glücklichen Familie aufrecht zu erhalten, doch die Fassade bröckelt – nicht erst, als ihr ältestes Kind mit seiner Geschlechtsidentität hadert.

L'immensità - Meine fantastische Mutter (2022)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Mamma Mia!

Rom in den 1970er Jahren: Clara Borghetti (Penelope Cruz) hat es satt, dass ihr Mann sie so rücksichtslos betrügt. Felice (Vincenzo Amato) hingegen will sich auf keinen Fall von seiner Frau trennen. Immerhin haben sie drei gemeinsame Kinder, und welchen Eindruck macht das denn auf die Nachbarn, die Kollegen und den Chef!? So hat Clara in der schicken Neubauwohnung am Stadtrand zwar alles Materielle, was ein Hausfrauen-Herz begehren könnte, doch glücklich ist sie keineswegs.

Felice nimmt seine Frau kaum noch wahr, das einzige Thema, das er mit ihr hat, ist die Kindererziehung und wie schlecht sie sich dabei anstelle. Voller Kummer stürzt sich Clara daher umso mehr in die Liebe zu ihren Kindern. Dabei scheint sie beinahe zu übersehen, dass ihre Älteste Adriana (Luana Giulani) sich überall in der Stadt als Junge vorstellt. Wo Clara ungeniert die Waffen einer Frau einsetzt, will die 12-Jährige die Veränderungen in ihrer Pubertät nicht akzeptieren, sieht sich gar als Kind von Aliens.

Wie immer ist Penelope Cruz eine Wucht, eine Naturgewalt. Die Mutter der 1970er Jahre deckt sich bestimmt in einigen Teilen mit den Erinnerungen, die wir an unsere eigenen Mütter, Tanten, Großmütter haben. Immer ein bisschen zu stark geschminkt und das eigene Licht ein bisschen zu sehr unter den Scheffel gestellt: Hauptsache die Fassade bleibt erhalten. Adriana bemerkt ganz zu Recht: „Du schminkst dich nur, wenn du ausgehst oder du geweint hast.“ Ein Satz, der eine ganze Generation beschreibt.

Demgegenüber steht die Figur des Trans-Kindes, was es vor 50 Jahren kaum gab, bestenfalls gut versteckt, denn vom Erhalt der Fassade einer gutbürgerlichen Vorzeigefamilie konnte zu dieser Zeit mit einem gendervarianten Kind wohl kaum die Rede sein. Adriana oder – wie sie sich vorstellt – Andrea (im Italienischen ein Name für Jungen) sucht noch ihren/seinen Platz in der Gesellschaft. Noch ist nicht die Rede von Transidentität. Was aber unmissverständlich ist, ist Claras Liebe zu ihrem Kind – die ist bedingungslos! Ob Mädchen, Junge oder doch ein Alien vom anderen Stern. Die Heiligkeit der Liebe zur und von der Mutter kommt noch in vielen kleinen Details zum Tragen, seien es die religiösen Bilder im elterlichen Schlafzimmer oder der allgegenwärtige Blick von der Wohnung auf den Petersdom. 

Die musicalhaften Szenen bringen die Handlung jedes Mal ein bisschen ins Stocken und untermalen den künstlichen Charakter, den diese Familie angenommen hat. Zweifellos eine Hommage an die heile Schlagerwelt der 1970er. Regisseur Emanuele Crialese hat mit diesem autobiographisch angehauchten Film den Frauen ein Denkmal gesetzt, die, wie seine eigene Mutter, sich ganz für das Wohlergehen anderer hingegeben haben.

L'immensità - Meine fantastische Mutter (2022)

Rom in den 1970er-Jahren: Clara und Felice Borghetti beziehen mit ihren drei Kindern eine neue Wohnung in einer kürzlich errichteten Mehrfamilienhaussiedlung. Obwohl sie ein Appartement im obersten Stock mit weitem Ausblick über die italienische Hauptstadt erhalten, ist die familiäre Idylle getrübt. Clara und Felice lieben sich nicht mehr, können sich aber nicht zu einer Trennung überwinden. Die einsame Clara flüchtet sich in ihre Rolle als Mutter und widmet sich intensiv ihren drei Kindern. Die älteste Tochter Adriana droht die brüchige Familienbande endgültig zu zerreißen. Die 11-Jährige stellt sich den unbekannten Nachbarskindern bewusst als Junge vor.

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