Lila, Lila

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Hochstapler wider Willen

David ist ein ausgezeichneter Kellner, der unauffällig und ruhig seine Gäste bedient. Dumm nur, dass ihn diese beiden Attribute auch im Privatleben auszeichnen, so dass er keine Chance bei den Frauen hat und von den Männern nicht ernst genommen wird. Als er auf die schöne Marie trifft, hat er spontan eine Idee, wie er ihre Aufmerksamkeit erregen kann…
David (Daniel Brühl) ersteht auf dem Flohmarkt eine alte Kommode, in deren Schublade er ein Romanmanuskript eines gewissen Alfred Dusters findet. Mit einer Flasche Rotwein bewaffnet verschlingt er in seiner sentimentalen Stimmung jede Zeile dieses augenscheinlich unveröffentlichten Werkes und kommt auf die glorreiche Idee, sich vor Marie (Hannah Herzsprung) als der Verfasser des Manuskripts auszugeben. Der Trick funktioniert, denn sie als Literaturstudentin ist von dem romantischen Stoff und vor allem von der Qualität des Schreibens schwer beeindruckt, und die Liebesgeschichte zwischen David und Marie findet ihren Anfang. Was David zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt, ist, dass Marie das Manuskript bei einem Verlag eingereicht hat. Trotz aller Bemühungen einer Veröffentlichung entgegenzutreten, wird David Kern über Nacht zum literarischen Shootingstar, der die Postmoderne radikal beendet und wird zum Hoffnungsträger der deutschen Gegenwartsliteratur. Was das genau ist, weiß der tollpatschige Möchtegernliterat natürlich nicht, und Lesungen, Talk-Shows und Interviews geraten zum Desaster. Seine Unbeholfenheit bei öffentlichen Auftritten wird allerdings als sympathische Künstlerattitüde angesehen, die ihn noch mehr in die Herzen der begeisterten Leser trägt, bis eines Tages ein gewisser Alfred Duster alias Jacky (Henry Hübchen) ein Autogramm von ihm haben möchte …

Die Romanvorlage des Bestseller Lila, Lila von Martin Suter wurde stellenweise stark verändert, was dem Film aber keinen Abbruch tut. Im Gegenteil, denn gerade die Umgestaltung des Endes ist wie ein roter Faden, der sich durch den ganzen Film zieht. Die Verfilmung von Literatur ist immer ein großes Risiko, denn meistens sind die Leser von der Kinoadaption enttäuscht. Dadurch, dass von Anfang an die Idee im Raum stand, dass sich zwar der Roman im Film widerspiegeln, aber gleichzeitig ein eigenständiges Werk geschaffen werden sollte, ist den Machern von Lila, Lila diese böse Falle erspart geblieben. Auch Leser des Romans dürften an dieser geistreich-witzigen Komödie, die zudem den Kunst- und Kulturmarkt sowie die Macht der Medien in Frage stellt, ihre wahre Freude haben. Ganz im Stile von Alles auf Zucker oder Good Bye, Lenin! werden gesellschaftliche Phänomene amüsant und ironisch unter die Lupe genommen, und auch die Romantik kommt durch die Liebesgeschichte zwischen David und Marie nicht zu kurz. Der Film wartet mit urkomischen Szenen auf, beispielsweise die, in der sich David mit seiner Lese- und Schreibschwäche immer wieder mit dem Wort „Rendezvous“ abmüht, Jacky sich auf Kosten anderer durchschnorrt oder Marie mehr stolpernd als gleitend mit den Schlittschuhen über die Eisbahn eiert.

Daniel Brühl, der bereits die Hörbuchfassung zu Martin Suters Lila, Lila eingesprochen hat, war die erste Wahl zur Besetzung des schüchternen und ungewollt ins Rampenlicht tretenden David Kern. Wie er mimisch die Verunsicherung des Shootingstars umsetzt, wenn er beispielsweise auf das riesige Podium der Volksbühne tritt, ist umwerfend. Auch Henry Hübchen als abgehalfterter Jacky übertrifft sich selbst, und seine Berliner „Schnauze“ inklusive seines gefärbten Bartes geben ihm eine verwegene Außenwirkung, die konträr zu der verträumten und intellektuellen Hannah Herzsprung als Marie steht. Diese drei Protagonisten ergänzen sich fantastisch und versprechen somit den Film zur Winterkomödie des Jahres werden zu lassen.

Und wer sich auf Spurensuche nach der 50er-Jahre-Lounge „Esquina“ begeben will, der Berliner Bar, in der David Kern in der Verfilmung arbeitet (anders, als in der Romanvorlage, die in der Schweiz spielt), der kann das am U-Bahnhof Bayerischer Platz machen. Um einmal Filmatmosphäre zu genießen, lohnt sich der Blick durch die Schaufensterscheiben allemal, nur, dass die Räumlichkeiten zur Zeit leer stehen. Aber wie durch ein Wunder sieht man dort gerade eifrige Bautätigkeiten. Wer weiß, vielleicht eröffnet ja ein findiger Unternehmer pünktlich zum Starttermin des Filmes dort doch noch ein Café?

Lila, Lila

David ist ein ausgezeichneter Kellner, der unauffällig und ruhig seine Gäste bedient. Dumm nur, dass ihn diese beiden Attribute auch im Privatleben auszeichnen, so dass er keine Chance bei den Frauen hat und von den Männern nicht ernst genommen wird. Als er auf die schöne Marie trifft, hat er spontan eine Idee, wie er ihre Aufmerksamkeit erregen kann…
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Meinungen

Filmfreakin · 18.12.2009

Die Überraschung des Jahres, unglaublich komisch, intelligent und unterhaltsam. Kann man jedem empfehlen und genau richtig für die Jahreszeit.

Ludmilla · 06.10.2009

Ich habe den Film am Zürcher Filmfest gesehen. Toller Film. Romantisch, aber nie zu kitschig. Lustig, aber nie peinlich. Unterhaltend und doch tief. Sehr gute Unterhaltung.