Le Silence de Lorna

Eine Filmkritik von Red.

Folgt der dritte Streich der Dardenne-Brüder?

Zweimal die Goldene Palme bei den Filmfestspielen von Cannes entgegen zu nehmen, das war bislang nur den Gebrüdern Dardenne vergönnt, die die Auszeichnung im Jahre 1999 für ihren Film Rosetta und sechs Jahre später für Das Kind / L’Enfant erhielten. Doch trotz dieser Erfolge gelten die beiden Regisseure aus Belgien als sperrig, die Wertschätzung von Kritikern und Jurymitgliedern schlägt sich bislang nur wenig in Zuschauerzahlen nieder – anscheinend ist dies das Los echter Filmkunst, vor allem dann, wenn sie mit hohem gesellschaftlichem Anspruch und nüchternem Realismus zu Werke geht.
Lorna (Arta Dobroshi), eine junge, aus Albanien stammende Frau, die von einem eigenen Imbiss mit ihrem Freund Sokol (Alban Ukaj) träumt, wird zum Bestandteil eines teuflischen Komplotts, das der Mafioso Fabio ausgeheckt hat: Sie soll den Junkie Claudy (Jérémie Renier, der bereits in Das Kind / L’Enfant mitspielte) heiraten, um in den Besitz der belgischen Staatsbürgerschaft zu gelangen. Anschließend  — so der Plan weiter – plant Fabio den als Überdosis getarnten Mord an Claudy, damit Lorna dann einen russischen Mafioso heiraten kann, der dann ebenfalls in den Genuss der belgischen Staatsangehörigkeit kommt. Doch es gibt einen Unsicherheitsfaktor: Wird Lorna wirklich Stillschweigen bewahren und sich dadurch der Mittäterschaft schuldig machen?

Lars-Olav Beier vergleicht bei Spiegel Online den Film mit jenem Werk der Dardennes, dass 2005 die Goldene Palme gewann und stellt fest: „ War L’Enfant ein Film über einen Mann, der alles zu Geld macht und keinerlei Moral hat, so ist Lorna einfach ein guter Mensch, der nicht lügen und betrügen kann. Die Dardennes zeigen eine Frau mit reinem Herzen in einer korrupten Welt; das könnte peinlich sein, pathetisch, kitschig. Doch Arta Dobroshi wirkt als Lorna nie wie eine Heilige, sondern wie eine Frau, die ihrem Gewissen folgt, weil sie nicht anders kann, weil es in ihrer Natur liegt. Und die Dardennes beobachten sie dabei ruhig, konzentriert, aus respektvoller Nähe.“

Christina Nord in der taz merkt an: „Ihr Wettbewerbsbeitrag Le silence de Lorna (Lornas Schweigen) schafft es […], eine tiefe Erschütterung ins Bild zu setzen — ohne Pathos und ohne den falschen Humanismus, der so oft am Werk ist, wenn Filme von Menschen am unteren Rand der Gesellschaft handeln. Es ist eine Erschütterung, die daher rührt, dass diese Menschen mehr als nur ihre Arbeitskraft zu Markte tragen müssen.“

Weniger euphorisch kommt der Film in der Süddeutschen Zeitung an, bei der man lesen kann: „Der Film beginnt stark, verliert aber gegen Ende den Faden und hat nicht die von den Dardennes gewohnte Konsequenz und Intensität.“

Glenn Kenny lobt den Film in seinem Blog „Some came running“ und beschreibt La Silence de Lorna / Lorna’s Silence als „genauso nuanciert, überraschend und bewegend“ wie Das Kind / L’Enfant. Außerdem bescheinigt er den beiden Filmemachern, dass sie immer wieder „Filme von solch unangreifbarer Könnerschaft“ drehen würden, dass es ein „klein wenig vorhersehbar“ wäre.

Justin Chang von Variety lobt das „unvergleichliche Talent“ der beiden Brüder und schreibt, dass nur „wenige Regisseure ihre geduldigen Zuschauer so reich belohnen“ würden.

Mike Goodridge bezweifelt in Screen International, dass dem Film ein größerer Publikumserfolg beschieden sei, was vor allem „an dem harten Thema und der Zweisprachigkeit des Films“ liege.

Le Silence de Lorna

Zweimal die Goldene Palme bei den Filmfestspielen von Cannes entgegen zu nehmen, das war bislang nur den Gebrüdern Dardenne vergönnt, die die Auszeichnung im Jahre 1999 für ihren Film Rosetta und sechs Jahre später für Das Kind / L’Enfant erhielten.
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