Lawrence von Arabien

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Pfingstmontag, 25. Mai 2015, 3sat, 20:15 Uhr

An Feiertagen wartet das TV-Programm traditionell gern mit berühmten und beliebten Klassikern auf, und daran hat sich auch innerhalb der langen Fernsehgeschichte hierzulande kaum etwas geändert. Dabei präsentiert die populäre Zwanziguhrfünfzehn-Sendezeit immer noch bevorzugt Filme für die ganze Familie, auch wenn sich deren Gewohnheit eines vereinten Abends vor einer einzigen Flimmerkiste sicherlich inzwischen zumindest verflüchtigt hat. Eine gute Gelegenheit, am Pfingstmontag ein paar gemeinsame Stunden vor der Glotze zu verbringen, stellt die Ausstrahlung des immens erfolgreichen Kultfilms Lawrence von Arabien bei 3sat dar, der zudem schon allein mit seiner illustren Schauspielertruppe von Peter O’Toole über Alec Guinness bis zu Anthony Quinn und Omar Sharif ein nostalgisches Fernseherlebnis der Extraklasse bietet und durchaus geeignet ist, mit seiner packenden Intensität auch heutzutage ein junges Publikum anzusprechen.
Über den Briten Thomas Edward Lawrence (1888-1935), besser bekannt als „Lawrence von Arabien“, ranken sich bis heute die unterschiedlichsten Mythen und Gerüchte, und seit der Regisseur David Lean 1962 die spannende wie tragische Geschichte dieses Archäologen, Schriftstellers und Geheimagenten als bildgewaltiges Epos mit der imposanten Musik von Maurice Jarre inszeniert hat, sind einige davon wirkungsmächtig mit diesem Spielfilm verknüpft. Lawrence von Arabien wurde seinerzeit neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen mit sieben Oscars prämiert und weltweit zu einem Zuschauermagneten, wobei sich das Gesicht, die Gestalt und die Charakterzeichnung von Hauptdarsteller Peter O’Toole mit unwiderstehlicher Vehemenz über die recht kargen Vorstellungen von der historischen Persönlichkeit gebreitet haben – ein Phänomen, das selbst bei ganz hervorragenden Biopics mit geschichtlichem Hintergrund nur selten vorkommt.

Als britischer Offizier während des Ersten Weltkriegs in Kairo stationiert reist der junge T. E. Lawrence (Peter O’Toole) im Auftrag seiner Regierung auf die Arabische Halbinsel, um dort die politischen und militärischen Pläne und Aktionen des Beduinenführers Prinz Faisal (Alec Guinness) gegen die osmanische Herrschaft zu beobachten und zu unterstützen. Dort trifft er auch auf den einflussreichen Kämpfer Sherif Ali (Omar Sharif), der nach anfänglichen Konflikten zu einem engen Freund des Briten wird, der durch sein Engagement, seine Selbstdisziplin und seinen Respekt der arabischen Kultur gegenüber allmählich das Vertauen der Verbündeten gewinnt. Die Wüste, deren Landschaften, Lebensstil und Menschen bald zu einer Art Heimat für Lawrence werden, avanciert zum visuell ungeheuer beeindruckenden Szenario einer stark emotional geprägten Männergesellschaft, deren Charaktere mit ergreifender Ambivalenz zu Identifikationsfiguren stilisiert werden.

Auch wenn Regisseur David Lean (Die Brücke am Kwai, Reise nach Indien) und seine Drehbuchautoren Robert Bolt und Michael Wilson ihre fiktive Vision von T. E. Lawrence basierend auf seinen autobiographischen Aufzeichnungen Die sieben Säulen der Weisheit reichlich mit romantisierenden und heroischen Aspekten ausgestaltet haben, gelingt ihnen dennoch eine in ihrer formalen wie dramaturgischen Ausprägung so ungewöhnliche wie faszinierende Abenteuererzählung mit Ecken, Kanten und Brüchen jenseits der üblichen Gefälligkeitsstrukturen derartiger Stoffe. Dabei entsteht ein großzügiger Raum für abgrundtief menschliche Verzweiflungen und Freundschaften, Träume und Tragik sowie Kämpfe und Kontemplationen, die den Zuschauer jenseits der Karl-May-Mentalität, die in den 1960er Jahren einen filmischen Boom erlebte, mit beachtlicher Sensibilität in eine fremde Ferne entführt.

Lawrence von Arabien

An Feiertagen wartet das TV-Programm traditionell gern mit berühmten und beliebten Klassikern auf, und daran hat sich auch innerhalb der langen Fernsehgeschichte hierzulande kaum etwas geändert. Dabei präsentiert die populäre Zwanziguhrfünfzehn-Sendezeit immer noch bevorzugt Filme für die ganze Familie, auch wenn sich deren Gewohnheit eines vereinten Abends vor einer einzigen Flimmerkiste sicherlich inzwischen zumindest verflüchtigt hat.
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