Late Bloomers

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Alt zu werden ist nicht schwer...

Uiuiui, ist Isabella Rossellini aber alt geworden, denkt man sich in der ersten Minute des Films. Und damit wären wir auch schon beim Thema. Denn jeder wird alt, selbst so wunderschöne Diven wie sie. Natürlich auch man selbst. Nicht umsonst sagt man „Alt werden ist nichts für Schwache“. Late Bloomers auch nicht, denn er beleuchtet mit schon fast schmerzhafter Präzision den Übergang vom erwachsenen zum alten Menschen. Und das sind Dinge, mit denen man sich eigentlich nicht so gern beschäftigen möchte, vor allem nicht in solch einer Detailgenauigkeit — wäre da nicht immer wieder dieser aufblitzende Humor, der die Drastik des Themas mildert, ohne es zu verwässern.
Mit einer sanften, aber nicht minder dramatischen Tour de force beginnt Julie Gavras, Tochter der des berühmten griechischen Regisseurs Constantin Costa-Gavras ihre Geschichte um Mary (Isabella Rossellini) und Adam (nicht minder stark gealtert, William Hurt). Er, der Stararchitekt bekommt eine Medaille für sein Lebenswerk verliehen und es ist just in jenem Augenblick, dass beiden auffällt, dass hier der Abgesang beginnt. Die Anzeichen mehren sich, dass die beiden jetzt in die Gruppe der „Alten“ übergehen. Ganz langsam und schleichend ist es passiert und es erschreckt die beiden. Mary hat eine Gedächtnislücke, ihr wird im Bus ein Platz angeboten. Adam soll ein Altersheim designen und muss dafür Vor-Ort-Recherchen betreiben. Prompt wird er dort mit einem Heimbewohner verwechselt. Auf den ersten Schock folgt verzweifeltes Agieren. Während Mary sich faktisch aufgibt und gleich den halben Geriatrieausstattungskatalog aufkauft, gerät Adam in eine späte Midlifecrisis. Eine Lederjacke muss her, ein neues Projekt mit jungen Menschen und dann ist da auch noch die überaus attraktive spanische Jungarchitektin…

Late Bloomers ist trotz seiner heiteren Zwischentöne ein ordentlicher Schlag in die Magengrube, der niemanden kalt lassen wird, egal wie alt man selbst ist. Die kleinen Episoden, die sich mehrenden Fältchen, die schleichenden Alterserscheinungen und Irritationen, die Gavras mit viel Feingefühl in ihre Geschichte webt, gehen tief unter die Haut. Vor allem in einer Welt, in der Altern ein Makel ist, verdeutlicht Adams und Marys Weg ins Alter, dass man es nicht aufhalten kann, egal wie sehr man es auch versucht. Der Mensch wird alt, der Mensch wird sterben. Was bleibt ist die Frage nach einem würdevollen Weg ans Ende seiner Tage. Und dieser Weg beginnt schon weit vor dem Tag, an dem man in einem der vielen Altenheime untergebracht wird und damit quasi aus der Gesellschaft verschwindet. Dies scheint auch ganz dezidiert der moralische Kern der Erzählung zu sein – Late Bloomers ist nicht nur ein kleines, stilles Drama mit kmödiantischen Anteilen, sondern auch eine Anklage an eine Gesellschaft, die solche Angst vor dem Altern hat und die so massiv auf Funktionalität ausgelegt ist, dass man die Alten wegsperren muss. Denn ihr Anblick ist augenscheinlich nicht zu ertragen, ihre Fragilität und ihr baldiger Tod passt nicht zur Marketingstrategie der kapitalistischen Gesellschaft.

Damit stellt sich der Film eindeutig in die Tradition des europäischen Arthouse-Kinos als sozialkritischem Forum und eröffnet eine weitere Seite der Debatte, die auch Andreas Dresens Wolke 9 und seit kurzem Michael Hanekes Liebe führen.

Late Bloomers

Uiuiui, ist Isabella Rossellini aber alt geworden, denkt man sich in der ersten Minute des Films. Und damit wären wir auch schon beim Thema. Denn jeder wird alt, selbst so wunderschöne Diven wie sie. Natürlich auch man selbst. Nicht umsonst sagt man „Alt werden ist nichts für Schwache“. „Late Bloomers“ auch nicht, denn er beleuchtet mit schon fast schmerzhafter Präzision den Übergang vom erwachsenen zum alten Menschen.
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Meinungen

Hannelore schell · 20.09.2012

Langweilig, unglaubwuerdig