Lady Vengeance (2005)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Traum aus Rache und betörender Schönheit

„Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird“, weiß ein altes klingonisches Sprichwort. Und so ist es kein Wunder, dass auch in Park Chan-wooks (Old Boy) neuem Film Lady Vengeance / Chin-Jeol-Han Geum-Ja-Ssi Eiseskälte die vorherrschende Grundstimmung ist. In kühl ästhetisierenden Bildern voll unglaublicher Schönheit, perfekter Stilistik und eruptiven Gewaltexzessen zelebriert die Killerin (ein Schuft, wer hier an Quentin Tarantinos Braut in Kill Bill denkt) ihren Rachefeldzug wie ein bizarres Ritual, das vollzogen werden muss, um die bösen Geister der Vergangenheit zu bannen.

Vor 13 Jahren wurde die damals 19-jährige Lee Geum-ja (Lee Young-ae) wegen der Entführung und Tötung eines kleinen Jungen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die nun, dank ihrer guten Führung vorzeitig beendet wird. Die junge Frau, so scheint es, hat während ihrer Haft eine tief greifende Wandlung durchgemacht, sie hat zu Gott gefunden und sich in einen Engel verwandelt. Kaum jemand ahnt, dass das alles nur ein Trick war, dass sie sich in einen Todesengel transformiert hat und nach ihrer Entlassung nur noch einen Gedanken kennt – Rache. Ein Ziel, dem sie alles unterordnet. Denn sie hat aus Liebe die Verantwortung für die Ermordung des kleinen Jungen übernommen und will nun den wahren Verantwortlichen stellen und der himmlischen Gerechtigkeit übergeben.

Mit eiskalter Präzision macht sich die Frau ans Werk, ihr Weg wird durchbrochen von Rückblenden und Traumsequenzen, die ihre Vorgeschichte Stück für Stück enthüllen. Auf sie – und auf den Zuschauer – warten eine ganze Reihe von überraschenden Wendungen, die aus dem geradlinigen Pfad der Rache einen gewundenen Weg der Selbsterkenntnis machen, bis Lee Geum-ja schließlich dem Mann gegenüber steht, für den sie einstmals log…

Mit Lady Vengeance / Chin-Jeol-Han Geum-Ja-Ssi erweist sich das südkoreanische Kino erneut als Hort perfekter Filmkunst, die sich durch perfekte Stilistik und ein – nennen wir es mal – „gewöhnungsbedürftiges Moralverständnis“ auszeichnet. Mit diesem Film schließt der Regisseur, der neben Kim Ki-duk als bedeutendster Vertreter der auf- und anregenden Filmlandschaft Südkoreas gilt, seine Trilogie ab, die mit Sympathy for Mr. Venegance / Boksuneun naui geot (2002) begann und mit Old Boy / Oldeuboi furios weitergeführt wurde. In gewohnter Weise treibt der Regisseur auch in seinem neuesten Film ein grandioses Spiel mit Bildern von selten gesehener Qualität, die – vom Inhalt einmal gänzlich losgelöst – elegische und in hohem Maße künstlerische Qualitäten in sich vereinigen. Bei so viel Ästhetizismus kann die Handlung freilich nicht immer mithalten, und wer bereits die beiden vorherigen Filme der Trilogie kennt, dem dürften manche Motiv und Handlungsstränge seltsam bekannt vorkommen, was die erste Begeisterung für den Film leider etwas dämpft. Trotzdem bleibt der Film eines der berauschendsten Filmkunstwerke der letzten Zeit – wenn man einen stabilen Magen hat und sich um moralische Implikationen nicht viel schert.

Park Chan-wooks Racheoper ist eine bittere Absage an alle, die auf Vergebung hoffen, wir sind alle nur Gefangene, deren Weg vorgezeichnet ist; diesen muss man in Würde und Haltung zu Ende beschreiten – eine andere Möglichkeit der Erlösung gibt es nicht.
 

Lady Vengeance (2005)

„Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird“, weiß ein altes klingonisches Sprichwort. Und so ist es kein Wunder, dass auch in Park Chan-wooks neuem Film Eiseskälte die vorherrschende Grundstimmung ist.

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