Lady Jane

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Berlinale 2008: Wettbewerb

Lang lang ist’s her, seit das Trio Muriel, François und René in abenteuerlichen Raubzügen Pelzmäntel erbeutete und diese an die einfachen Leute des Viertels in Marseille verteilte, in dem sie aufgewachsen waren. Später dann beendeten die drei ihre Überfälle, und man ahnt schnell, warum. Ausgerechnet Muriel (Ariane Ascaride) hatte einen überfallenen Juwelier brutal hingerichtet. Um sich gegenseitig zu schützen, haben die drei vereinbart, sich niemals mehr wiederzusehen, der Mord blieb ungeklärt. In der Zwischenzeit hat sich jeder eine eigene kleine Existenz aufgebaut: Muriel ist nun die Besitzerin einer Parfümerie in Aix-en-Provence, während François und René eine Disco und eine Bootswerkstatt betreiben. Als Muriels Sohn von Unbekannten entführt wird und diese ein hohes Lösegeld fordern, wendet sich die verzweifelte Mutter an die einstigen Komplizen, die nach einigem Zögern auch bereitwillig helfen – so ganz ist man nämlich doch nicht voneinander losgekommen. Eine erste Lösegeldübergabe scheitert, bei der zweiten wird Muriels Sohn vor den Augen seiner Mutter hinterrücks erschossen. Ein Schock für Muriel, zumal sie auch nach dem Tod ihres Kindes immer wieder Nachrichten von dessen Handy erhält; fast scheint es so, als wolle sie jemand quälen. Gemeinsam mit François und René macht sie sich auf die Suche nach dem Täter, doch es dauert lange, bis sie die Hintergründe der Tat verstehen, die in ihrer eigenen Vergangenheit liegen.
Äußerst spröde ist das, was Robert Guédiguian, der vor zwei Jahren mit seinem Mitterand-Film Le promeneur du champs de Mars bereits im Wettbewerb der Berlinale vertreten war hier als modernen Film noir präsentiert. Atmosphärisch und ästhetisch hat der Film nur wenig zu bieten, was den Zuschauer bei der Stange hält. Die drei Hauptdarsteller haben trotz aller Dramatik des Stoffes allesamt die Ausstrahlung eines Eisblocks. Fast scheint es so, als seien die Flashbacks, die den Mord an dem Juwelier und an Muriels Sohn mehrmals ins Gedächtnis rufen, nur deshalb in den Film eingearbeitet worden, um durch ihre lauten Pistolenschüsse den geneigten Zuseher vom sanften Entschlummern abzuhalten und ihm zuzurufen: „Hey, nicht einschlafen, hier passiert noch etwas, die Show ist noch nicht vorbei.“ Immerhin bekommt man so schnell – und zwar sehr viel schneller als das ahnungslose Trio – heraus, wie die Dinge miteinander verknüpft sind, so dass die wenig spektakuläre Auflösung des Dramas kaum jemanden überraschen kann.

Die Berlinale neigt sich dem Ende zu. Und das ist auch gut so.

Lady Jane

Lang lang ist’s her, seit das Trio Muriel, François und René in abenteuerlichen Raubzügen Pelzmäntel erbeutete und diese an die einfachen Leute des Viertels in Marseille verteilte, in dem sie aufgewachsen waren.
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