Kommissar Bellamy

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Krimi oder Bruderzwist?

Es beginnt mit einer Leiche und endet mit einer. Wie sollte es auch anders sein bei Claude Chabrol, der mit 79 Jahren seinen mittlerweile 58. Film abgedreht hat? Von Altersmüdigkeit keine Spur. Auch in seinem neuen Film Kommissar Bellamy – Mord als Souvenir widmet sich Altmeister Chabrol den menschlichen Abgründen, bröckelnden Fassaden und vor allem einem Kriminalfall á la Georges Simenon.
Im Zentrum des Films steht – wie schon der Titel verrät – die Figur des Kommissars Bellamy, verkörpert von Gérard Depardieu. Es ist kaum zu glauben, dass Chabrol noch nie zuvor mit Depardieu gedreht hat und ihm jetzt, wie er selbst sagt, so etwas wie ein Porträt widmet. Bellamy treffen wir im Urlaub im südfranzösischen Nîmes mit seiner Frau Françoise (Marie Bunel) an. Eigentlich wollte er die Zeit ganz entspannt auf dem Sofa mit dem Lösen von Kreuzworträtseln verbringen, gutes Essen und die Zweisamkeit mit seiner Frau genießen. Wären da nicht ein Unbekannter, der durch seinen Garten springt und sein Bruder, der nachts vor seiner Türe steht.

Zwei Erzählstränge werden fortan auf zwei Ebenen ausgerollt: Einerseits wird der Kriminalfall um den dubiosen Unbekannten erzählt und anderseits der Konflikt zwischen den beiden Brüdern. Der Unbekannte, der sich als Noël Gentil (Jacques Gamblin in einer Dreifachbesetzung) ausgibt, bittet Bellamy mitten in der Nacht in sein Hotel zu kommen. Neugierig wie er von Berufswegen ist, fährt Bellamy hin und hört sich Gentils verworrene Geschichte um Schulden, Liebe und Mord an. Gentil ist auf der Flucht vor der Polizei, schließlich hat er ein Menschenleben auf dem Gewissen. Was ist an der Story dran? Bellamy beginnt zu ermitteln – und lernt so Gentils Frau (Marie Matheron) und seine Geliebte Nadia (Vahina Giocante) kennen und findet heraus, dass Noël Gentil eigentlich Emile Leullet heißt und einen Versicherungsbetrug geplant hatte. War es Mord aus Liebe? Hat Leullet seinen eigenen Tod inszeniert, um mit dem Geld der Versicherung mit seiner Geliebten ans Ende der Welt zu reisen? So einfach ist das natürlich nicht, zwei Filmstunden wollen schließlich gut gefüllt sein.

Auf der zweiten Ebene spielt sich der Konflikt zwischen Bellamy und seinem jüngeren Halbbruder Jacques (Clovis Cornillac) ab. Jacques ist ein typischer Verlierer, aggressiv, cholerisch und dem Alkohol zugetan. Offenbar sucht er mal wieder eine Bleibe, weil er weder Job noch Wohnung hat, dafür eine Menge Schulden. Sein Bruder scheint für seinen Frust das richtige Ziel zu sein. Immer wieder streiten sich die beiden Brüder, mittendrin Bellamys Frau, die leider erfolglos zu schlichten versucht.

Claude Chabrol hat wie bereits in seinen früheren Filmen seine halbe Familie eingespannt. Sein Sohn Thomas Chabrol spielt eine kleine Nebenrolle im Gericht. Sein anderer Sohn Matthieu Chabrol zeichnet für die Musik verantwortlich. Für das Skript und die Konsistenz der Szenenanschlüsse war Aurore Chabrol zuständig. Auch sein langjähriger Kameramann Eduardo Serra war wieder mit an Bord, mit dem er u.a. schon Die Blume des Bösen (2002), Die Brautjunger (2004) und Geheime Staatsaffären (2006) gedreht hat.

Der Film springt permanent zwischen Krimi und Familienzwist hin und her, versucht beides zu sein, bringt den Film aber nicht in Fahrt. Wenn man einmal mit dem Lesen eines Simenon-Romans beginnt, fällt es schwer, das Buch zur Seite zu legen. Bei Chabrol sehnt man sich nach zwei langen, zähen Filmstunden irgendwann einfach nur noch das Ende herbei. Dann verlässt man etwas unerfüllt das Kino, fühlte sich ein bisschen gelangweilt, ein bisschen unterhalten, aber irgendwo berührt? Leider nicht! Chabrol wollte Georges Simenon mit seinem Film eine versteckte Hommage erweisen, fragt sich nur, was dieser zum Resultat gesagt hätte, wenn er noch am Leben wäre.

Natürlich kann man Chabrol nicht vorwerfen, er würde nichts von seinem Handwerk verstehen. Natürlich weiß er zu inszenieren, seine Schauspieler zu führen, interessante Figuren und Milieus zu entwerfen, aber wo ist der Pep? Auf der diesjährigen Berlinale hat Chabrol die Berlinale-Ehrenkamera und er dreht immer weiter und weiter, aber werden seine Filme auf Dauer überhaupt noch ein Publikum finden?

Kommissar Bellamy

Es beginnt mit einer Leiche und endet mit einer. Wie sollte es auch anders sein bei Claude Chabrol, der mit 79 Jahren seinen mittlerweile 58. Film abgedreht hat? Von Altersmüdigkeit keine Spur. Auch in seinem neuen Film Kommissar Bellamy – Mord als Souvenir widmet sich Altmeister Chabrol den menschlichen Abgründen, bröckelnden Fassaden und vor allem einem Kriminalfall á la Georges Simenon.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Edgar · 04.09.2009

Naja die Spannung entsteht auch in der Phantasie des
Betrachters.
Die beiden schwulen Ärzte könnten ja beteiligt
sein. Der Zahnarzt, indem er den Gebißabdruck manipuliert
hat, der Chirurg durch plastische Gesichtsveränderung bei dem Sandler, der als Versicherungsmann weiterlebt.
Die Gerichtsverhandlung lässt mehrere "Schlüsse" zu!!