Klondike (2022)

Juli 2014. Die hochschwangere Irka lebt mit ihrem Mann Tolik in einem Dorf im ostukrainischen Gebiet Donezk. An der nahen russisch-ukrainischen Grenze wird gekämpft. Im Wohnzimmer ihres Hauses fehlt eine Wand, sie ist den Kampfhandlungen zum Opfer gefallen. Der Blick auf die karge Landschaft, die zum Kriegsschauplatz wird, liegt frei. Irka will ihr Heim dennoch nicht verlassen. Während Toliks separatistische Freunde erwarten, dass er sich ihrem Kampf anschließt, bezichtigt ihn Irkas Bruder des Verrats an der Ukraine. Als in der Nähe ein Flugzeug der Malaysian Airlines abstürzt, denken Irka und Tolik zunächst an eine weitere Kriegshandlung. Doch der Abschuss des Passagierflugs MH17 durch eine russische Abwehrrakete ist ein Versehen. (Quelle: Berlinale 2022)

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Meinungen

Martin Zopick · 24.05.2023

Der Titel ist etwas irreführend, der Inhalt des Films dokumentiert seherische Fähigkeiten seiner Macher. Wer allerdings hofft, in die Goldgräberzeit versetzt zu werden, wird enttäuscht. Und wer die Visionen der jungen Regisseurin Maryna Er Gorbach betrachtet und die Umsetzung des völkerrechtswidrigen imperialistischen Überfalls durch den momentanen Kreml-Herrscher auf eine ehemalige Republik der Sowjetunion mitzuerleben, kann sich nur verwundert die Augen reiben und versuchen nicht an der Welt zu verzweifeln.
Wir sind im Donbass an der ukrainisch – russischen Grenze. Hier steht das Haus von Tolik (Evgeniy Efremov) und seiner Frau Irka (Oxana Cherkashina). Sie ist hochschwanger, ihr Haus teilweise zerbombt. Als die Wehen einsetzen will Tolik seine Frau ins Krankenhaus fahren, aber ein Trupp Bewaffneter verlangt, dass Irka ihnen etwas kocht. Dann konfiszieren sie sein Auto.
Das Schimpfwort Separatist wird öfters verwendet und unterstreicht die Feindschaft unter den Männern. Die Kamera betrachtet die Handlung aus der Distanz und schnelle Schnitte besorgen den Rest. Der Anführer der Soldateska befragt die Anwohner, ob sie etwas über den Absturz einer Passagiermaschine wissen. Tolik soll einen Separatisten erschießen, als der sich weigert, gibt der Soldat die Waffe dem anderen. Und jetzt geht es alles ganz schnell. Schusswechsel! Freund und Feind liegen am Boden. Erschreckend die gefühllose Teilnahmslosigkeit der Soldaten, die mit ihren Waffen wieder abziehen. Keiner beachtet Irka, die auf einem Sofa unter Schreien und Stöhnen ein Kind zur Welt bringt. Soweit können Menschen sinken. Dagegen steht der ungebrochene Wille zum Überleben, im Chaos das ganz normale Leben scheibchenweise genießen. Noch während des Bombardements mauert Tolik bereits wieder oder schaut ein Fußballspiel im Fernsehen inmitten der Trümmer. Irka wischt Staub. Nur der Titel bleibt das Geheimnis von Maryna Er Gorbach. Griffig, ja! Ein Anreiz für westliche Abenteuerfans?! Egal. Ja, wir sind geschockt und betroffen. So kriecht der Krieg unter die Haut.