Kinshasa Symphony

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Götterfunken aus einer anderen Welt

Wenn im Kongo „Freude schöner Götterfunke“ erklingt, dann ist das mehr als ein Symbol. Es ist die Einsicht, dass klassische Musik helfen kann, sein Leben zu gestalten. Nach El Sistema kommt nun ein weiterer Film in die Kinos, der zeigt, was Beethoven für Menschen bedeuten kann, die in einem Entwicklungsland leben. Kinshasa Symphony dokumentiert auf berührende Weise die Leistungen von zweihundert Musikern und Sängern, die in der afrikanischen Acht-Millionen-Stadt ein öffentliches Konzert mit Werken von Beethoven, Verdi und Orff auf die Beine stellen.
Man darf sich ein afrikanisches Orchester nicht wie ein europäisches vorstellen. In Kinshasa gibt es weder Musikunterricht noch fertige Instrumente. Alle sind Autodidakten, die Geigen oder Celli haben sie selbst gebaut. Fürs Üben sind sie eigentlich viel zu müde, weil sie morgens um fünf aufstehen und nach der Arbeit bis in die Nacht proben. Trotzdem weiß man sofort, warum das Musizieren sie so gepackt hat. Man muss nur in ihre Gesichter schauen. Da stehen sie mit ihrer Geige auf der Straße, weil es in den Hütten und Häusern viel zu eng zum Üben ist. Drumherum lärmt der Verkehr, aber der Geiger steht wie entrückt in diesem Gewimmel, ganz konzentriert, als befände er sich in einer anderen Welt.

Die Dokumentarfilmer Claus Wischmann und Martin Baer erzählen von den Hintergründen und der Geschichte des Orchesters, das vor 15 Jahren gegründet wurde. Sie begleiten die Proben für das Open Air Konzert, das die Musiker bei der Feier zum Unabhängigkeitstag geben werden. Sie beziehen den Zuschauer ein in die Konflikte und die Spannungen, die aus falschen Tönen oder späten Einsätzen resultieren. Mehrfach steht der Dirigent davor, alles abzusagen. Da bleiben nur wenige Tage.

Noch wichtiger für den Film als dieser Spannungsbogen ist das schöne Gleichgewicht zwischen der Musik und dem Pulsieren der Stadt – mit assoziativen Schnittfolgen und dem konzentrierten Verweilen auf den Gesichtern, in den die Kamera wie in einem Buch liest. Indem sie die Musiker bei ihrer Arbeit und bei ihren Familien zeigen, brauchen die Filmemacher wenig Erklärungen. Es spricht einfach für sich, wenn man sieht, wie sich diese Menschen trotz eines beinharten Überlebenskampfes einer Sache verschrieben haben, bei der es aufs Miteinander ankommt. Und wenn einem klar wird, dass man sich in einer solch chaotischen Metropole wohl nur dann einigermaßen durchschlagen kann, wenn man auf selbstverständliche Weise zusammenhält.

In den 15 Jahren seines Bestehens ist das Orchester stetig gewachsen. Es ist natürlich auch professioneller geworden, trotzdem erinnern manche Probepassagen eher an ein hiesiges Schulorchester. Umso größer ist das Staunen, wenn dann das öffentliche Konzert beginnt. Da sind die Sänger und Musiker offensichtlich noch einmal über sich hinausgewachsen. So wie sie das schon seit 15 Jahren tun. Denn die eigentliche Leistung besteht nicht darin, wie sie spielen. Sondern darin, dass es sie gibt.

Kinshasa Symphony

Wenn im Kongo „Freude schöner Götterfunke“ erklingt, dann ist das mehr als ein Symbol. Es ist die Einsicht, dass klassische Musik helfen kann, sein Leben zu gestalten. Nach „El Sistema“ kommt nun ein weiterer Film in die Kinos, der zeigt, was Beethoven für Menschen bedeuten kann, die in einem Entwicklungsland leben.
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Meinungen

Dorle Dinter · 19.03.2011

Phantastisch

Gabriele C. Schmitt · 13.12.2010

Selten hat ein Film mich so tief berührt! Ich singe selbst in einem großen Chor und bin begeistert, mit welcher Intensität und Begeisterung diese Menschen musizieren!

Stefan Kunterding · 19.11.2010

Lohnt sich !

Liesel · 14.10.2010

Ein Film, der begeistert , Mut macht!

Sweetlonka · 12.10.2010

Der Film ist einfach toll. Nicht verpassen!

gisela · 07.10.2010

Ein toller Film,sehr gefühlvoll,man taucht in die Atmosphäre,am Ende des Fims muß mal erst wieder zu sich kommen....

Werner Raschke · 07.10.2010

Jeder Mensch ist ein Künstler!
Es geht um Begeisterung, Beharrlichkeit, Hoffnung, Freude und Würde.
Danke für diesen Film

Petra J. · 02.10.2010

Wir,haben heute diesen sehr beeindruckenden Film in Düsseldorf gesehen.
Meine beiden erwachsenen Kinder, der Vater ist Kongolese, bekamen direkt Lust, mal wieder nach Kinshasa zu reisen. Ich war zuletzt vor 13 Jahren da und die Aufnahmen von der Stadt und ihren Bewohnern empfand ich absolut realistisch und authentisch.
Sehr gut, dass eben jegliche politisch kritische Komponente herausgelassen wurde,
dafür gibt es andere Dokumentationen.
Ein wunderbar gelungener Film!

Jens Haasen · 26.09.2010

Nachtrag: Schade, dass 'Kino-Zeit' Pascal Capitolin nicht bei der Crew des Filmes aufführt. Er war in Kinshasa für den Ton verantwortlich und hat deshalb gerade bei diesem Film eine wichtige Funktion gehabt.

Jens Haasen · 24.09.2010

Überraschend, dass dieser Film den Kontext von Bürgerkrieg und Kindersoldaten ausblendet und sich darauf beschränkt, die Farben und den Lebens-Rhythmus von Kinshasa mit den Klängen und Rhythmen von Beethoven und Orff zu mischen. Täglicher Überlebenskampf und symphonische Musik werden ohne weitere Belehrungen aufeinander bezogen. Elend und schöne Lieder in fremder Sprache greifen ineinander wie Dissonanz und Harmonie. Die Rhythmen treiben voran und fesseln mich als Zuschauer.

Hilde Hoffmann · 19.09.2010

Ich heule nicht schnell, aber bei der Vorstellung des Films in der Lokalzeit Bonn im WDR kamen mir die Tränen! Der Film ist ein Muss für alle, die Musik und die Menschen lieben...

Kevin Schindler · 11.09.2010

Bin gespannt und werde ihn mir bald im Kino ansehen!

Karin. R. · 20.06.2010

Haben den Film heute auf dem Festival des deutschen Films auf der Parkinsel in Ludwigshafen gesehen, ganz ganz toll. Sehr zu empfehlen. Mit einer solchen Freude wird uns das Leben imKongo präsentiert trotz Entbehrungen, Armut, Kampf gegen Korruption. Ein wunderbarer Film. Schauen Sie sich ihn an. Wir werden dieses Orchester gern unterstützen. MfG. Karin. R