Jeff, der noch zu Hause lebt

Eine Filmkritik von Bastian Glodnick

Schnitzeljagd ins Nichts

Als Regisseur M. Night Shyamalan sein Mystery-Drama Signs – Zeichen veröffentlichte, hat er wohl kaum damit gerechnet, dass dieses eines Tages als wichtigste Inspirationsquelle für einen Protagonisten in einem ganz anderen Film dienen würde: Jeff ist dreißig Jahre alt, arbeitslos und wohnt noch zu Hause. Und Jeff ist die Hauptfigur im neuen Spielfilm der Gebrüder Duplass (Cyrus), der dann auch völlig unmissverständlich Jeff, der noch zu Hause lebt betitelt ist. Was Jeff, dargestellt von How I Met Your Mother-Star Jason Segel, so tut, wenn er tagein, tagaus auf der Couch rumlümmelt, ist Gras rauchen…und sein Leben nach Zeichen abklopfen. Immerhin haben sich auch in seinem bereits erwähnten Lieblingsfilm selbst kleinere Hinweise später zu einem großen Ganzen zusammengewoben. Zufälle? Die gibt es nicht.
Eines Tages klingelt Jeffs Telefon. Die Person am anderen Ende möchte mit einem „Kevin“ sprechen. Ein Zeichen? Im Bus sieht Jeff eine Person mit einem Trikot, auf dessen Rückseite „Kevin“ gedruckt steht. Der vermeintliche Hinweis führt ihn in eine Sackgasse. Gleichzeitig gerät Jeffs Bruder Pat (Ed Helms, Hangover) in einen Streit mit seiner Frau Linda (Judy Greer). Schuld daran ist der von ihm neu erworbene Porsche, der das eigentlich für ein Haus angesparte Geld verschlungen hat. Obendrein erhält Pat noch einen Anruf von seiner Mutter Sharon (Susan Sarandon): Er solle Jeff an sein Versprechen erinnern, etwas in der Küche zu reparieren. Als Pat und Jeff schließlich zusammentreffen, passiert es – die Beiden entdecken Linda in einem Restaurant. Mit einem anderen Mann! Alles deutet auf eine Affäre hin und die Brüder nehmen die Fährte auf, die Jeff erneut auf einen „Kevin“ stoßen lässt. Auch Sharon erlebt an diesem Tag etwas Außergewöhnliches. Über ihren Messenger erhält sie am Arbeitsplatz Nachrichten von einem geheimnisvollen Verehrer. Zufälle an jeder Ecke. Oder handelt es sich bei all diesen Vorfällen um Zeichen, die diese Menschen auf etwas Besonderes vorbereiten sollen…?

Trotz komödiantischer Ansätze dominiert das Drama in der neuen Arbeit von Jay und Mark Duplass. Und hier liegt auch schon der Knackpunkt der im Grunde sympathischen Independent-Produktion: Jeff, der noch zu Hause lebt startet mit einer völlig hanebüchenen, aber durchaus unterhaltsamen Idee, die zunächst Hoffnung auf ein brüllend komisches Abenteuer von zwei ungleichen Brüdern weckt. Immerhin hetzt die Titelfigur seit der Sichtung eines Films möglichen Zeichen hinterher. Wenn das kein eigentümliches Verhalten ist?! Doch irgendwie scheinen die Regisseure/Drehbuchautoren das humoristische Potential ihres eigenen Stoffes nicht recht erkannt zu haben. Nach der anfänglich amüsanten Suche nach „Kevin“ und einer kleinen Autoverfolgungsjagd wird das Werk von Themen wie Selbstfindung, Vaterverlust und unerfüllter Liebe überschattet. Jason Segel gibt sich alle Mühe, seiner Figur eine gewisse Tiefe zu verleihen. Der Darsteller schaut stets erwartungsvoll und mit treuem Hundeblick in die Kamera, ganz so als würde sich gleich tatsächlich ein UFO aus dem Mund eines der „Kevins“ erheben. Sein Ko-Star Ed Helms strahlt eine Mischung aus Verzweiflung und latenter Aggression aus – die gespielte Gefühlsregung auf den Seitensprung von Pats Frau oder die Gemütslage von Helms selbst, nach Studium des Drehbuchs? Warum sich zumindest zwei talentierte Comedy-Schauspieler als neues Projekt ausgerechnet eine zähe Story wie diese ausgewählt haben, bleibt ein Rätsel. Vielleicht sind sie auch nur einem Zeichen gefolgt und dadurch beim falschen Casting gelandet.

Das Schlimmste an Jeff, der noch zu Hause lebt ist allerdings, dass er noch nicht einmal wirklich schlecht ist. Er ist einfach so kraftlos, dass man sich fragen muss, wen diese Schnitzeljagd ins Nichts nun letzten Endes wirklich bewegen soll. Fans von Komödien? Nein. Anhänger von tiefschürfenden, anspruchsvollen Dramen? Eher weniger. Es wäre ein cleverer Schachzug vom Regieduo gewesen, nach all den Signs – Zeichen-Exkursen zumindest einen Cameo-Auftritt von M. Night Shyamalan höchstpersönlich einzubauen, der dann mit Jeff über das geliebte Werk diskutieren kann, während um sie herum tatsächlich eine Alien-Invasion stattfindet. Diesen spaßigen Gefallen tun uns die Duplass-Brüder aber leider nicht. Ihr Film endet in etwa so, als würde man an Silvester einen prächtigen Chinakracher zünden, der aber, anstatt zu explodieren, lediglich leise zischt und eine klägliche Rauchwolke von sich gibt.

Zeichen gibt es überall — man muss nur jeder alltäglichen Kleinigkeit solange hinterherrennen, bis man am Ende auf einen gewünschten Ausgang trifft. Zum Beispiel: Ein Auto fährt vorbei, das Kennzeichen beinhaltet die eigenen Initialen. Ein Hinweis, ganz klar. Man verfolgt die Richtung des Fahrzeugs und findet eine Euro-Münze auf dem Gehweg. So muss man sich die Denkweise des Titelhelden und damit auch die Zielrichtung des Films vorstellen. Jeff hat ein ernstes psychisches Problem, sein Bruder ist ein weitgehend unsympathischer Charakter, den seine Frau wohl völlig zu Recht verlassen möchte, und der Nebenplot über den mysteriösen Verehrer der Mutter entpuppt sich als überflüssiges Füllmaterial für die ohnehin kurze Laufzeit von 83 Minuten. Da hilft auch die vehemente wie nervige Zoomerei von Kameramann Jas Shelton nicht, um Dynamik in die pseudo-bedeutungsschwangere Geschichte zu bringen: Ebenso wie ihrem Protagonisten fehlte scheinbar auch den Regisseuren ein klares Bild davon, wohin diese Reise nun eigentlich genau gehen sollte.

Jeff, der noch zu Hause lebt

Als Regisseur M. Night Shyamalan sein Mystery-Drama „Signs – Zeichen“ veröffentlichte, hat er wohl kaum damit gerechnet, dass dieses eines Tages als wichtigste Inspirationsquelle für einen Protagonisten in einem ganz anderen Film dienen würde: Jeff ist dreißig Jahre alt, arbeitslos und wohnt noch zu Hause. Und Jeff ist die Hauptfigur im neuen Spielfilm der Gebrüder Duplass („Cyrus“), der dann auch völlig unmissverständlich „Jeff, der noch zu Hause lebt“ betitelt ist.
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Meinungen

Jean · 11.08.2012

Der film ist lol