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In Brandon Cronenbergs „Infinity Pool“ schließt sich ein erfolgloser Schriftsteller einem obskuren Kult von Superreichen an, die auf einem tropischen Inselstaat für ihre perversen Taten keinerlei Konsequenzen befürchten müssen. 

Infinity Pool (2023)

Eine Filmkritik von Moritz Henze-Jurisch

Nur Schuld, keine Sühne

Brandon Cronenberg entführt uns in seinem neuen Film “Infinity Pool” in ein tropisches (Alb-)Traum-Paradies und rechnet auf außerordentlich zynische Art mit der Welt der Reichen und Schönen ab. Tiefgehendere gesellschaftlich kritische Fragen bleiben dabei etwas auf der Strecke. Durch die vielen kruden Ideen, den bissigen Humor und die grandios aufspielende Mia Goth entwickelt sich „Infinity Pool“ aber trotzdem zu einem ziemlich makaberen Spaß.

Willkommen auf La Tolqa! Neben luxuriösen Ferienresorts bietet der fiktive Inselstaat noch einen ganz besonderen Reiz für wohlhabende Tourist*innen: das Double-System.
Um der eigenen Todesstrafe (die hier relativ schnell verhängt werden kann) zu entgehen, kann man jederzeit für einen üppigen Geldbetrag von sich selbst einen identisch denkenden und fühlenden Klon produzieren lassen, der dann stellvertretend die Strafe antreten muss. Die einzige Bedingung dabei ist, dass man der Exekution des Klons auch persönlich beiwohnen muss. Diese kafkaeske Grundsituation führt dazu, dass sich eine Art Kult von Superreichen gegründet hat, die sich jährlich auf La Tolqa trifft. Hier kann unter anderem das Ehepaar Gabi (Mia Goth) und Alban Bauer (Jalil Lespert) seine verkommensten Fantasien ausleben, ohne jegliche Konsequenzen zu fürchten. Das neueste Mitglied dieser Gruppe ist der erfolglose Schriftsteller James Foster (Alexander Skarsgård), der versehentlich einen Mann überfuhr und nun immer tiefer im Strudel der perversen Spiele der Superreichen versinkt. 

“Was ist, wenn sie einen verwechseln und das Original töten, während das Double weiterlebt?”, fragt James, nachdem er zum ersten Mal seiner eigenen Hinrichtung beigewohnt hat. In diesem Moment spricht er das aus, was sich alle denken. Zur großen Irritation lautet die Antwort an James, dass diese Frage im Prinzip egal sei und er daran nicht zu viele Gedanken verschwenden solle. Diese indirekte, aber trotzdem sehr deutliche Ansage an die Zuschauenden veranschaulicht, dass es Brandon Cronenberg in Infinity Pool anders als in seinem Vorgängerfilm Possessor (2020) nicht erneut um das Verhältnis von Körper, Geist und Identität geht. Sondern die Abrechnung mit einer Gesellschaft, in der wenige Reiche keinerlei Konsequenzen zu fürchten haben. 

Diese bewusste Absage an weitere Interpretationsmöglichkeiten hätte dem Film schnell zum Verhängnis werden können, da somit erstmal nur eine weitere Parabel über die Perversion des Kapitalismus bleibt. Infinity Pool funktioniert aber dennoch sehr viel besser als diverse andere jüngere Beiträge zu dieser Thematik. Denn der Film verlässt sich weniger auf seine Aussage und sehr viel stärker auf seine zahlreichen makabren Ideen, die er auch konsequent zu Ende denkt. Ein gutes Maß an (sehr bösem) Humor sorgt dafür, dass der Film nie zu zynisch oder gar prätentiös wird.

Sowieso begegnet Infinity Pool seinen Zuschauenden deutlich öfter mit einem Augenzwinkern. So wird James von seiner Ehefrau Em Forster (Cleopatra Coleman) nach der Hinrichtung seines Doubles gefragt, wie er diesem schrecklichen Moment regungslos wie ein Roboter beiwohnen konnte. Ihre Beobachtung beschreibt James dabei schon fast zu gut. Schließlich lässt sich dieser über den Großteil des Films scheinbar motivationslos, egal von wem, herumkommandieren. Als er endlich anfängt, das perverse Treiben zu hinterfragen, ist es selbstverständlich schon viel zu spät. Glücklicherweise versucht der Film es anschließend auch gar nicht erst, James‘ inneren Konflikt darzustellen, da er als Identifikationsfigur nicht geeignet ist.

Zu einer sehr viel treibenderen Kraft für den Film entwickelt sich Mia Goth mit ihrer Figur Gabi Bauer. Während sie sich zu Beginn des Films als mysteriöser Fan des Schriftstellers James Foster noch etwas zurückhält, steigert sich ihr Schauspiel spätestens in der zweiten Hälfte in nahezu ekstatische Formen, ohne jemals übertrieben zu wirken. Mia Goth trägt dabei den Film maßgeblich, wenn gegen Ende dann doch etwas die neuen Impulse fehlen.

Als weiteres Highlight müssen außerdem noch die Drogentrip-artigen Albtraumsequenzen erwähnt werden, die im Verlauf des Films immer wieder visuelle Höhepunkte setzten. Hier feuert der Film im Stakkatolicht in Sekundenbruchteilen ein wahres Feuerwerk an grotesken Bildern und Spezialeffekten ab, die im Übrigen alle von Brandon Cronenberg selbst im Studio ohne jegliches CGI kreiert wurden. Wenn sich in einer dieser Szenen die Körper der Protagonist*innen in einer Orgie scheinbar gegenseitig verzehren, ist man inhaltlich schnell bei dem Finale von Brian Yuznas Horrofilm Society (1989), der vermutlich auch inhaltlich Pate für Infinity Pool stand. 

Infinity Pool (2023)

Unberührte Strände, Sonne pur und Personal, das einem jeden Wunsch von den Augen abliest — James (Alexander Skarsgård) und Em (Cleopatra Coleman) genießen den perfekten Urlaub. Aber als sie mit der verführerischen und gleichzeitig mysteriösen Gabi (Mia Goth) das Gelände des einsam gelegenen Inselressorts verlassen, kommt es zu einem tragischen Unfall — und plötzlich gibt es für das Paar keinen Weg zurück … 
Sie finden sich in einer Parallelwelt voller Gewalt, grenzenlosem Hedonismus und unaussprechlichem Horror wieder und werden vor eine unvorstellbare Wahl gestellt, denn die Null-Toleranz-Politik für Verbrechen besagt: hingerichtet werden, oder, wenn man es sich leisten kann, dabei zusehen, wie man stirbt!
 

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Meinungen

Van Ghemen · 19.11.2023

Grotten schlecht ohne Sinn keine Handlung schade dass sich Schauspieler für sowas hergeben

Kqhdh · 12.04.2023

Schlechtester Film den ich je gesehen habe. Mehr Pornografie und ohne ersichtlichen Hintergrund. Zum Glück haben wir für Film und Snacks nur 8€ bezahlt. Absolut nicht empfehlenswert