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Mit dem fünften Teil, der erstmals nicht von Regisseur Steven Spielberg, sondern seinem Kollegen James Mangold inszeniert wurde, endet eine der erfolgreichsten und fürs Blockbuster-Kino wegweisenden Filmreihen – auf versöhnlichem Niveau.

Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Das Ende einer Ära

Mit „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ tritt der bald 81-jährige Harrison Ford von seiner Paraderolle zurück und beendet damit die Reihe auch nach dem Willen seiner Kreativkomplizen George Lucas und Steven Spielberg. Womöglich besitzt der Disney-Konzern, der die Rechte im Paket mit denen für Star Wars kaufte, den Anstand, mit einem Reboot zu warten, bis alle drei geistigen Väter von Indy gestorben sind. Denn schon der finale Punch sieht nur noch Ford an gewohnter Position, Spielberg trat mangels Zeit den Regieposten an James Mangold ab und nahm die Produzentenrolle ein — eigentlich Lucas‘ Job, der hier aber gar nicht mehr in Erscheinung tritt. Ist es dennoch ein richtiger „Indiana Jones“-Film? Ja und nein.

Für viele Fans die wichtigste Frage: Ist Teil 5 besser als Teil 4? Hier lässt sich ehrlich sagen: ja. Denn das titelgebende Rad des Schicksals passt deutlich besser in Indys Beuteschema als die Alien-Technologie des vierten Films. Und der war angesichts der immensen Zeit von fast 20 Jahren, um ein gutes Drehbuch zu erarbeiten, auch noch lausig geschrieben. Das kann man dem finalen Film nicht unterstellen, dann der vereint viele zwingende Bestandteile eines Indy-Abenteuers in sich. Reisen und die halbe Welt, das Lösen von Rätseln und natürlich aberwitzige Action-Stücke wie zu Pferde durch die New Yorker U-Bahn, mit dem Tuk-Tuk durch Tanger oder mit Taucherbrille und Atemschlauch auf dem Grund der Ägäis. Das sind die Dinge, die Indy-Fans sehen möchten — und Mangold und Ford liefern ab. Mangold war auch am Drehbuch beteiligt, ebenso wie seine Le Mans-Autoren, die Brüder Butterworth — und der für den schwachen vierten Teil verantwortliche David Koepp. Es gelingt den gestandenen Hollywood-Veteranen, zumindest einen ansehnlichen letzten Auftritt des berühmten Archäologen zu erschaffen.

Aber es gibt auch Gründe dafür, den letzten Film nicht in sein Herz zu schließen. Oft umweht mehr als ein Hauch Wehmut und Melancholie das Rad des Schicksals. Ford kokettiert ganz offen damit, dass Indy nun eigentlich deutlich zu alt für derlei Abenteuer sei. Sein Abschied als Indy könnte sogar sein Abschied von der Kinoleinwand sein. Auch für John Williams, der nochmals einen tollen Score abliefert, könnte es der letzte Film gewesen sein. Es ist allein durch den möglichen Abgang dieser zwei Giganten das Ende einer Hollywood-Ära, das traurig stimmt. Und Trauer gehört eigentlich nicht in einen Indiana-Jones-Film. 

Auch der Trick, einfach Indys Lieblingsgegner zurückzubringen, um einen guten Film zu bekommen, geht nicht auf. Zwar sind die ersten 20 Minuten grandios gut gelungen, aber Mads Mikkelsen spielt die Rolle des Nazi-Oberschurken besser, als sie geschrieben ist. Trotz starkem Auftritt des Dänen bleibt der Bösewicht seltsam flach und vor allem ziemlich dumm. Da hätte Indy Besseres verdient. Auch manche Rückholaktion alter Indy-Mitstreiter erfüllt ihren Zweck nicht. Denn es sollte schon einen inhaltlichen Grund geben — und der ist den Autoren nicht immer eingefallen. So ist, bei aller Nostalgie und vielen gelungenen Momenten, der finale Indy-Auftritt weit vom vielleicht besten Film der Reihe — Indiana Jones und der letzte Kreuzzug — entfernt und kommt auch nicht an den komplett durchgeknallten zweiten und ikonischen ersten Teil heran. Gegenüber dem missratenen vierten Teil ist er aber eine klare Steigerung.

Das verdankt er zu einem guten Teil Phoebe Waller-Bridge, die mit ihrer Rolle der moralisch eher ambivalenten Patentochter von Indy frischen Wind in die Altherrenriege bringt und sich nachdrücklich für einen eigenen Film empfiehlt, der aber wohl nicht kommen wird. Neben ihr und Ford kann sich aber kaum einer der anderen Mimen nachdrücklich ins Gedächtnis brennen, zu beliebig und platt sind die Rollen. Und der kindliche Side-Kick, eine Anspielung auf Short Round (Ke Huy Quan), ist leider nur genau das – eine Anspielung, die mit spürbarer Gewalt ins Skript gedrückt wurde, aber sonst eigentlich keine Aufgabe erfüllt.

Optisch ist Indiana Jones und das Rad des Schicksals hingegen so makellos gelungen, wie das auch unter Spielberg der Fall war – Indys letztes Abenteuer ist ein wunderschöner Film, an dem man sich kaum sattsehen kann, einfallsreich inszeniert und trotz 142 Minuten Laufzeit durchgehend flott. Und so geht das Vermächtnis Fords als einer der größten Kinohelden der Blockbuster-Ära mit einem Film zu Ende, der ihm zumindest einen würdigen Abgang beschert und das Publikum noch einmal bedauern lässt, dass zwischen den Jahren 1989 und 2008 kein weiterer Film entstanden ist. Denn Indy wird fehlen. Bei allen Mission-Impossible-Action-Overkills, Fast-and-Furious-Albernheiten und Versuchen, ähnliche Franchises wie Uncharted oder Tomb Raider aufzubauen: Der auf Goldrand genähte Historien-Trash mit dem gutem Humor, den aberwitzigen Cliffhanger-Momenten und der Präsenz von Harrison Ford hinterlässt eine Lücke, die zumindest im Moment niemand füllen kann. Wer da am Ende von Indiana Jones und das Rad des Schicksals eine Träne verdrückt, hat jedes Verständnis verdient.

Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023)

Eine Filmkritik von Michael Gasch

Auf der Suche nach dem letzten Abenteuer

Die Weltpremiere von „Indiana Jones 5“ auf den Filmfestspielen von Cannes sorgte selbst beim mittlerweile 80-jährigen Harrison Ford für die eine oder andere Träne. Seine Worte zu dem Abschlussfilm der ikonischen Abenteuerreihe werden wohl lange nachhallen: „Ich sah soeben mein ganzes Leben vor meinen Augen aufflackern!“ Tatsächlich sind die Freudentränen nachvollziehbar. Der Abschied mag nicht perfekt sein, mitreißend ist er dennoch geworden.

Nach Nummer vier, der sich nicht wirklich nahtlos in die Originaltrilogie einfügte, war lange Funkstille, was einen nächsten Teil der Filmreihe anbelangt. Die große Frage, die nun im Raum steht, ist offensichtlich: Macht Indiana Jones 5 genau dieselben Fehler wie sein Vorgänger? Die Antwort: Nein, dafür aber andere.

Um diese zusammenzufassen, bietet sich der Vergleich zu einer anderen populären Filmreihe an: den Terminator-Filmen. Nach den Original-Meisterwerken von James Cameron gab es viel Hin und Her. Jeder neue Regisseur brachte eigene Ideen ein und lenkte die Geschichte in neue Richtungen. Eine eigentliche Vision war irgendwann kaum mehr erkennbar. So ähnlich verhält es sich auch mit Indiana Jones 5, der mit James Mangold einen neuen Regisseur aufbietet und sich an keinem seiner Vorgänger so wirklich orientieren will.

Eine Story mit Nazis, abenteuerlichen Verfolgungsjagden und mysteriösen Artefakten? Ist das nicht Indiana Jones in Reinform? Klingt das nicht auffällig nach Jäger des verlorenen Schatzes und Indiana Jones und der letzte Kreuzzug? Die Kritik, Mangold würde nur alte Ideen kopieren, ist durchaus berechtigt. Doch sein Film ist viel besser als Teil vier, eine echte Weiterentwicklung im Hinblick auf das Gesamtwerk des ikonischen Abenteurers hätte dennoch anders aussehen müssen – es fehlt schlichtweg die große Vision.

Stattdessen vertraut man auf die gute alte Nostalgie, mit der die narrativen Lücken kaschiert werden sollen. Das noch größere Problem: Vor allem gegen Ende bekommt man das Gefühl, Indiana Jones hätte den ihm eigenen Charme gegen ein Marvel-Gewand getauscht. Der Look des modernen Blockbusterkinos nagt auch an der Ikone. Mit seiner ersten, ziemlich guten Hälfte legt der Film aber ein stabiles Fundament: ein Zug voller Nazis, eine adrenalingeladenen Verfolgsjagd, alles hochenergetisch in Szene gesetzt. So geht gelungene Action. Das glatte Finale kann da nicht mithalten.

Die Nebenfiguren umfassen sowohl alte als auch neue Sidekicks, die sich wunderbar ergänzen. Phoebe Waller-Bridge und besonders Mads Mikkelsen als Antagonist bringen fast schon einen eigenen ikonischen Touch mit, so als wären sie schon lange Bestandteil der Filmreihe. Das mysteriöse Artefakt hingegen ist erneut eine Schwachstelle. Wie um alles in der Welt lassen sich der Heilige Gral, die Bundeslade oder ein kristalliner Schädel einer außerirdischen Lebensform aus den vorherigen Filmteilen noch übertreffen? Wie es die Logik von Sequels will: Es muss eben noch eins draufgesetzt werden, was der Glaubwürdigkeit kaum zuträglich ist

Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023)

Im fünften und letzten Teil der Indiana-Jones-Filmreihe steht der Archäologie-Professor Dr. Henry Walton Jones Jr. kurz vor der Emeritierung, doch dann taucht plötzlich die brillante Helena Shaw auf, die Tochter eines Kollegen von einst, die sich auf der Jagd nach einem geheimnisumwitterten Artefakt befindet. Und unversehens wird Indiana Jones in die abenteuerliche Suche mit hineingezogen.

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