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Mit „Ich. bin. so. glücklich.“ verfilmt Mike Barker den Roman von Jessica Knoll – und findet auf seinen beiden Erzählebenen nur selten einen angemessenen Ton.

Ich. bin. so. glücklich. (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Surviving Girl

Wenn Klappentexte auf Bucheinbänden, Texttafeln in Filmtrailern oder Inhaltsangaben in Rezensionen mit dem Satz „Ihr Leben schien perfekt“ beginnen, folgt ganz unweigerlich ein „Aber …“. Wäre ja noch schöner, wenn irgendjemand ein perfektes Leben hätte und wir das mit unseren unperfekten Leben lesen oder anschauen müssten! Der Blick hinter die Fassade und die Entdeckung von etwas Verstörendem ist bei Geschichten dieser Art gewissermaßen obligatorisch. Ob dieses Vorgehen dann etwas Wahrhaftig-Aufrüttelndes hat oder einfach nur reißerisch wirkt, hängt unter anderem davon ab, ob das Milieu und die Figuren differenziert gezeichnet sind und ob die Umsetzung Feingefühl erkennen lässt.

Mit Ich. bin. so. glücklich. überträgt der Regisseur Mike Barker den gleichnamigen, 2015 erschienenen Roman (Originaltitel: Luckiest Girl Alive) von Jessica Knoll ins Filmische. Die Autorin selbst steuerte das Skript bei. Im Zentrum steht die Journalistin Ani Fanelli (Mila Kunis), die bald ihren wohlhabenden Verlobten Luke Harrison (Finn Wittrock) heiraten wird. In schicken Läden in New York City stellt das junge Paar eine Hochzeitsliste mit optimalen Geschenken zusammen. Der besagte Anschein eines perfekten Lebens wird indes rasch untergraben – zum einen durch Anis sarkastische Voice-over-Kommentare, zum anderen durch eine Halluzination, in der Ani mit blutigem Messer in der Haushaltswarenabteilung steht und der niedergestochene Luke ihr zu Füßen liegt. Na, da stimmt doch was nicht!

Wenn sich Ani mit der Aussage „Reiß dich zusammen, du Psycho!“ selbst ermahnt und wenn sie in einer ziemlich brutalen Mischung aus Hass und Selbstverachtung über ihre eigene Herkunft aus einem Haushalt mit wenig Geld, über die versnobte High Society und über ihren Job bei einer Hochglanz-Frauenzeitschrift mit dem Titel The Woman’s Bible spricht, erinnert das zuweilen an den harten Ton des US-Schriftstellers Bret Easton Ellis und an den fiesen Zynismus von Gillian Flynns Roman Gone Girl sowie dessen Verfilmung von David Fincher. Beim Fitnesstraining wird Ani bis zum Äußersten gedrillt, nachdem sie sich heimlich im Restaurant die Pizzareste auf Lukes Teller in den Mund geschoben hat; in der Redaktion wird sie von der Chefredakteurin Lolo Vincent (Jennifer Beals) dazu aufgefordert, „etwas Schmuddeliges, das Geld einbringt“ zu verfassen.

Es ist eine abstoßende, oberflächliche Welt, die hier vor uns ausgebreitet wird – doch das wahrlich Düstere kommt erst noch. Es entbirgt sich in den Rückblenden, in denen Ani, die eigentlich Tiffani heißt, als Jugendliche (verkörpert von Chiara Aurelia) durch ein Stipendium auf eine renommierte Privatschule kommt und dort schreckliche Dinge erlebt. Recht früh in der Gegenwart der Filmhandlung erfahren wir, dass Ani ein Massaker an der Schule überlebt hat und dass Dean Barton (Alex Barone), ein Ex-Mitschüler und heutiger Autor und Anti-Waffen-Aktivist, schwere Anschuldigungen gegen Ani erhebt. Ist sie „Heldin oder Mitwisserin?“, fragen die Medien. Der Regisseur Aaron Wickersham (Dalmar Abuzeid) will einen Dokumentarfilm über den Fall drehen und hofft auf ein Statement von Ani. Dies böte Ani die Möglichkeit, ihre Sicht der Ereignisse zu schildern – und etwas zu offenbaren, was sie auch ihrem Verlobten bisher verschwiegen hat.

In Ansätzen gelingt es Ich. bin. so. glücklich., in den Flashbacks etwas über Gruppenzwang, Mobbing und vor allem über Rape Culture aufzuzeigen. Aber ähnlich wie die Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht (2017-2020) werden diese guten Absichten unter einer oft unerträglich exploitativen Inszenierung und etlichen Stereotypen begraben. Die Autorin Jessica Knoll verarbeitete in ihrem Werk die eigene traumatische Erfahrung einer Gruppenvergewaltigung in der Jugend. Die Entscheidung, diese autobiografische Geschichte mit einem fiktiven Schul-Amoklauf zu verbinden (angesiedelt im selben Jahr, in dem der reale Amoklauf an der Columbine High School stattfand), nimmt in der Verfilmung noch zweifelhaftere Züge an, indem diese Tat wie das Finale eines stylishen Teen-Slashers in Szene gesetzt wird. Hier fehlt jegliche Sensibilität, trotz des innigen Spiels von Chiara Aurelia.

Und auch der Strang mit der erwachsenen Ani hat zahlreiche Schwächen. Anis Mutter Dina (Connie Britton), die durch ihre Was-sollen-die-Leute-sagen-Attitüde bereits in den Rückblenden als gänzlich verantwortungslose Person entlarvt wird, trampelt als Karikatur einer Frau ohne Stil und Anstand durch den neu aufgebauten Kosmos ihrer Tochter. Zur Frage, ob True-Crime-Formate wie der geplante Dokumentarfilm von Aaron die Opfer von Gewaltverbrechen letztlich empowern oder ausbeuten, entwickelt Ich. bin. so. glücklich. keine wirkliche Haltung – vielleicht auch deshalb, weil das Werk dann seine eigenen Methoden mehr infrage stellen müsste. Und Themen wie Selbstverleugnung oder Befreiung aus toxischen Mustern werden in den Mono- und Dialogen teilweise so plump verhandelt, dass auch Mila Kunis dagegen nicht anzukommen vermag.

Ich. bin. so. glücklich. (2022)

Ich. bin. so. glücklich. handelt von der scharfzüngigen New Yorkerin Ani FaNelli, die auf den ersten Blick alles hat: einen begehrten Job bei einer Frauenzeitschrift, einen Schrank voller Designeroutfits – und selbst die Traumhochzeit auf Nantucket ist schon geplant. Doch als sie für einen Dokumentarfilm auf die dramatischen Vorfälle an der renommierten Brentley School angesprochen wird, die sie als Jugendliche miterlebt hat, muss sie sich mit einer düsteren Wahrheit auseinandersetzen, die droht, das Leben, das sie sich so mühsam aufgebaut hat, zu zerstören.

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Meinungen

Leyla · 17.10.2022

Male-Gaze-Vergewaltigungsszenen… 2022 sollte man es langsam endlich besser machen oder es sein lassen.